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Der Fluss

Der Fluss

Titel: Der Fluss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Paulsen
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machen.« Er zeigte Derek, wie man die Zweige zurechtschneiden und miteinander verflech ten musste, um eine weiche Unterlage zu schaffen. »Machst du das, während ich mich um das Feuer küm mere?«
    »Ich muss aber zuschauen, wie du Feuer machst«, rief Derek. »Damit ich es beschreiben kann.«
    Brian nickte nur und machte sich auf die Suche nach den Dingen, die er zum Feuermachen brauchte.
    Nie würde er sein erstes Feuer vergessen, damals, und was es für ihn bedeutet hatte; ähnlich kostbar mochte es für die ersten Menschen gewesen sein. Jetzt hatte das Feuermachen für ihn beinah den Ernst einer religiösen Handlung.
    Man durfte sich nicht beeilen, das wusste er. Das Feuer kam nur, wenn es kommen wollte. Und nur, wenn es ein gutes Bett vorfand, ein schützendes und nährendes La ger.
    Nah am Ufer fand er Birken und ihre papierfeine Rinde zerpflückte er mit den Fingernägeln zu Fasern, so dünn wie Haar. Er machte weiter, bis er eine flauschige Kugel von zehn Zentimetern Durchmesser beisammen hatte. Dieses Knäuel vermischte er mit dürrem Gras, das er fein wie Mehl zerrieb, und als er alles gut durchge mischt hatte, drückte er mit dem Finger in die Mitte eine Vertiefung. Ein Bett für das Feuer! dachte er. Ein Zu hause, wo es wachsen und sich entfalten kann.
    Derek hatte all dies mit gebannter Neugier beobach tet. Von Zeit zu Zeit hatte er sich über sein Notizbuch ge beugt und eifrig geschrieben – und kopfnickend einzelne Stellen unterstrichen.
    Brian legte jetzt den Zunderball beiseite und sammelte dürre Fichtenzweiglein, so kurz wie Streichhölzer. Als er ein gutes Häuflein beisammen hatte, gleichmäßig klein gebrochen und aufgeschichtet für später, suchte er etwas größere dürre Äste, und dann noch größere, bis er einen kniehohen Stapel Brennholz aufgeschichtet hatte.
    All dies hatte er schweigend getan und nur an das Feuer gedacht. Doch jetzt wandte er sich an Derek.
    »Man kann nie genug Holz haben. Niemals. Und im mer sollte man einen Vorrat an trockenem Holz aufbe wahren, an einem sicheren Ort, dazu auch genügend Zunder …« Er hielt inne und überlegte, erinnerte sich.
    »Was ist?«, fragte Derek.
    »Das Feuer. Es ist so … lebendig. So wichtig für uns Menschen. In unserer alltäglichen Welt wissen wir nichts davon. Aber damals, nach meiner Rettung, als ich wieder zu Hause war, habe ich in Büchern nachgelesen, wie es war – weißt du – , bevor wir all die modernen Annehm lichkeiten erfunden hatten. In der Kolonialzeit, zum Bei spiel, mussten die Leute nachts Wache halten, um das Feuer zu hüten. Und in grauer Vorzeit waren die Hüter des Feuers die wichtigsten Mitglieder einer Sippe.«
    Derek schrieb alles auf, und Brian musste unwillkür lich grinsen. Etwas an Derek, wie er den ganzen Tag um herwanderte und Beeren und Nüsse sammelte, dabei eine Aktenmappe in der Hand hielt wie ein Manager oder College-Professor, wirkte eindeutig lächerlich. Aber er nahm seine Sache ernst und das imponierte Brian mit der Zeit immer mehr. Vorhin am See, als er abgestürzt war und Derek neben ihm kniete, hatte er echte Besorg nis gezeigt.
    Ja, Feuer.
    Das Tageslicht schwand allmählich und bald würde die Nacht kommen und mit ihr die blutgierigen Insek ten.
    Derek und er gruben ein kleines Feuerloch vor der überhängenden Felsplatte. Dann legte Brian den Zun derball auf den Boden der Grube, und zwar mit der ein gedrückten Vertiefung nach oben.
    Darüber hielt er den Feuerstein.
    Er schlug mit dem Messerrücken gegen den Stein – und nichts passierte.
    Ganz klar! dachte er. Wenn es so leicht wäre, hätten wir nicht das Feuerzeug erfunden.
    Er schlug immer wieder und endlich knisterten ein paar Funken. Mit verdoppelter Kraft schlug er die Klinge gegen den Stein, noch mal und noch einmal, bis ein klei ner Funkenregen in die Vertiefung prasselte.
    Rasch hob er den Zunderball hoch und blies sachte darüber hin, fachte die Funken an und beobachtete, wie sie aufglühten und schwarze Löcher in den Zunder fra ßen. Rot glühten die Punkte auf, wenn Brian darüber blies, sie fraßen sich weiter und zerfielen zu weißer Asche. Behutsam blasend, hatte Brian den Zunderball wieder in die Feuergrube gelegt und endlich kräuselte sich dünner Rauch empor und ein kleines Flämmchen blakte auf.
    Hallo! dachte er. Hallo, Feuerflamme.
    Er nährte das Feuer mit winzigen Zweigen, über Kreuz gelegt und locker verflochten, bis die Flamme mit gieri gem Knistern nach neuem Holz verlangte. Jetzt legte er größere

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