Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Flug der Stoerche

Der Flug der Stoerche

Titel: Der Flug der Stoerche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Christophe Grangé
Vom Netzwerk:
habe ich einen alten Juden ausfindig gemacht, der vom Typ her dem Diamantenschleifer von Netanya ähnlich war. Innerhalb von ein paar Minuten hatte ich fünfzigtausend Dollar. Am übernächsten Tag bin ich wiedergekommen, hab’ mir einen anderen Geschäftspartner gesucht und weitere dreißigtausend gemacht. Aber beim dritten Mal, als ich gerade meinen Umschlag öffnen wollte, legte sich eine Hand auf meine Schulter, und ich hörte eine Stimme, die sagte: >Keine Bewegung, Sie sind verhaftete. < Und ich spürte einen Revolverlauf im Rücken. Da hab’ ich den Kopf verloren, Louis. Im Handumdrehen waren meine ganzen Hoffnungen zunichte, ich sah mein Geld, mein Glück, meine Freiheit zerrinnen. Ich hab’ mich umgedreht, die Pistole in der Hand, ich wollte nicht schießen, nur den kleinen Scheißbullen einschüchtern, der glaubte, mich aufhalten zu können. Aber der Trottel richtete eine Neun-Millimeter-Beretta auf mich, und zwar entsichert. Ich hatte keine andere Wahl: ich schoß nur ein einziges Mal auf ihn, direkt in die Stirn. Der Kerl hat sich auf den Boden gelegt - der halbe Schädel war weg«, sagte Sarah mit bösem Auflachen. »Seinen Abzug hat er nicht mal berührt. Ich packte meine Diamanten wieder ein, während ich gleichzeitig mit der Pistole die Händler in Schach hielt. Sie waren in Panik, sie dachten sicher, ich wollte sie ausrauben. Rückwärts verließ ich den Raum und glaubte einen Augenblick lang, daß ich davonkommen würde. Aber dann gingen die Scheiben hoch, und ich saß in der Falle wie in einem Aquarium.«
    »Das alles habe ich in den Zeitungen gelesen.«
    »Die Geschichte geht aber noch weiter.« Souveräner denn je drückte Sarah ihre Zigarette aus. »Daß der Mann, der versucht hat, mich zu verhaften, ein Schweizer Bundesbulle war, ein gewisser Hervé Dumaz, das weißt du ja. Für die belgischen Behörden hat das den Fall verkompliziert. Ein eidgenössischer Bulle, der in Belgien von einer Israelin umgelegt wird. Und ein Vermögen in Form von Diamanten, deren Herkunft nach wie vor rätselhaft ist. Die Belgier fingen an, mich zu verhören. Dann übernahm mein Anwalt, Itzhak Delter. Schließlich tauchte eine Delegation aus der Schweiz auf. Natürlich hab’ ich nichts gesagt. Zu niemandem. Aber ich habe nachgedacht. Ich hab’ mich gefragt, wieso ein kleiner Inspektor aus Montreux mir bis nach Antwerpen folgt, wo doch kein Mensch weiß, daß ich hier bin. Dann hab’ ich mich an den komischen Bullen< erinnert, von dem du gesprochen hattest, und mir war klar, daß du Dumaz auf mich angesetzt hast, während du weiter deinen Störchen und deinen Schmugglern nachgerannt bist. Mir war klar, daß du Hurensohn mir diesen Bullen auf den Hals gehetzt hast.«
    Ich erbleichte und stotterte: »Du warst in Gefahr! Dumaz sollte dich bis zu meiner Rückkehr beschützen ...«
    »Mich beschützen!« Sarah brach in ein so lautes Gelächter aus, daß eine Wärterin herbeieilte, die Waffe in der Hand. Ich winkte sie wieder fort. »Mich beschützen!« wiederholte Sarah, als sie sich gefaßt hatte. »Hast du nicht kapiert, wer dieser Dumaz war? Daß er mit den Schmugglern zusammengearbeitet hat, hinter denen du her warst?«
    Ihre letzten Worte trafen mich wie eine Faust in den Magen, und mir blieb fast das Herz stehen.
    Ehe ich etwas sagen konnte, fuhr Sarah fort: »Ich habe eine Menge über diese Diamanten erfahren, seitdem man mich verhört. Viel mehr, als ich ihnen je darüber erzählen könnte.
    Delter kam einmal mit einem Beamten von der Interpol, einem Österreicher namens Simon Rickiel. Um mich zur Kooperation zu überreden, erzählten sie mir ein paar äußerst lehrreiche Geschichten. Besonders die von Hervé Dumaz, einem korrupten Bullen, der sein Gehalt aufbesserte, indem er irgendwelche mehr oder weniger obskuren Leibwächterjobs bei noch obskureren Firmen übernahm. Bei dem Spektakel in der Börse haben viele Zeugen Dumaz erkannt und ausgesagt, daß er jedes Frühjahr mit Max Böhm nach Antwerpen kam, der dort seine Diamanten verkaufte - dieselbe Sorte wie die meinen: kleine Steine, aber von einzigartiger Qualität. Nimmt die Geschichte allmählich Konturen für dich an?« Wieder lachte Sarah auf, dann zündete sie sich eine neue Zigarette an. »Bei Gott, ich hab’ schon einige Einfaltspinsel kennengelernt, aber noch nie einen Trottel wie dich.«
    Mein Herz schlug zum Zerreißen. Gleichzeitig wurde mir alles klar: die Geschwindigkeit, mit der Dumaz die Informationen über den alten Max aufgetrieben

Weitere Kostenlose Bücher