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Der Flug der Stoerche

Der Flug der Stoerche

Titel: Der Flug der Stoerche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Christophe Grangé
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freilich nur einen kleinen Teil unserer Forschungsarbeiten vorführen, der Rest ist militärische Verschlußsachen Aber ich habe da etwas, das Sie interessieren wird.«
    Wir betraten einen kleinen Vorführraum voller Videogeräte mit hochauflösenden Monitoren. Lenfeld legte eine Kassette ein, und auf dem Bildschirm erschien ein Pilot der israelischen Armee mit Helm und heruntergeklapptem Visier; von seinem Gesicht sah man eigentlich nur den Mund. Auf englisch sagte er: »Ich hörte eine Explosion, dann spürte ich einen sehr heftigen Schlag an der Schulter. Ein paar Sekunden lang verlor ich die Besinnung. Als ich wieder zu Bewußtsein kam, konnte ich nichts sehen, denn mein Helm war voller Blut und Fleischfetzen .«
    Dazu kommentierte Lenfeld: »Das ist einer unserer Piloten. Er ist vor zwei Jahren mitten im Flug mit einem Storch kollidiert. Das war im März, als die Störche nach Europa zurückkehrten. Er hat unglaubliches Glück gehabt: der Vogel hat ihn voll getroffen, und bei dem Zusammenstoß ist die Cockpitscheibe explodiert. Trotzdem konnte er noch landen. Es hat mehrere Stunden gedauert, bis man sein Gesicht von sämtlichen Glassplittern und Vogelfedern befreit hatte.«
    »Warum hat er auch jetzt seinen Helm auf?«
    »Weil die Identität der IAF-Piloten geheim bleiben muß.«
    »Ich kann also nicht mit ihm sprechen?«
    »Nein«, sagte Josse. »Aber ich hab’ Ihnen was Besseres anzubieten.«
    Draußen vor dem Vorführraum hob Lenfeld den Hörer eines Wandtelefons ab, wählte eine Nummer und sprach zwei Sätze auf hebräisch. Fast unmittelbar danach erschien ein kleiner Mensch mit dem Gesicht eines Frosches. Seine Lider waren schwer, aber sie klappten mit blitzartiger Geschwindigkeit über die großen, hervortretenden Augäpfel.
    »Schalom Wilm«, sagte Josse, zu mir gewandt. »Verantwortlich für sämtliche Analysen, die in diesem Labor durchgeführt werden. Die Untersuchung des Unfalls, von dem eben die Rede war, hat er persönlich geleitet.«
    Lenfeld erklärte Wilm auf englisch den Grund meines Besuchs. Der Mann lächelte und forderte mich auf, ihm in sein Büro zu folgen. Zu meiner Überraschung bat er Josse, uns allein zu lassen. Nun ging ich also mit Wilm durch weitere Gänge, weitere Türen. Schließlich betraten wir einen winzigen Verschlag, kaum größer als ein Safe, mit einer Tür aus Metall, die sich nur mit einem Nummerncode öffnen ließ.
    »Das ist Ihr Büro?« fragte ich verblüfft.
    »Nein, ich habe Josse angelogen. Ich wollte Ihnen etwas zeigen.«
    Wilm schaltete das Licht ein und schloß die Tür. Eine volle Minute lang musterte er mich eindringlich.
    »Ich hab’ Sie mir anders vorgestellt«, sagte er schließlich.
    »Wie bitte? Was soll das heißen?«
    »Daß ich auf Sie gewartet habe, seit diesem Unfall im Jahr 89.«
    »Auf mich haben Sie gewartet?«
    »Auf Sie oder jemand anderen. Jedenfalls auf einen Besucher, der sich speziell für Störche auf dem Rückweg nach Europa interessiert.«
    Schweigen. Ich spürte das Blut in meinen Schläfen pochen. Dann sagte ich dumpf. »Erklären Sie mir das bitte.«
    Wilm fing an, sich durch den Verschlag zu wühlen, der eigentlich eine Abstellkammer war, räumte Probestücke aus Kunststoffasern und anderem Material beiseite und legte schließlich in Mannshöhe eine kleine Tür mit einem Zahlenschloß frei, in das er wiederum einen Code eingab.
    »Bei der Analyse der verschiedenen Bestandteile des verunglückten Flugzeugs habe ich eine merkwürdige Entdeckung gemacht, und mir wurde klar, daß dieser Fund kein Zufall war, daß er vielmehr im Zusammenhang mit einer anderen Sache steht, einem großangelegten Unternehmen, in dem Sie zweifellos eines der Bindeglieder darstellen.«
    Er öffnete die Tür und sprach weiter, während er den Kopf in den Wandtresor steckte, so daß seine Stimme dumpf klang wie aus der Tiefe einer Höhle heraus: »Meine Intuition sagt mir, daß ich Ihnen trauen kann.«
    Dann schlängelte er sich wieder hervor. In einer Hand hielt er zwei kleine Tüten aus durchsichtiger Folie.
    »Außerdem will ich diese Last lieber heute als morgen loswerden«, setzte er hinzu.
    Allmählich verlor ich die Geduld: »Ich verstehe überhaupt nichts! Sagen Sie mir endlich, wovon Sie reden!«
    Gelassen antwortete Wilm: »Als wir nach der Notlandung das Cockpit der Maschine durchsuchten, außerdem die Ausrüstung des Piloten und insbesondere seinen Helm, fanden wir unter den Bruchstücken verschiedene Partikel, aus denen wir die Splitter von der

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