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Der Flug des Falken

Der Flug des Falken

Titel: Der Flug des Falken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Victor Milan
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dem noch geschwärzte Hautfetzen hingen. Aber das glatte Schädeldach glänzte fettig. Ein kleiner Schädel. Der eines Kindes.
    »Wir können ihnen zeigen, welchen Preis sie für ihren Widerstand bezahlen müssen, nicht nur sie allein, auch die, die sie lieben. Und nur eine Strafe ist so furchtbar« - sie trat einen Schritt näher und zertrat den Kinderschädel unter ihrem Stiefelabsatz -, »dass sie auch in den hintersten Winkeln dieser lästigen Welt Wirkung zeigt.«
    Er zog die Oberlippe zurück und bleckte die Zähne. »Da siehst du, wohin deine Mongolenverehrung führt.«
    Sie nahm den Helm ab, löste das Haar und schüttelte es aus. Es fiel in einem silbernen Wasserfall bis weit über ihre Schultern. »Dahin führt der Weg des wahren Mitgefühls. Ich sage dir, Kobruder, ich habe hier und heute Leben gerettet. Ihre ebenso wie unsere.«
    Das Gesicht, das sich ihr zuwandte, wirkte verzerrt. »Ist es das, was von einem Krieger verlangt wird, einem Beschützer der Schwachen und Geringen?«, fragte er mit so erstickter Stimme, als würde die Arbeitskralle eines Elementars seinen Hals zudrücken, und wedelte mit einer Hand wie mit einem gebrochenen Flügel. »Soll das Ehre sein?«
    »Ein Sieg für Clan Jadefalke«, erwiderte sie, »das ist Ehre.« Und ging.
    Militärakademie Sanglamore, New Aberdeen, Skye Präfektur IX, Republik der Sphäre
    2. Mai 3134
    »Wirklich, Countess«, erklärte der Erste Minister Augustus Solvaig. »Ich möchte doch feststellen, dass wir hier auf Skye wissen, wie wir unsere eigenen Angelegenheiten handhaben, vielen Dank.«
    Tara Campbell spürte ihre Wangen heiß werden. Sie fühlte, wie sich ihre Adjutantin, die andere Tara, neben ihr anspannte, und kanalisierte ihre Verlegenheit und Wut in einen gedanklichen Befehl an Bishop, den Mund zu halten. Der kleine, bereits kahl werdende Minister mit den breiten roten Koteletten, die wie pelzige Muttermale den größten Teil seiner runden, roten Wangen bedeckten, saß nicht zufällig zur Rechten Herzog Gregory Kelswa-Steiners, der mit mehreren Ringen geschmückt war.
    Tara machte sich über ihre Karriere keine Gedanken mehr. Sie hatte für die Republik immer wieder das Leben aufs Spiel gesetzt. Falls die Republik oder deren planetare Herrscher es nicht fertig brachten, mit ihr zu kooperieren, konnte sie jederzeit zurück nach North-wind reisen und ihren Idealen nachkommen, indem sie die Verteidigung ihrer
    Heimatwelt ausbaute. Kapitänin Tara Bishop diente Tara Campbell und niemandem sonst. Solange sie ihre Aufgabe in der gewohnten Qualität verrichtete, war ihre Stelle sicher, trotz ihrer gelegentlich kratzbürstigen Art.
    Aber Tara hatte Herzblut in die Republik investiert und überhaupt in alles, wofür sie stand. Sie wusste, dass sie in großer Gefahr schwebte, und dass diese Bedrohung durch Präfektur IX schlagen würde, selbst falls Skye selbst nicht auf ihrem Weg lag. Rang oder Titel konnte ihr Herzog Gregory nicht nehmen, aber falls sie oder auch nur ihre Adjutantin ihn verärgerte, konnte er sie von seiner Welt und aus seiner Präfektur jagen. Dasselbe galt für Präfektin Delia Brown und den Planetaren Legaten Stanford Eckard, die ebenfalls anwesend waren.
    »Erster Minister«, bemerkte Eckard mit trockener Stimme, doch es war keine Ironie, sondern eine blutleere Dürre. »Ich fürchte, Sie tun Countess Campbell Unrecht. Ich habe in ihren Worten keine Kritik gelesen, sondern den Versuch, unsere Aufmerksamkeit auf den potentiellen Ernst der Lage zu lenken. Und zumindest in diesem Punkt stimme ich ihr bei.«
    Tara warf einen kurzen Blick zur Seite auf ihre Adjutantin und sah, wie sich die zusammengepressten Lippen Bishops zu einem angedeuteten Lächeln verzogen. Sie hatte den Eindruck, dass sich der Legat für ihre Chefin einsetzte.
    Tara Campbell, die mit Situationen wie dieser mehr Erfahrung hatte, hegte den Verdacht, dass seine Unterstützung brüchiger war, als Bishop annahm. Sie hatte die Vermutung, dass es sich bei Eckard um wenig mehr als einen Karrieremilitär handelte - einen Militärbürokaten, wie seine Vorgesetzte Brown, aber trotzdem einen Berufsmilitär -, der reflexartig eine Kameradin gegen zivile Unterstellungen in Schutz nahm. Der große, hagere Asiate mit dem grau melierten Haar, das über eine kahle Stelle gekämmt war, sah älter aus, als er es laut seiner Akte war. Er wirkte wie einer jener Menschen auf Tara, die von ihrer Einstellung her aus der Pubertät unmittelbar ins gesetzte Alter fielen.
    Solvaig schaute zu

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