Der Fluss Der Abenteuer
zugehuscht, und im nächsten Augenblick fühlte Philipp, daß seine Knie umklammert wurden. Er erschrak, faßte sich aber sogleich wieder, als er eine bekannte Stimme hörte.
»Oola ist hier, Herr. Oola ist dir gefolgt. Tala sagte, Oola nicht gehen. Aber Oola bewacht dich, Herr.«
»Oola!« rief Philipp erleichtert und strich dem vor ihm knienden Jungen über den Kopf. »Dich habe ich am aller-wenigsten hier erwartet. Steh auf! Wie gut, daß du gekommen bist! Wir haben uns verirrt. Kannst du uns zum Boot zurückbringen?«
»Ja, Herr, Oola bringt euch. Folgt Oola.«
»Bist du etwa die ganze Zeit über hinter uns her gegangen?« fragte Lucy erstaunt.
»Ja, Oola immer, immer hinterher. Oola bewacht seinen Herrn.«
Oola schien Katzenaugen zu haben. Ohne einen Augenblick zu zögern, führte er die Kinder durch die Dunkelheit, und bald erreichten sie das Dorf, das nun im Schein der brennenden Feuer ganz verändert aussah.
Die Eingeborenenkinder kamen herbeigelaufen, aber als sie den Jungen erkannten, der die fürchterliche Schlange bei sich hatte, rannten sie kreischend davon und schrien entsetzt: »Bargua, Bargua!« Nur der kleine Fremdenführer mit den Postkarten stand unbeweglich neben einem Feuer und blickte zu den vier Kindern hin. Philipp blieb stehen und nahm eine Münze aus seiner Tasche, »Oola, geh zu dem Jungen dort und gib ihm dies Geld.«
Oola schüttelte heftig den Kopf. »Nein, kein Geld! Junge nicht gut!«
»Gehorche, Oola!« befahl Philipp streng. Da nahm Oola das Geld, lief zu dem Jungen und gab es ihm, schalt ihn anscheinend jedoch dabei tüchtig aus, weil er die Kinder im Stich gelassen hatte. Der Junge rannte vergnügt ins Haus und rief etwas in der Eingeborenensprache.
»Schließlich hat er uns zu dem alten Tempel geführt und verdient daher auch eine Belohnung«, meinte Philipp.
»Himmel, was für einen Aufruhr meine Bargua verursacht hat! Ich hätte nicht gedacht, daß die Eingeborenenkinder solche Angst vor Schlangen haben.«
»Bill wird sicherlich böse sein, weil wir so spät kommen«, sagte Jack etwas bedrückt.
»Vielleicht ist er noch gar nicht da«, meinte Dina.
Schnell liefen sie zum Fluß und kletterten an Bord.
Frau Cunningham saß in der Kajüte, denn der Abend war ungewöhnlich kühl. Sie war recht erleichtert, daß die Kinder endlich kamen.
»Ach, ihr hattet Oola mit!« sagte sie beruhigt, als sie den Jungen mit den anderen an der Kajütentür erblickte. »Bill ist noch nicht zurück. Habt ihr Hunger? Dann bittet Tala, uns das Abendessen zu bringen.«
»Wir sind eigentlich immer hungrig, Tante Allie«, antwortete Jack. »Aber wollen wir nicht lieber auf Bill warten?«
Zehn Minuten später kam Bill. »Ach, ihr habt noch nicht gegessen? Sagt Tala, daß er uns gleich etwas bringen soll. Ich sterbe vor Hunger. Nun, Kinder, was habt ihr inzwischen gemacht?«
»Ach, nichts Besonderes«, antwortete Jack ausweichend. »Wir sind zu einem alten Tempel gegangen, aber es war nicht viel daran zu sehen.«
»Vor einigen Jahren sind hier herum viele Ausgrabungen gemacht worden. Der Lehrer, ein sehr feiner und kluger Mann, hat mir so viel davon erzählt, daß ich fast Lust bekommen habe, auch einmal etwas auszugraben.«
»Hast du etwas über Raya Uma erfahren?« fragte Jack, der sehr erleichtert war, daß Bill nicht weiter nach den Erlebnissen der Kinder fragte, und ihn auf ein anderes Thema bringen wollte.
»Ja, der Lehrer kennt ihn gut und mag ihn gern. Er sagt, Uma sei ein sehr interessanter Mensch, man könne sich mit ihm über jedes Thema unterhalten — sogar über Ar-chäologie, die Wissenschaft von den Bauten des Alter-tums. Anscheinend glaubt er, Uma halte sich hier auf, um alte Bauten zu studieren, die schon ausgegraben sind.
Aber ich glaube eher, daß Uma dieses Interesse an Ar-chäologie nur vortäuscht, um ungestörter seine dunklen Machenschaften verfolgen zu können.«
Plötzlich schnupperte Jack aufmerksam und zog mit verzücktem Gesichtsausdruck einen lieblichen Duft ein, der aus der Kajüte heraufkam.
Frau Cunningham lachte. »Tala hat geangelt, und nun brät er uns die Fische zum Abendbrot. Es riecht gut, nicht wahr?«
»Das finde ich auch«, stimmte Philipp ihr zu. »Ich dachte, Tala könne gar nicht kochen, weil wir bisher immer kalte Mahlzeiten bekommen haben. Auch Oola wird sich über ein Fischgericht freuen.«
»Da fällt mir ein — Tala war sehr böse, weil Oola sich ohne Erlaubnis fortgeschlichen hatte. Er kam ganz wütend zu mir und beschwerte sich.
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