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Der Fluch von Melaten

Der Fluch von Melaten

Titel: Der Fluch von Melaten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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neunzehnten Jahrhunderts. Er wollte sie außerhalb der Stadt haben. Sie waren alle tot, malade, krank, wie auch immer, denn man war damals nicht so zimperlich.«
    »Ja, jetzt erinnere ich mich. Habe ich als Schüler gelernt. Aus dem französischen Wort malade ist später Melaten geworden.«
    »Stimmt genau.«
    »Aber was hat das mit den Erscheinungen zu hm? Das ist mir zu hoch.«
    »Will ich Ihnen sagen. Ich gehe von der Zeit vor Napoleon aus, als es hier noch keinen Friedhof gab, aber dafür einen Ort, der als Hinrichtungsstätte benutzt wurde. Hier siechten nicht nur die Pestkranken dahin, hier wurden auch so genannte Ketzer umgebracht und angebliche Hexen grausam verbrannt.« Ernst deutete mit beiden Armen in die Runde. »Hier leuchteten die Scheiterhaufen. Hier wurden die Menschen bei lebendigem Leib dem Feuer übergeben, und in der Regel waren es Frauen, weil sie dem damaligen Klerus oft ein Dorn im Auge waren.« Er nickte dem jüngeren Mann zu. »Das hat hier schon seine Geschichte. Wäre ich Schriftsteller, würde ich sagen, dass der Boden hier mit dem Blut vieler Unschuldiger getränkt ist. So muss man das einfach sehen.«
    Kalle Höffgen hatte genau zugehört. Jetzt nickte er, und auf seinem Gesicht zeichnete sich eine Gänsehaut ab. Ein Zeichen, dass ihn die Worte nicht unberührt gelassen hatten.
    »Aber was hat das alles mit uns zu tun?«, fragte er nach einer Weile. »Warum hat man uns hergelockt? Wer ist es gewesen? Das waren nie und nimmer die Geister unserer Mütter.«
    »Nein.«
    »Na bitte.«
    »Aber welche, die denken, dass sie unsere Mütter sind. So sehe ich das inzwischen.«
    »Klasse, Ernst. Dann sagen Sie mir nur noch, weshalb sie so etwas überhaupt denken können, wer immer sie auch sein mögen.«
    »Das weiß ich leider nicht. Aber wir sind infiziert, wenn ich das mal so sagen darf.«
    Kalle verdrehte die Augen. Er flüsterte vor sich hin, und seine Worte hörten sich an wie Flüche. Dann riss er sich wieder zusammen. »Und welch einen Vorschlag haben Sie jetzt?«, fragte er. »Wollen Sie länger hier bleiben, um darauf zu warten, dass unsere beiden angeblichen Mütter wieder zurückkehren?«
    Ernst wusste die Antwort auch nicht. Er dachte zunächst darüber nach. Bevor er sich noch dazu aufgerafft hatte, hörten beide in der Stille ein Geräusch.
    Sie schauten sich an.
    »Da kommt jemand«, flüsterte Ernst.
    »Der dritte Sohn?«
    »Keine Ahnung.«
    Kalle Höffgen winkte ihm zu. »Los, kommen Sie. Wir müssen uns verstecken.«
    Mehr sagte er nicht, und das war auch nicht nötig, denn er wusste, wohin er zu gehen hatte.
    Kalle Höffgen huschte dorthin, woher er gekommen war, und zwar hinter die Kapelle.
    Ernst Wienand folgte ihm, ohne ein Wort zu sagen...
    ***
    Ich konnte nur darauf setzen, dass Justus Schmitz sich nicht geirrt hatte, denn ich war bisher ziemlich passiv gewesen, und das sollte sich ändern. Ich wollte die Erscheinung sehen, ich wollte ihr entgegentreten und sie wieder zurück in das Reich der Toten schicken.
    Es waren einfache Antworten auf komplizierte Fragen, die erst mal sichtbar werden mussten.
    Justus Schmitz ging voran. Er bewegte sich jetzt wie ein Pfadfinder auf der Pirsch. Ob er noch immer unter der großen Furcht litt, war für mich nicht zu erkennen, aber schon nach wenigen Metern ging er schneller. Er war dabei in einen noch schmaleren Weg eingebogen, der nach rechts führte und sich dabei nicht weit von der Außenmauer entfernt befand, die ich als grauen Schatten sah.
    Rechts und links lagen die kleineren Gräber, manche ziemlich frei, andere dicht bewachsen. Einige waren überhaupt nicht mehr zu sehen, weil sie von sperrigen Hecken überwuchert wurden, die selbst die Steine verdeckten.
    Auch hier hatten die Nachkommen ihrer Fantasie freien Lauf gelassen, was die Form der Grabsteine anging. Manche ragten als schlichte Stelen in die Höhe, andere wiederum lagen flach auf dem Boden, und wieder andere dienten als Sockel für die unterschiedlichsten Figuren, wobei auf manchen dieser Unterlagen manchmal zwei Figuren ihren Platz gefunden hatten, die zudem noch ineinander verschlungen waren, als würden sie sich lieben.
    Aber auch an die Engel hatte man gedacht. Manche standen in traurigen Haltungen auf ihren Sockeln und hatten schon Patina angesetzt, andere wiederum schauten den Betrachtern direkt in die Gesichter und hielten sogar Schwerter oder auch Fackeln in den Händen. Manche davon waren nur noch in Fragmenten vorhanden, weil sie von irgendwelchen

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