Der Flug der Adler
Abgang, und Trudi sagte: »Soll ich eine Kopie des Berichts anfertigen?«
»Ja, tun Sie das.«
»Kopie für den Reichsführer?«
»Minderwertiges Material, Trudi. Zu minderwertig für den Reichsführer.« Er wandte sich um und lächelte. »Keine Angst. Unser Tag wird kommen.«
INTERIM 1941-1943
7
Harry stieß nun auf Kriegsbedingungen, wie er sie zuvor nicht gekannt hatte: Wüste, brütende Hitze, Sandstürme und ein Afrikakorps unter Rommel, das alles vernichtete, was sich ihm in den Weg stellte. Rommels Ausstrahlung war so groß, daß er, als eine prominente englische Zeitung bei ihren Lesern eine Befragung nach dem besten General durchführte, als Erster abschnitt.
Das Heeresministerium war davon wenig angetan und schickte General Montgomery rüber, um das Kommando über das alliierte Wüstenheer zu übernehmen, das nicht nur englische, sondern auch französische, australische und südafrikanische Truppen einschloß. Montgomery vermochte es, das Blatt zu wenden, und war bald ebenso berühmt wie Rommel.
Die Schlachten in Nordafrika gingen hin und her. Harry, der wie gewöhnlich Hurricanes flog, holte weitere sechzehn deutsche und italienische Maschinen vom Himmel, und im September 1942 wurde ihm sein drittes Fliegerkreuz und zudem das französische Croix de Guerre für die Luftunterstützung bei Bir Hacheim verliehen, dem französischen Außenposten. Nur ein paar Tage später folgte El Alamein, der Wendepunkt des Nordafrika-Kriegs.
Max, der die Me 109 flog, kämpfte oft in den gleichen Schlachten. Seine Abschußrate stieg um ein weiteres Dutzend. Es war jedoch nicht so leicht wie früher, denn die meisten der Spitfire- und Hurricane-Piloten waren Veteranen der Ärmelkanal-Kämpfe und kannten ihr Einmaleins.
Im Juni 1941 startete die deutsche Armee das Unternehmen Barbarossa und fiel in Rußland ein. Der Luftwaffe gelang es am ersten Tag, die Hälfte der russischen Luftstreitkräfte noch am Boden zu zerstören. Alles schien nun möglich, Afrika wurde zum Nebenkriegsschauplatz, und Max und seine Kameraden fieberten vor Ungeduld, hatten sie doch das Gefühl, daß ihnen die wirklich wichtigen Dinge entgingen. Dieses Gefühl wurde nach dem japanischen Angriff auf Pearl Harbor, mit dem Amerika in die Kämpfe hineingezogen wurde, nur stärker. Der Wüstenkrieg schleppte sich hin. Und dann machte Max im September 1942, eine Woche vor El Alamein, seine erste wirkliche Bekanntschaft mit dem Tod.
Bei einem Angriff auf Benzindepots in Gila, einer Oase südlich der Sahara, flog Max mit nur einem Flügelmann, einem Jüngling namens Goertz. Der Himmel war blau, und es lief alles wie am Schnürchen, als Goertz, bedingt durch eine momentane Konzentrationsschwäche, zu langsam auf drei Hurricanes reagierte, die plötzlich aus der Sonne auf ihn zukamen. Er schrie auf und ging samt seiner Maschine in einem Feuerball auf.
Max riß aus, aber nicht schnell genug: Die Salven aus einem der vier Hispano-Geschütze einer Hurricane richteten seine Me 109 übel zu. Er machte eine Rolle und ging in den Sturzflug. Seine Verfolger waren einen Moment lang perplex, als er plötzlich wieder aufstieg, einen Looping flog und im Vorbeifliegen auf einen von ihnen feuerte: wieder ein Feuerball am Himmel.
Das half ihm aber nicht viel. Er verlor an Geschwindigkeit und Höhe, der Motor rauchte, und die Me 109 erzitterte unter dem anhaltenden Feuer der Geschütze. Als ihm keine andere Wahl mehr blieb, öffnete er bei zehntausend Fuß das Kanzeldach, ging in Rückenlage, packte noch seine Überlebensausrüstung und purzelte hinaus.
Bei fünftausend Fuß öffnete er den Fallschirm. Unter ihm war nur die Wüste, Dünen, die sich bis ins Unendliche erstreckten. Er war nicht einmal dazu gekommen, einen Funkspruch abzusetzen. Bei dreitausend Fuß sausten zwei Hurricanes vorbei, wackelten mit ihren Tragflächen und drehten ab, und wie der Zufall des Krieges es wollte, war eine r von ihnen sein Bruder.
In seiner Überlebensausrüstung befanden sich Essensrationen, eine Feldflasche, ein Päckchen mit Verbandsmaterial, ferner ein Kompaß und verschiedene Kleinigkeiten. Darüber hinaus noch eine Mauser-Pistole und eine MP 40, die fälschlicherweise so bezeichnete, aber nicht weniger berühmte Schmeisser. Unten angekommen, trank er erst einmal einen Schluck Wasser, bestimmte mit dem Kompaß seine Marschrichtung und machte sich dann auf den Weg.
Die Sache sah natürlich nicht gut aus. Es war viel zu heiß,
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