Der Fluss Der Abenteuer
nur«, antwortete Bill nun.
»Entschuldigen Sie bitte! Ich war im ersten Augenblick sprachlos vor Staunen, hier jemand englisch sprechen zu hören. Darauf war ich wirklich nicht gefaßt.«
»Sollen wir verschwinden, Bill?« fragte Jack leise.
Bill schüttelte den Kopf. »Nein, bleibt lieber hier. Vielleicht ahnt er gar nicht, wer ich bin. Auf alle Fälle ist es gut, wenn er eine ganze Familie hier vorfindet. Aha, da kommt er schon!«
Tala war dem Fremden mit einer Laterne entgegenge-gangen und führte ihn nun herbei. Die Familie saß beim Licht einer hellen Lampe unter einer großen Markise, von der Moskitonetze herabhingen. Alle sahen dem unerwarteten Besucher neugierig entgegen.
Er war mittelgroß, hatte einen Bart und einen schmalen Schnurrbart und trug ebenso wie Bill eine dunkle Brille.
Bekleidet war er mit Flanellhosen, Hemd und leichtem Pullover. Auf dem Kopf trug er einen weißen Leinenhut.
Er verbeugte sich höflich vor Frau Cunningham, schüttelte ihr und Bill die Hand und nickte den Kindern zu.
»Ah, Sie haben Ihre ganze Familie mitgebracht!« Als er lächelte, sah man seine auffallend weißen Zähne.
»Ja, die Kinder sollen sich ein wenig erholen«, erklärte Frau Cunningham. »Sie haben eine schwere Grippe hinter sich, und der Arzt riet uns, sie für einige Zeit in den Süden zu schicken. So sind wir denn alle zusammen hierher ge-reist.«
Raya Uma lächelte wieder. »Wie heißt ihr denn?« fragte er die Kinder.
Philipp antwortete für alle. »Ich heiße Philipp — und das ist Jack — das ist Lucy — und das Dina.«
»Und wie heißt der Papagei?«
»Kiki«, antwortete Jack. »Kiki, das ist Herr Uma.«
»Wisch dir die Füße ab, putz dir die Nase, hol den Doktor!« sagte Kiki und kreischte laut.
»Sei still, Kiki!« wies ihn Frau Cunningham zurecht.
»Wenn wir Besuch haben, darfst du nicht solchen Lärm machen.«
Bill bot Herrn Uma Zigaretten an. »Von wem haben Sie erfahren, daß wir hier sind?«
»Ach, hier sprechen sich Neuigkeiten mit Windeseile herum.« Herr Uma blickte Bill forschend an. »Meinen Namen haben Sie doch sicherlich auch schon gehört.«
»Ja — warten Sie mal------« Bill tat, als müßte er sich erst besinnen. »Jemand hat mir von einem Herrn Uma erzählt, der sich viel in der Kinostadt aufhält und am Film interessiert ist.«
»Ach, das ist nur eine kleine Liebhaberei von mir«, erwiderte Raya Uma und stieß den Rauch seiner Zigarette aus. »Mein eigentliches Steckenpferd ist die Archäologie.«
Er wandte sich zu den Kindern und fügte lächelnd hinzu: »Diese Wissenschaft hat nichts mit der Arche Noah zu tun, wenn sie sich auch mit noch älteren Dingen beschäftigt.«
Die Kinder fanden die Bemerkung recht albern und lachten etwas gezwungen. Lucy dachte an die schlangenförmige Narbe Umas. Leider hatte sein Pullover lange Ärmel, so daß man sie nicht sehen konnte.
»Wir haben uns heute nachmittag einen alten Tempel bei Ullabaid angesehen«, erzählte Jack. »Aber er bestand eigentlich nur aus einer Mauer — genau wie der Tempel in der Kinostadt.«
Raya Uma hielt das offenbar für einen Witz und lachte laut. »Ja, wenn man Archäologie betreibt, erlebt man oft Enttäuschungen. Man gräbt und gräbt wie ein Maulwurf und findet doch nichts zu essen. Ha, ha, ha!«
»Sind solche Ausgrabungen nicht sehr kostspielig?« fragte Frau Cunningham ablenkend, da sie merkte, daß die Kinder die Art des Mannes nicht mochten.
»Ja, sie sind kostspielig«, antwortete er. »Man kann dabei Tausende ausgeben, ohne etwas zu erreichen. Ge-winnen läßt sich bei Ausgrabungen überhaupt nichts. Die einzige Belohnung besteht in der Freude, uralte Kulturen zu entdecken. Aber es ist ein wundervolles Steckenpferd.
Ich will jetzt meine verschiedenen Interessen miteinander verknüpfen, etwas Geld beim Film verdienen und es dann bei meinen Wanderungen durch dieses uralte Land wieder ausgeben.« Uma wandte sich zu Bill. »Und Sie? Interessieren Sie sich auch für Archäologie?«
»Nur so viel wie jeder Durchschnittseuropäer«, antwortete Bill, der genau wußte, daß Uma ihn aushorchen wollte. »Natürlich finde ich die Entdeckungen, die man hier macht, sehr interessant. Ich schreibe Artikel für Zeitungen und habe auch vor, ein Buch zu schreiben. Diese Reise gibt mir viele Anregungen dazu.«
Die Kinder lächelten innerlich. Bill schrieb wirklich Zei-tungsartikel, aber von einem geplanten Buch hörten sie zum erstenmal. Natürlich hätte er ein herrliches Buch schreiben können, wenn
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