Der Flug der Adler
einmal betonen, daß ich nur Befehle befolge. Mir bleibt in dieser Angelegenheit keine Wahl.«
»Ach, so machen Sie schon«, sagte Harry. »Keine Umschweife mehr.«
In dem Moment brauste ein Flugzeug über sie hinweg, ganz offensichtlich im Landeanflug. Max blickte aus dem Fenster. »Eine Ju 52. Was zum Teufel hat die hier zu suchen?«
Es konnte nicht sein und doch, tief in seinem Innern, wußte Hartmann, daß dem so war. »Warten Sie hier«, sagte er und ging hinaus.
Müller war gerade auf dem Weg zu dem Zimmer, das er als Büro benutzte.
»Was glauben Sie, wer das ist?« sagte Hartmann.
»Ich werde kurz im Kontrollturm anfragen. Gleich werden wir's wissen.«
Sie standen Zigarette rauchend im Büro und warteten ungeduldig darauf, daß ihnen der Feldwebel am Apparat die Antwort auf ihre Frage lieferte. Schließlich sagte Müller: »Ich verstehe«, legte den Hörer auf und wandte sich ehrfürchtig um.
»Reichsführer Himmler ist gerade gelandet. Er ist bereits auf dem Weg hierher.«
Hartmann mußte all seine Kräfte aufbieten, um Gelassenheit zu demonstrieren, und schließlich sagte er: »Sie bilden selbstverständlich eine Ehrengarde. Dann führen Sie ihn zu dem Wohnzimmer im Südflügel. Sie werden bestimmt bald merken, daß er deshalb hier ist.«
»Zu Befehl, Herr Standartenführer«, und damit eilte Müller
mit vor Aufregung schimmernden Augen davo n.
»Sie haben nicht zufällig irgendwo einen Cognac zur Hand?« fragte Hartmann den anwesenden Feldwebel.
Der Feldwebel lächelte. »Nicht gerade der beste, Herr Standartenführer.« Er öffnete eine Schublade und holte ein kleines Fläschchen hervor.
Hartmann nahm einen kräftigen Schluck direkt aus der Pulle. »Ich verstehe, was Sie meinen.« Er gab dem Feldwebel die Flasche zurück. »Wirkt aber genau an der richtigen Stelle«, sagte er. Er wandte sich um und ging.
Die anderen hatten schon ungeduldig auf ihn gewartet. »Sollen wir hier noch den ganzen Morgen sitzen?« sagte Elsa.
»Sie müssen entschuldigen. Die Dinge haben eine ziemlich dramatische Wendung genommen. Reichsführer Himmler wird gleich hier sein. Es war sein Flugzeug.«
In diesem Augenblick begriff Elsa wohl den ganzen Ernst der Lage. Sie legte eine Hand auf den Mund.
»Ist es so schlimm, Bubi?« fragte Max.
»Ich fürchte, ja.«
Zehn Minuten später ging die Tür auf. Müller ging voraus und hob salutierend den Arm, und dann kam Himmler in seiner schwarzen Uniform und Mütze herein. Hinter der Nickelbrille funkelten die Augen.
»Ah, da sind Sie ja, Hartmann. Ist das Problem gelöst?«
»Noch nicht ganz, Herr Reichsführer.«
»Wie ich befürchtet habe. Deshalb habe ich mich auch entschieden, meinen Flug umzuleiten. Ich muß sobald wie möglich in Paris zurück sein, lassen Sie uns also anfangen.« Er wandte sich an Max, Harry und Elsa. »Hartmann hat mir berichtet, daß er Ihnen den Grund Ihres Hierseins gestern dargelegt hat. Nun hat es den Eindruck, als wollten Sie sich querstellen.«
Elsa, stolz bis zum letzten Augenblick und den Tränen nahe, sagte: »So lasse ich mich nicht von Ihnen behandeln. Ich bin die Baronin von Halder und …«
»Sie sind eine Verräterin«, sagte Himmler unbewegt. »Viele Ihrer schäbigen Kumpane haben bereits den Preis für ihre Verräterei bezahlt. Wenn es nach mir gegangen wäre, hätten Sie genauso dran sein müssen. Wie dem auch sei, Sie sind uns noch von Nutzen.«
Max sprang auf. »Zum Teufel mit Ihnen!«
»Herr Sturmbannführer, nehmen Sie diesem Offizier seine Waffe ab«, sagte Himmler zu Müller.
Müller zog seine Waffe, trat vor und führte den Befehl aus.
»Hören Sie, bringen wir diese Farce hinter uns. Was wollen Sie denn nun?« sagte Harry.
»Auf Verschwörung gegen den Führer steht ausschließlich eine Aburteilung im Schnellverfahren: Tod durch Erhängen an Klaviersaiten. Die Hinrichtung ist filmisch aufzuzeichnen. Als Dokument, um andere, sollen wir sagen, zu ermuntern?« Er nickte Müller zu. »Der Vorhang.«
Müller tat, wie ihm geheißen, und Hartmann startete den Projektor.
Es war ein absolut widerwärtiger Film, in dem ein jämmerlich zugerichtetes Opfer nach dem anderen von SS-Wachen hereingebracht wurde. Sämtliche Rangabzeichen waren von den Uniformen gerissen. Dann wurden sie mit Schlingen aus Klaviersaiten am Hals aufgehängt und an Fleischerhaken aufgespießt. Einige defäkierten im Todeskampf, und es war ein
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