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Der Flug des Falken

Der Flug des Falken

Titel: Der Flug des Falken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Victor Milan
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zur Außenseite des Wagens und damit dem wütenden Mob. Er saß kerzengerade, sämtliche Bügelfalten seiner Gefechtsmontur messerscharf, die schwarze Haut glatt wie ein Trommelfell. Falls ihm zwei Tage unter doppelter normaler Schwerkraft ebenso zugesetzt hatten wie Tara, ließ er sich das zumindest nicht anmerken. Und er konnte nicht einmal auf diskretes Make-up zurückgreifen, dachte sie neidisch.
    »Das ist kein sonderlich ermutigendes Omen«, bemerkte Taras Adjutantin, die neben ihr im Fonds des Wagens saß. Sie war bleich und hatte Ringe unter den Augen, doch ihr Blick schien aufmerksam und ihre Haltung ebenfalls, obwohl ihr Körper beinahe hörbar nach Erholung schrie. Kapitänin Tara Bishop hatte lange als aktive MechKriegerin gedient, bevor sie in ihren jetzigen bequemen Posten aufstieg. Sie hatte Erfahrung darin, in einer Gefahrenzone auch am Rande völliger Erschöpfung wachsam zu bleiben.
    »Ich entschuldige mich für diesen Teil Ihres Empfangs, Countess«, sagte der ernste und beinahe schmerzhaft gut aussehende junge Captain, der das Empfangskomitee anführte. Wie der Rest der Eskorte trug auch er eine Gefechtsmontur im Stadtkampf-Tarnschema. Das einzige Zugeständnis an die zeremonielle Aufgabe war ein ultramarinblaues Barett der Republikanischen Skye-Miliz mit dem Abzeichen der Herzoglichen Garde. Weder er noch irgendein anderes Mitglied seiner Sicherheitsabteilung trug irgendein sichtbares Rangabzeichen. Auch das gefiel Tara. Truppführer McCorkle hätte sie >Scharf-schützen-Zielscheiben< genannt. Sie war sich sicher, dass die Fahrerin des Schwebers, deren Kopf unter einem wuchtigen Helm steckte, einen zweiten Schutzhelm für den Captain unter der Sitzbank hatte, außer Sicht.
    Und es kostete Tara jedes Quentchen ihrer wolfram-karbonstahlharten Selbstdisziplin, nicht geradezu besessen auf die Tätowierung auf der ausrasierten Schläfe unter dem Barett zu starren: den knurrenden Wolfskopf, wie ihn viele Krieger Clan Wolfs trugen.
    Sie zwang sich, den Blick abzuwenden und schaute hinaus auf den Mob. Es sah nach mindestens tausend Demonstranten aus, die sich so dicht an die Absperrung drängten, wie sie nur konnten, ohne einen heftigen Schlag versetzt zu bekommen. Sie schwenkten Schilder in deutscher Sprache, während die Demonstranten, auf die sie zufuhren, auf der anderen Seite der Straße vom Raumhafen in die Präfekturatshaupt-stadt englischsprachige Plakate schwenkten.
    »Ich frage mich, ob das, was ich da lese, meinen Vermutungen entspricht«, murmelte sie.
    McCorkle verzog das Gesicht. Sein durch einen Schnauzbart verziertes Antlitz wirkte wie aus einem Klotz Ebenholz gehauen. »Würde ich es kennen, ich würrde es Ihnen nae sagen, Lass«, knurrte er, in den schweren Highlanderakzent zurückfallend, mit dem er aufgewachsen war.
    Er fixierte den jungen Gardecaptain Martin mit ei-nem Blick, der schon einige höherrangige Offiziere in ein Häufchen zitterndes Protoplasma verwandelt hatte. »Wie kommen sie datae, zutaelassen, dass diese Meute die Countess so begrüßt?«
    Captain Martin wirkte peinlich berührt - kein Ausdruck, den Tara auf einem Clannergesicht erwartet hätte. »Wir wahren das Gesetz, und das erlaubt die freie Meinungsäußerung, Truppführer«, antwortete er. »Wir zumindest stehen noch immer loyal zur Republik.«
    Die Augen des Regimentstruppführers glühten rot. Im wörtlichen Sinne, denn ihre Äderchen traten hervor. Das war ein erstaunlich schlechtes Zeichen. Es bedeutete, dass McCorkle, dessen Selbstbeherrschung die Tara Campbells weit in den Schatten stellte, kurz vor einem Ausbruch blinder Wut stand. Ganz gleich, wie beherrscht er wirkte, zwei Tage eines hohen Andrucks hatten auch bei ihm Spuren hinterlassen. »Und was soll das heißen?«, fragte er.
    Tara beugte sich vor und legte ihm beruhigend die Hand auf den Arm. »Friedlich, Spieß. Merken Sie nicht, dass er von Schwierigkeiten in seinem eigenen Haus spricht, nicht in unserem?«
    »Das stimmt, Truppführer«, bestätigte Martin. Seine grauen Augen blickten verängstigt, und seine gesunde, braune Gesichtshaut hatte einen leicht fahlen Ton angenommen. »Ich wollte Ihnen nicht zu nahe treten.«
    McCorkle atmete tief durch und nickte. Seine Augen wurden wieder klar.
    Tara lehnte sich zurück und unterdrückte ein erleichtertes Seufzen. Mein Leben bleibt dem Gang der letzten Jahre treu, dachte sie mit einer Verbitterung, die sie selbst überraschte. Meine Ankunft hier löst einen Aufstand aus, und meine erste halb

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