Der Fluch von Melaten
Kopf erwischt, weil ich nicht schnell genug ausweichen konnte. Ich spürte auch einen Schlag gegen den Nacken, weil der Stein noch abgerutscht war, und in meinem Kopf blitzte es auf. Die Gegenwehr wurde schwächer, die Bewegungen der Arme konnte ich nicht mehr so kontrollieren. Ich taumelte in eine Richtung, die ich nicht bestimmen konnte, und spürte wenig später einen harten Widerstand in meinem Rücken.
Es war die Mauer der Kapelle!
Die Welt um mich herum schwankte. Ich hielt mich mit Gewalt auf den Beinen, während aus meiner Kopfwunde ein warmes Rinnsal sickerte und seinen Weg nach unten fand. Ich hatte mich wie ein Anfänger verhalten, aber daran war nichts mehr zu ändern.
Die drei Männer waren meine Feinde. Sie konnten mich töten, wenn sie wollten, und davon ging ich aus. Zudem befand ich mich in einem Zustand, der zwischen Bewusstlosigkeit und Wachsein hin- und herpendelte, denn der vor mir liegende Teil des Friedhofs war kein starrer Ausschnitt mehr, sondern tanzte auf und nieder, wie von gewaltigen Wellen bewegt. Auf ihm sah ich die Gestalten, die zwar äußerlich noch wie Menschen aussahen, aber von einer uralten und bösen Kraft übernommen worden waren und wohl nicht aus eigenem Antrieb handeln konnten.
Griffen sie an?
Nein, sie taten es nicht. Es war auch kein Wunder. Sie trauten sich nicht in meine Nähe, und jetzt fiel mir auch der Grund auf. Ich hatte bei meiner Aktion das Kreuz festgehalten. Es klemmte noch immer wie ein Rettungsanker zwischen meinen Fingern, und ich ging davon aus, dass die drei Gestalten das Kreuz hassten.
Die Männer verschwanden. Ich sah sie als tanzende Gestalten, weil ich mich nicht mehr nur auf einen Punkt konzentrieren konnte. Für mich blieben die Bewegungen des Friedhofs, und plötzlich gaben meine Beine einfach nach.
Ich kannte den Grund nicht, niemand hatte sie mir weggetreten, aber ich verlor den Kontakt mit dem Boden, hatte für einen langen Augenblick das Gefühl, einfach wegzuschweben und in einer tiefen Finsternis zu landen.
Dann hörte ich auf zu denken...
***
Es war kalt geworden. Oder kälter. Und genau diese Kälte hatte auch vor mir nicht Halt gemacht. Das merkte ich, als ich die Augen öffnete und mich zunächst auf meine Schmerzen im Kopf konzentrierte. Dabei stellte ich fest, dass ich auf dem Rücken lag und mit geöffneten Augen in die Höhe schaute, wobei mir ein Bild auffiel, das mir wie ein Gemälde erschien, das jemand gegen den Himmel gemalt hatte.
Es war eine seltsame Mischung aus Dunkel und Hell. Mal glatt und bleich, mal düster und verzerrt. Ein Bild, dessen Sinn ich zunächst nicht erfasste, das ich mir auch nicht einbildete, denn es verschwand nicht, so lange ich auch hinschaute.
Es war fremd, es war schaurig, bedrohlich und gefährlich. Aus den Schatten schienen sich Fratzen von Monstern hervorzuschälen, die mich von der Höhe her angrinsten.
Nein, das entsprach nicht der Wahrheit. Das konnte nicht so sein. Ich musste mich täuschen. Ich war nicht in eine andere Welt oder Dimension hineingezogen worden. Ich hatte zwar die geisterhaften Frauen erlebt, auch einen Angriff gegen mich und dabei den heftigen Schlag gegen den Kopf verspürt.
Und jetzt?
Das Stöhnen stammte von keiner anderen Person, sondern von mir allein. Ich hatte es ausgestoßen, weil ich mich auf dem Boden liegend bewegte, und ich spürte dabei die scharfen Stiche durch meinen Kopf.
Noch lag ich auf der Seite und spürte in meinem Rücken einen harten Widerstand, aber ich war zugleich jemand, der so leicht nicht aufgab, denn was ich alles erlebt hatte, das war mir nicht zum ersten Mal in meinem Leben passiert. Mittlerweile war mein Kopf schon einiges gewohnt, und ich ging davon aus, dass ich hier großes Glück gehabt hatte, denn es hätte auch anders enden können. Mit einem derartigen Stein kann man einen Menschen erschlagen.
Mühsam veränderte ich meine Lage. Schließlich war ich froh, dass ich am Boden hockte und meinen Rücken gegen die Wand der Kapelle drücken konnte, um dort eine Stütze zu erhalten.
Der Treffer hatte mich am Hinterkopf und auch im Nacken erwischt und dort eine blutende Wunde hinterlassen.
Die Erinnerung kehrte stückweise zurück. Ich wusste sehr schnell wieder, was alles passiert war, und ich dachte auch daran, dass ich das Tor in eine andere Welt geöffnet hatte.
Ja, ich war der Schuldige. Ich hatte der anderen Seite praktisch freie Bahn verschafft. Aber ich lebte noch, und das verdankte ich sicherlich dem Kreuz, das ich nach
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