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Der Fluss der Erinnerung: Roman (German Edition)

Der Fluss der Erinnerung: Roman (German Edition)

Titel: Der Fluss der Erinnerung: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: DeVa Gantt
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nickte. »Siehst du?«
    »Und was ist mit Yvette? Sie ist doch schrecklich wütend auf mich.«
    »Sie kommt trotzdem mit. Stimmt’s, Yvie?« Mit flehenden Blicken sah er zu Yvette hinüber, doch die starrte nur stumm vor sich hin. »Klar tut sie es … wenn du sie darum bittest.«
    »Trotzdem kann ich dich nicht mitnehmen.«
    »Und warum nicht? Du hast mich doch schon einmal gefragt.«
    Unwillkürlich sah John wieder zu seinem Vater hinüber, und Charmaine folgte seinem Blick. War es Traurigkeit oder Unruhe, was sich auf Frederics Gesicht spiegelte? Womöglich beides.
    »Das war früher«, stieß John hervor. »Aber jetzt geht es nicht mehr.«
    »Und warum? Liebst du mich nicht mehr?«
    »Und wie ich dich liebe! Aber damit hat es nichts zu tun. In Virginia habe ich zu viel Arbeit, um mich anständig um dich kümmern zu können.«
    »Ich kann schon selbst auf mich aufpassen. Ich mache auch keine Schwierigkeiten. Versprochen.«
    »Nein, Pierre.«
    »Aber ich will mit!«
    »Ich habe › nein ‹ gesagt!«
    Mit bebender Unterlippe blinzelte Pierre die Tränen weg. »Wenn du mich nicht mitnimmst, rudere ich in meinem Boot bis zu dir.«
    »Das ist viel zu weit, Pierre. Eine so lange Strecke kannst du gar nicht schaffen«, murmelte John.
    »Doch! Du wirst es ja sehen. Wenn ich erst bei dir bin, kannst du mich nicht mehr zurückschicken!« Er wandte sich wieder seinem Teller zu. »Du wirst es ja sehen!«
    John stützte den Kopf in die Hand, und Frederic tat es ihm nach und sah erst auf, als sein Sohn vom Tisch aufstand. Frederic wollte etwas sagen, aber John war draußen, bevor er seine Worte formulieren konnte. Damit war die Gelegenheit vorbei.
    Leise schloss Charmaine die Tür. Nach allem, was in den letzten vierundzwanzig Stunden geschehen war, hatten die Kinder lange keine Ruhe gefunden. Rose murmelte leise: »Gute Nacht« und zog sich in ihr Zimmer im Nordflügel zurück. Für Charmaine dagegen war es noch zu früh. Außerdem war ihr Kopf so voll, dass sie ohnehin keinen Schlaf gefunden hätte.
    Sie ging die Treppe hinunter und erschrak, als John plötzlich auf dem Treppenabsatz erschien. Er sah zu ihr empor und hielt ihren Blick fest. Eine Weile verharrten sie bewegungslos, ohne etwas zu sagen.
    »Sehe ich Sie noch, bevor Sie aufbrechen?«, fragte Charmaine nach einiger Zeit.
    »Die Raven wird nicht vor dem Nachmittag Segel setzen. Wir haben also noch Zeit genug.«
    »Die Raven … Mit diesem Schiff bin ich damals nach Charmantes gekommen, und nun bringt es Sie von hier fort.«
    »Das klingt nicht sehr glücklich, my charm . Könnte es sein, dass auch Sie mich vermissen werden?«
    »Natürlich werde ich Sie vermissen«, flüsterte sie. Sie mühte sich, ihre Gefühle im Zaum zu halten, und war irritiert, als er leise lachte. »Ist das so verwunderlich?«
    »In gewisser Weise haben Sie diesen Tag doch seit zwei Monaten herbeigesehnt.«
    Sie überging die Bemerkung, die noch vor zwei Wochen wahr gewesen wäre. »Werden Sie uns schreiben?«
    »Ganz bestimmt.«
    Er wandte sich der Treppe zu, aber Charmaine wollte ihn noch nicht gehen lassen. »Warum verlassen Sie uns wirklich?«
    Langsam drehte er sich um. »Wissen Sie das denn nicht?«
    »Nein«, log sie, um ihn noch etwas aufzuhalten.
    »Süße, unschuldige Charmaine«, murmelte er träumerisch. »Nur gut, dass Sie es nicht wissen. Sonst würden Sie mich vielleicht genauso verachten wie die anderen.«
    »Ich könnte Sie gar nicht verachten … nicht mehr.«
    Seine Blicke liebkosten jeden Zug ihres Gesichts. »Ich werde Sie mit mir nehmen, my charm . Sie haben mir zwei unvergessliche Monate beschert. Eine Zeit voll kostbarer Erinnerungen, die lange vorhalten müssen.«
    Ein schleifendes Geräusch ließ sie nach oben sehen, wo Pierre Charmaines großen Koffer über die Dielen zerrte.
    »Was, um alles in der Welt, machst du da, Pierre?«
    Schuldbewusst richtete sich der Junge auf. »Ich fahre fort«, keuchte er und sah wild entschlossen von einem zum anderen.
    »Und wohin fährst du?«
    »Zu Johnnys Haus. Das habe ich doch gesagt.«
    »Das tust du nicht«, sagte Charmaine und eilte nach oben. John folgte ihr. »Komm«, sagte sie und ergriff Pierres Hand. »Zurück ins Bett mit dir.«
    »Nein.« Er riss sich los. »Ich will nicht schlafen! Ich will mit Johnny verreisen.«
    Bevor der Junge an ihr vorbeilaufen konnte, nahm Charmaine ihn auf den Arm und überließ John den Koffer. »Johnnys Schiff fährt erst am Nachmittag ab.«
    »Das glaube ich nicht.« Pierre zappelte wie

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