Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Fluch

Der Fluch

Titel: Der Fluch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Krystyna Kuhn
Vom Netzwerk:
zur Seite.
    »Worauf trinken wir?«, fragte er, den Mund dicht an meinem Ohr.
    »Keine Ahnung. Auf das Wetter?« Ich lachte. Wieder zu hoch. Wieder zu schrill.
    »Wie wäre es mit der Liebe?«
    »Der unerfüllten?« Diese Bemerkung rutschte mir einfach so heraus.
    »Nein, der hoffnungsvollen.«
    »Okay.« Ich nickte. »Die Hoffnung stirbt zuletzt.«
    »Sie wird nie sterben.« Er blickte mich lange und intensiv an. »Sie fängt jetzt erst an.« Er hielt mir das Glas entgegen. Die goldfarbene Flüssigkeit glitzerte im Licht der Fackeln, die um den Pool herum aufgestellt waren. Ich fühlte mich benommen, weshalb ich nur einen kleinen Schluck nahm.
    Doch J. F. schüttelte den Kopf. Ein seltsames Lächeln lag auf seinen Lippen. »Nein, Rose, das ganze Glas. Wir trinken hier schließlich auf die Liebe.«
    Ich hörte Addison – der Name war genauso grässlich wie ihre Stimme – lachen. Es klang, als würde sie sich wirklich amüsieren. Ich sah zu ihr hinüber, gerade als Matt sich vorbeugte, um sie erneut zu küssen. Direkt vor meinen Augen.
    Die Liebe, dachte ich, die Hoffnung. Vielleicht waren sie unauflöslich miteinander verbunden. Und jetzt war alles kaputt. Mir traten die Tränen in die Augen.
    »Was ist los?«, fragte J. F.
    »Nichts.« Ich trank das Glas in einem Zug leer.
    Er stand auf und zog mich mit sich. »Komm.«
    Ich schüttelte den Kopf. »Schon gut.«
    »Willst du etwa, dass sie sehen, wie du heulst?«
    Ich schüttelte heftig den Kopf. Nein, das auf keinen Fall.
    »Na also, dann lass uns verschwinden.«
    Als ich stand, spürte ich, wie betrunken ich bereits war. Der Boden unter mir schwankte. Nein, er schwankte nicht. Er fühlte sich weich an. Wie ein Sumpf. Mit jedem Schritt versank ich und musste mich an J. F. klammern, damit ich nicht hinfiel.
    Das wäre nicht so schlimm gewesen, hätte es nicht diese Tränen gegeben. Ehrlich gesagt heulte ich wie ein Schlosshund. Ich konnte spüren, wie sich mein ganzes Make-up auflöste.
    »Hier rein.« J. F. öffnete die Tür zum Gartenhaus und zog mich mit sich.

Dave Yellads Reisetagebuch
    Dead Valley, am Abend
Noch bin ich zu schwach, um zu berichten. Ich muss abwarten, bis sich mein Körper von den Ereignissen erholt. Die Tage scheinen ineinander überzugehen. Ich habe jedes Gefühl für die Zeit verloren. Ich schaffe es kaum, das Feuer am Leben zu erhalten.
    Dead Valley, am Abend
Ich bin nicht sicher, ob ich das alles wirklich erlebt habe. Ich habe keinen Beweis, dass ich dort unten gewesen bin, dass es nicht nur ein Traum gewesen ist.
    In ein Fell gehüllt, um mich vor der Kälte zu schützen, folgte ich am Morgen wie gewohnt Coyote. Wie immer gab er die Richtung vor und führte mich in die Tiefen des Waldes. Ich erinnere mich, dass die Bäume und das Unterholz so dicht standen, dass es kaum ein Durchkommen gab. Immer wieder musste ich mir mit der Axt den Weg freischlagen.
    Dead Valley, um die Mittagszeit
Bin wieder bei Bewusstsein und will, so gut es geht, mit meinem Bericht fortfahren.
    Coyote benahm sich seltsam. Im Gegensatz zu sonst blieb er nicht stehen, wenn ich mich ausruhen wollte. Stattdessen wurde er geradezu ungeduldig, wenn ich Probleme hatte voranzukommen, weil der Weg zunehmend verwachsener und sumpfiger wurde. Irgendwann wandte er sich nach rechts und ich folgte ihm einen flachen Berghang nach oben. Wir schienen jetzt direkt auf das Bergmassiv zuzugehen. Je näher wir kamen, desto weiter schien der Berg zurückzuweichen.
    Und dann hatten wir die Höhe erreicht und ich sah auf einen freien Platz hinunter. Er lag in einer Senke zwischen zwei Berghängen, in der ich eine kreisrunde Felsplatte erkannte. Coyote benahm sich, als seien wir am Ziel angekommen.
    Dead Valley, bei Sonnenuntergang
Der Federhalter in meiner Hand zittert. Es fällt mir schwer zu schreiben. Aber ich habe es mir geschworen. Ich werde der Erste sein, der zurückkehrt, um Zeugnis abzuliefern.
    Die Felsplatte wirkte wie ein Fremdkörper. Regen und Wind hatten seine Oberfläche glatt geschliffen, sodass sie etwas Künstliches an sich hatte. Es schien, als handele es sich um so etwas wie eine Aussichtsplattform. Von hier aus konnte ich das gesamte Tal überblicken. Die Größe des Sees wurde mir bewusst und zum ersten Mal erkannte ich, dass seine Form von einer ungewöhnlichen Regelmäßigkeit war. Ein perfekter Kreis. Der Eindruck einer wilden, von Menschenhand unberührten Natur löste sich auf. Was hier vor mir lag, erschien mir wie ein übergroßes Denkmal, ein Zeichen, das

Weitere Kostenlose Bücher