Der Flug des Falken
auch zukünftigen Bemühungen, ehemaliges Ligagebiet aus der Republik zu brechen.
Es gab jedoch keine Hinweise darauf, warum er sich gerade in dem Moment das Leben genommen hatte, da seine Intrigen Erfolg zeigten. Die Gerichtsmediziner waren zu dem Ergebnis gekommen, dass er gegen den Höhepunkt der Schlacht gestorben war, als ein Sieg der Jadefalken sicher schien.
Herzog Gregory senkte die Hände in den Schoß. Er trug einen schweren, burgunderroten Morgenmantel über einem hellblauen Seidenschlafanzug. Normalerweise hätte er um diese Zeit längst geschlafen, statt sich die Nachrichten anzusehen. Und es würde auch nicht mehr lange dauern, bis ihn die Pflicht aus seinem warmen, schummrigen Büro hinaus ins kühle Tageslicht zwang. Aber noch... Verdammt, für so etwas bezahlte er seinen Stab.
Jasek, dachte er plötzlich. Der Junge hat Augustus nie ausstehen können. Der Knabe hatte gerade seine Pubertät durchlebt, das Hirn voller Heldengeschichten über den Ruhm Haus Steiners, als Augustus Sol-vaig aus der Obskurität der planetaren Bürokratie aufgetaucht und seinen Aufstieg in die höchsten Bereiche der Politik begonnen hatte - und unter die engsten Ratgeber des Gouverneurs von Skye und die Präfekten der Präfektur IX. Jasek hatte Solvaig oft genug als Ratte tituliert, auf seine typisch geradlinige Art.
In vielerlei Hinsicht war er ein Abbild seines Vaters -und dieses Spiegelbild war keineswegs beleidigend. Der Junge besaß Leidenschaft, klare Überzeugungen und den Mut, zu ihnen zu stehen. Das war nicht zu verachten, selbst wenn er sich gegen seinen eigenen Vater und die Republik gekehrt hatte, der sie beide die Treue geschworen hatten.
Seine Desertion hatte den Planeten furchtbar geschwächt. Daran war kein Zweifel möglich. Aber Skye hatte es überlebt.
So verhasst Tara Campbell und ihre Highlander dem Herzog bei ihrer Ankunft auch gewesen waren, sie hatten Skye gerettet. Trotzdem hatte die Countess Northwind in den Interviews nach der Schlacht den Hauptanteil an dieser Rettung der Republikanischen Skye-Miliz und dem Herzog zugesprochen.
Na, wenn ich schon zugebe, dass ich mich geirrt habe, dachte er, kann ich es auch gleich zur Gewohnheit machen. In einem vernünftigen Rahmen natürlich.
Er rieb sich nachdenklich das bärtige Kinn. Irgendwann nach der Schlacht hatte ihm die Countess beiläufig ihre Zweifel über irgendwelche Absichten im
Hinblick auf Haus Steiners Präfektur IX oder Skye mitgeteilt. Solvaigs Bericht an seine Auftraggeber bestätigte das: Sie hatten vor, die Mariks zu überfallen. Das ging Herzog Gregory an jeglichen Teilen seiner Anatomie vorbei.
Der Sturmhammer, die Armee, die Jasek... aus den Streitkräften Skyes geformt hatte, agierte von Nusa-kan aus, kernwärts von Skye. Um genau zu sein, nicht weit vom - durch die Falken eroberten - Zebe-belgenubi. Vielleicht, überlegte der Herzog, konnte er dem Jungen eine diskrete Nachricht mit dem Angebot zukommen lassen, das Gespräch wieder aufzunehmen.
Gefangene Falken, die sich als Leibeigene betrachteten, hatten den Plan erklärt, einen Brückenkopf in der Republik zu erobern, in der Hoffnung, der ganze Touman des Clans würde ihnen folgen. Skye haben sie nicht, dachte er, aber sie haben eindeutig einen Brückenkopf installiert. Daran ist leider kein Zweifel möglich. Die Jadefalken kontrollierten noch immer mehrere Welten in den Präfekturen VIII und IX, und sogar Chaffee im Lyranischen Commonwealth.
Die Republik hatte nicht zum letzten Mal von den Jadefalken gehört. Und beim nächsten Mal konnte es nicht schaden, wenn sich ihnen Jasek Kelswa-Steiner an der Seite seines Vaters entgegenstellte.
Der Herzog nahm sich vor, die Planung für gewisse Entwicklungen sofort einstellen zu lassen - und sämtliche Hinweise darauf zu vernichten, dass es sie je gegeben hatte.
Aus irgendeinem Grund kehrten seine Gedanken zu den Berichten der Polizei und des Nachrichtendienstes über Augustus Solvaigs Selbstmord zurück. Offenbar hatte man auf dem Schreibtisch in Solvaigs Schlafzimmer eine einzelne Spielkarte gefunden. Niemand hatte irgendeine Ahnung, was das zu bedeuten hatte. Soweit der Herzog wusste, besaß Sol-vaig nicht einmal Spielkarten. Er besaß keinerlei Neigung zum Glücksspiel, außer vielleicht zu dessen ultimativer Ausprägung.
Es war ein falscher Ton, ein loser Faden, und so etwas hasste Herzog Gregory. Andererseits war das Universum voller Fragen, auf die er nie eine Antwort erhalten würde, so sehr ihn das auch ärgerte.
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