Der Flug des Falken
vermeiden.«
Tara Bishop schüttelte den Kopf. Ihre Wangen waren fahl und eingefallen, ihr Haar hing matt herab
- Letzteres war eine Folge der Anästhesie für die Operation an ihrem gebrochenen rechten Oberschenkel. Alles in allem hatte sie es überraschend gut überstanden, dass ein halbes Dutzend Jadefalken sie unter Beschuss genommen hatte: nur ein paar gebrochene Knochen und Verbrennungen. Sie lebte jedoch noch, konnte sich bewegen und hatte keine Körperteile verloren, nach MechKriegerbegriffen waren ihre Verletzungen also als leicht einzustufen.
Trotzdem sah Tara ihr an, dass etwas nicht stimmte. Sie spürte eine Art Traurigkeit bei ihrer Freundin.
»Was ist los, Tara B.?«, fragte sie sanft. »Was haben Sie?«
Die Kapitänin blinzelte dreimal schnell hintereinander und drehte das Gesicht zur Wand. »Nichts. Wirklich, Countess.«
»Beleidigen Sie nicht meine Intelligenz.«
Tara Bishop schüttelte den Kopf, ohne ihn vom Kissen zu heben. »Es ist gar nichts, verglichen mit dem Sieg, den wir errungen - den Sie errungen haben.«
»Wir.«
»Ganz abgesehen von den Verlusten, die wir hatten. Teufel, ich schäme mich ja, hier auf der faulen Haut zu liegen, obwohl wirklich Verletzte die Betten brauchen.«
»Ein gebrochener Oberschenkel ist nicht gerade eine Lappalie, Kapitänin. Und niemand wartet auf ein Bett. Es war etwas Improvisationstalent nötig, aber New Aberdeen ist eine große Stadt. Und alle, für die wir hier nichts gefunden haben, sind gestern Nacht noch nach New Glasgow geflogen wurden. Also raus damit.«
Tara Bishop seufzte. »Ich kann den Gedanken nicht abschütteln, dass ich jetzt entrechtet bin.« Sie sprach den schlimmsten Albtraum an, den es für einen Mech-Krieger nach der Vorstellung, in seinem Cockpit bei lebendigem Leib zu verbrennen, geben konnte. Es war schon immer brutal schwer gewesen, an einen BattleMech zu kommen, und Devlin Stones Militärmaterial-Einlöseprogramm hatte es noch hundertfach schwerer gemacht als je zuvor. »Wie schon gesagt, im Vergleich zu dem, was so vielen anderen zugestoßen ist, ist es nichts. Und ich habe immer gewusst, dass die Gefahr besteht, jedes Mal, wenn ich in meinen armen Jäger gestiegen bin.« Ihre Stimme versagte, sie zuckte die Achseln.
Tara C. lächelte. »Ist das alles? Sie sind nicht entrechtet.«
Ihre Freundin fixierte sie streng. »Versuchen Sie nicht, mir was vorzumachen, Countess. Ich habe lange genug in meinem Rudeljäger zugebracht, um zu wissen, dass er im Sterben lag, als ich ausgestiegen bin.«
Die Countess nickte. »Leider muss ich zugeben, dass Ihr BattleMech nicht mehr zu retten war.«
»Was... «
»Aber wir haben die Schlacht gewonnen. Erinnern Sie sich. Es gibt reichlich Bergegut, und niemand wird Ihnen einen der vordersten Plätze auf der Vergabeliste streitig machen. Sie werden sich ihre neue Maschine aus den unfreiwilligen Spenden des Clans Jadefalke aussuchen können.«
Tara Bishop starrte sie an. Ihre Augen waren weit aufgerissen, und obwohl sie eine kampfgestählte Ve-teranin war, füllten sie sich mit Tränen. Sie brachte keinen Ton heraus, blickte Tara nur an, als hätte die Countess ihr das Leben geschenkt.
Und für eine MechKriegerin stimmte das sogar.
Tara Bishop griff nach der Hand ihrer Freundin und Countess und drückte sie.
* * *
Herzog Gregory Kelswa-Steiner saß in seinem abgedunkelten Büro und grinste.
Das lag nicht an der großen Gefahr, der seine Welt und seine Untertanen entkommen waren, oder an dem gewaltigen Sieg, den er gegen eine erdrückende Übermacht geholfen hatte zu erringen - wenn auch, zugegeben, mit Unterstützung von völlig unerwarteter Seite. Genauer gesagt war nichts davon der unmittelbare Anlass für die Begeisterung auf seinen Zügen, die vom Widerschein des Holovidempfängers in weiches Licht getaucht waren.
Vielmehr war es die Szene, die sich dort abspielte: Ein wütender Mob schlug Fenster und Türen des planetaren Hauptquartiers der Hermann-Medien-AG in New Aberdeen ein und verwüstete das Erdgeschoss.
Während sich Skyes übrige Massenmedien mit Glückwünschen und Lobeshymnen für die Verteidiger des Planeten förmlich überschlugen, besonders für die so unglaublich hologene junge Adlige, die sie zum Sieg geführt hatte (zugegebenermaßen an der
Seite der nicht minder hologenen jungen Frau, die bis vor Kurzem noch ihre persönliche Nemesis und Staatsfeind Nr. 1 der Republik gewesen war), hatte sich Hermann in wilden Beschuldigungen ereifert, Countess Campbell hätte die
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