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Der Fluss der Erinnerung: Roman (German Edition)

Der Fluss der Erinnerung: Roman (German Edition)

Titel: Der Fluss der Erinnerung: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: DeVa Gantt
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Aussehen. Das sollten Sie eigentlich wissen. Ganz nebenbei finde ich die Idee, im Dulcie’s zu essen, großartig.«
    »Großartig, fürwahr! Und was wird Ihr Vater sagen, wenn er erfährt, dass Sie Ihre Schwestern ins Dulcie’s ausgeführt haben? Ich weiß« – sie hob die Hand, um seinen Einwand abzuwehren –, »dass Ihnen das egal ist!«
    »So direkt wollte ich es nicht sagen, aber dem Sinn nach ist es richtig.«
    »Sie können sich solchen Leichtsinn leisten, aber ich bin für das Wohlergehen der Kinder verantwortlich. Ich bereue den Tag, an dem ich mich zu diesem Kompromiss bereitgefunden habe.«
    »Welche moralische Gefahr lauert schon beim Essen in einem Saloon? Ich verbürge mich dafür, dass nur Dulcie uns bedient.«
    »Ein Saloon? Ist die Bezeichnung nicht etwas großzügig? Es ist doch eher eine Spielhölle, gar nicht zu reden von …«
    »Nun?«
    Charmaine mochte nicht aussprechen, was ihr durch den Kopf ging. Sie dachte an Felicias Geschichten über die Barmädchen, die sich in den Zimmern im oberen Stockwerk mit den Seeleuten vergnügten.
    »Sorgen Sie sich nicht unnötig, Charmaine. Schließlich verkehrt auch Paul im Dulcie’s.«
    »Aber Ihr Bruder ist ein erwachsener Mann!«
    »Genau! Und als solcher ist er auch empfänglicher für die Sünden eines Bordells als ein harmloses Kind.«
    Charmaines Wangen brannten. »Sie haben auch auf alles eine Antwort!«, schimpfte sie.
    »Für gewöhnlich ist das so«, erwiderte er. »Vielleicht sollten Sie sich die Antworten merken, damit Sie nie in Verlegenheit kommen.«
    Aber die gerunzelte Stirn passte nicht so recht zu den lockeren Sprüchen. »Seien Sie jetzt nicht böse, Charmaine. Wir haben zwei wunderschöne Tage mit den Kindern verbracht, und wenn Sie sich einen Ruck geben, wird es heute genauso schön. Ich verspreche, dass ich unseren Plan ändere, falls im Dulcie’s irgendetwas nicht so ist, wie wir das gutheißen. Einverstanden, Pierre?«
    »Aber klar.«
    »Ich bin trotzdem nicht begeistert.«
    Ich werde Sie nie für Umstände verantwortlich machen, die nicht in Ihrer Macht liegen. Denken Sie einfach an mein Versprechen, wenn Sie in eine solche Lage kommen sollten.
    Seufzend lehnte sich Charmaine in die Polster zurück. Was Yvettes Ausflug anging, konnte sie Frederics Sohn keine Vorschriften machen. Aber entband sie das von ihrer eigenen Verantwortung? Sie konnte es nur hoffen.
    John sollte wieder einmal recht behalten. Als sie den Saloon betraten, wurden sie bereits von Dulcie erwartet. Sie führte sie zu einem Tisch, stellte Limonade vor sie hin und servierte ihnen eine köstliche Mahlzeit. Grund zur Sorge gab es keinen, aber zu Yvettes großem Kummer herrschte auch nicht der wilde Trubel, auf den sie gehofft hatte. Um diese Tageszeit war der große Gastraum so gut wie leer, und die Spieltische wurden noch nicht benutzt.
    John erklärte seinen Geschwistern die Regeln eines Kartenspiels, das er Poker nannte. Angeblich hatte George die Regeln aus einigen europäischen Pokerspielen gemischt, die sie damals an der Universität gespielt hatten. Die Zwillinge sahen skeptisch drein, weil John ihnen sicher wieder eine seiner Geschichten auftischte. Dann erzählte er ihnen, dass jeden Freitag bei Dulcie’s Poker gespielt wurde, und machte es ihnen vor. Er warf eine imaginäre Münze in die Mitte des Tischs und tat so, als ob er jeder seiner Schwestern fünf Karten austeilte. Ganz gegen die Regel war dieses Mal Jeannette die Schnellere und blieb in fünf Spielen gleich vier Mal siegreich. Aber da sie keine echten Münzen gewinnen konnte, langweilte selbst sie sich schon bald.
    »Ich wüsste gern, was dort oben passiert«, sagte sie irgendwann treuherzig. »Dürfen wir uns das ansehen?«
    Misstrauisch kniff John die Augen zusammen und musterte das Kind. »Was ist das für ein Spiel – Yvette ?«
    Das Mädchen zuckte die Schultern.
    »Macht ihr das öfter?«, fragte er.
    »Was denn?«, fragte sie unschuldig.
    Verblüfft sah Charmaine zu, wie Yvette mit süßlichem Lächeln auf John zuging. »Ich bin Jeannette, Johnny«, sagte sie, ohne ihre Komplizin zu beachten, die sie mit finsterer Miene am Zopf zog. »Nein, wir machen das nicht sehr oft.«
    Die perfekte Täuschung machte Charmaine sprachlos und ärgerlich.
    Die echte Yvette stampfte wütend auf, weil nichts so lief, wie sie es geplant hatte. »Ich will trotzdem wissen, was dort oben ist.« Ein netter Versuch, aber leider umsonst. John runzelte die Stirn und lehnte ab. Sie musste sich schon eine

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