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Der Fluch

Der Fluch

Titel: Der Fluch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Krystyna Kuhn
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griff nach dem Glas.
    Dreiundvierzig Prozent Alkohol – das Mittel gegen Weltschmerz und Depression. Dreiundvierzig Prozent Alkohol und schon war angeblich die Welt wieder in Ordnung. Daran glaubte ich nicht wirklich, aber es war eh schon alles egal. Einen Versuch war es wert.
    Vor allem, wenn ich sah, wie Matts Hand über Addisons nackten Rücken strich und unterhalb der Wirbelsäule liegen blieb.
    Der erste Schluck war wirklich heftig. Mir blieb regelrecht die Luft weg. Der zweite Schluck stieg mir so schnell in den Kopf, dass ich mich sofort benommen fühlte. Der dritte Schluck fiel mir bereits leicht.
    »Besser?« J. F. lächelte und strich sich die schwarzen, kurz geschnittenen Haare aus der Stirn.
    Ich nickte.
    Er griff nach meiner Hand. »Komm mit, da drüben ist eine Bank.«
    Er zog mich mit sich und wir setzten uns zusammen auf die Bank, die direkt am Pool stand. Wieder nahm ich einen Schluck aus dem Glas. Und noch einen.
    Alles um mich herum wurde intensiver. Die untergehende Sonne, die sich im Wasser des Pools spiegelte. Das Gelächter der anderen. Der Song von Michael Jackson.
    The experience.
    Der King of Pop war gerade einmal zwei Monate tot und führte bereits klar die Charts an.
    Matt und Addison tanzten jetzt eng umschlungen auf dem Rasen.
    Meine Blicke folgten ihnen.
    Hastig trank ich das Glas leer und stellte fest: Auch der Hass fühlte sich mit Alkohol intensiver an. Ich konnte nicht länger zusehen, wie sie ineinanderkrochen.
    Abrupt fuhr ich herum und mein Glas traf J. F.s Kinn.
    »He, ich kann nichts dafür.« Er hob die Hände.
    »Entschuldige.«
    »Schon gut. Mein Kinn hält einiges aus.«
    Wir schwiegen eine Weile und ich vermied es, zu den Tanzenden hinüberzusehen.
    »Alles in Ordnung, Rose?«, fragte J. F.
    »Warum tun Jungs so etwas?«
    »Was denn?«
    »Dass sie dich von einem Tag auf den anderen im Stich lassen? Ohne Ankündigung? Ohne Warnung?«
    »Ich bin nicht wie andere Jungs, Rose.«
    Ich bemerkte, wie er näher rückte, und dachte nur: Warum nicht?
    Ich könnte Matt eifersüchtig machen. Ich könnte ihm beweisen, dass ich nicht auf ihn angewiesen war. Ich könnte ihm zeigen, dass es noch andere Jungs gab.
    Und dann tat ich es. Ich spulte das ganze Programm ab, nach allen Regeln der Kunst. Ich strich mir durch mein langes Haar, lächelte wie bei einem Schönheitswettbewerb, schlug die Beine übereinander und streckte J. F. mit einem aufreizenden Lachen das leere Glas entgegen. »Wie ist es? Bekomme ich mehr von diesem Wundermittel?«
    »Das muss ich mir erst noch einmal überlegen.«
    »Wovon hängt das ab?«
    Er überlegte angestrengt, legte den Kopf schief und grinste: »Wie wäre es mit einem Kuss?«
    »Erst bei Lieferung.«
    Mein schrilles Lachen übertönte die Musik. Und ich fühlte mich fremd. Aber mit einem Seitenblick stellte ich fest, dass Matt tatsächlich zu uns herübersah. Eifersucht hat etwas mit Besitz zu tun. Solange ich Matt hinterhergelaufen war, interessierte er sich nicht für mich. Aber wenn ich mit einem anderen flirtete, fühlte er sich in seiner Eitelkeit gekränkt. Mein Plan ging auf.
    J. F. verbeugte sich und zwinkerte mir zu: »Dann beeile ich mich, Ihren Wunsch zu erfüllen.«
    Ich beobachtete, wie er ins Gartenhaus ging und eine Zeit lang verschwunden blieb. Ehrlich gesagt hatte ich nicht verstanden, weshalb J. F. mich zu seinem Geburtstag eingeladen hatte, nachdem mit Matt Schluss war. Jetzt verstand ich es. Offenbar interessierte er sich für mich. Ich entspannte mich. Und J. F. war schließlich nicht der Einzige. Ich war nicht auf Matt angewiesen, oder? So viele Jungs auf der Highschool waren hinter mir her. Doch ich war ziemlich gut darin, sie abzuweisen. Ohne sie zu kränken. Darauf legte ich viel Wert.
    J. F. jedenfalls sah blendend aus. Seine Familie gehörte zum alten Bostoner Adel. Er war witzig, höflich, attraktiv. Hatte die Highschool bereits hinter sich und studierte in Harvard … was auch immer.
    Aber er war nicht Matt.
    Er war einfach nicht Matt.
    Den ich ab sofort ignorieren würde.
    J. F. tauchte wieder auf, mein Glas in der Hand. Er grinste und hob es hoch, um mir zu zeigen, dass es bis zum Rand gefüllt war.
    Ich streckte den Daumen in die Luft und nickte. Und schon da fühlte es sich falsch an, die Begeisterung, der Enthusiasmus. Aber ich konnte nicht aufhören.
    J. F. ließ sich neben mich auf den Liegestuhl fallen und drückte mir den Bourbon in die Hand. Sein nackter behaarter Oberschenkel berührte meinen. Ich rutschte nicht

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