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Der Fluss der Erinnerung: Roman (German Edition)

Der Fluss der Erinnerung: Roman (German Edition)

Titel: Der Fluss der Erinnerung: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: DeVa Gantt
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Pferdeknechte näherten sich ihm von mehreren Seiten mit Zügel und Leinen, aber der Hengst attackierte die Männer und erwischte einen von ihnen an der Schulter, der rückwärts zu Boden stürzte. Bevor er wieder auf die Beine kam, stieg der Hengst erneut hoch, und die tödlichen Hufe verfehlten den Mann nur um Haaresbreite.
    Fluchend stürzte John ins Kinderzimmer zurück, wo Pierre noch immer schlief. Ohne lange zu überlegen, rannte er weiter den Korridor entlang und die Treppe hinunter.
    John wollte Charmantes verlassen. Frederic ging in seinem Zimmer auf und ab, während die Worte in seinem Kopf widerhallten. Sein Sohn verließ das Haus. Verdammt, dass er gerade jetzt ging! Verdammt, dass er allein fortging!
    In der vergangenen Nacht hatte Frederic nicht geschlafen, und seine Augen brannten vor Müdigkeit. Wieder und wieder hatte er die Szene an der Tafel durchlebt. Ob seine Familie jemals glückliche Tage erlebte? War das sein Vermächtnis an die nächste Generation?
    Armer kleiner Pierre … so jung, so hübsch. Er liebte den Jungen so sehr, wie er John und sogar Paul nie geliebt hatte. Mit Pierre hatte er eine zweite Chance bekommen. Und was hatte er daraus gemacht? Voller Reue dachte er an die Monate nach dem Schlaganfall, an die verzweifelten Tage als stummer Krüppel. Er konnte sich erinnern, dass Rose ihm das winzige Kind in den Arm gelegt hatte. Rose war eine kluge Frau, denn dieses kleine Wesen hatte ihn aus seiner Starre erlöst. Wenn er den Jungen nun auf dem Schoß hielt, empfand er das größte Glück. Aber er wusste, dass er ihn loslassen musste, denn John verdiente die Liebe des Jungen weit mehr als er. John wollte dem Jungen keinen Schmerz zufügen und ihn von allem trennen, was er liebte, besonders nicht von seinen Schwestern und seiner Gouvernante. Deshalb die mutige Bitte um das Sorgerecht für die Mädchen. Im Gegensatz zu den Machenschaften seines Vaters hatte John ihn geradeheraus um die Kinder gebeten, obwohl er sie in der Woche zuvor einfach hätte stehlen können. Und was hatte sein Vater getan? Er hatte ihm die Bitte abgeschlagen. Erneut. Du bindest deine Kinder an dich, indem du ihnen nicht gibst, was sie brauchen, sondern es ihnen vorenthältst . Guter Gott. John hatte recht.
    Frederic fuhr sich mit der Hand durchs Haar. Er wusste, was er tun musste, was Colette, ja, sogar Elizabeth gewollt hätten. Er öffnete den Safe und entnahm ihm drei Abschriften seines Testaments. Dann setzte er sich an den Schreibtisch und fügte jedem Exemplar eine Erklärung hinzu.
    Aus dem Augenwinkel heraus bemerkte er eine Bewegung an den französischen Türen. Er musste blinzeln. Im Rahmen stand Colette und war so deutlich zu sehen, dass er an seinem Verstand zweifelte. Ob er eingeschlafen war? Hastig stand er auf, doch als er auf sie zuging, entfernte sie sich im selben Tempo von ihm. Ein Spiegelbild ihrer Ehe, dachte er. Er folgte ihr hinaus auf die Veranda, aber dort entschwand die Erscheinung in westlicher Richtung und löste sich im morgendlichen Dunst auf. Frederic schüttelte verwundert den Kopf.
    War das eine Bewegung dort drüben am Rand des Wäldchens? Irgendetwas hatte seine Aufmerksamkeit geweckt. Er kniff die Lider zusammen, um besser sehen zu können. Aber umsonst. Er starrte auf die Stelle, wo der Weg begann, der zum See führte.
    Sein Herz schlug schneller. Er wollte die Angst verscheuchen, die ihn packte, aber das war unmöglich. Achtlos ließ er den Stock fallen. Er hastete zurück in sein Zimmer und zerrte am Glockenstrang. Irgendjemand würde ihn hören. Sicher waren nicht alle in der Messe. Wieder zog er an dem Glockenzug. Er fluchte, als Minute auf Minute verging und sich nichts regte. Genug! Er hatte schon fast den Korridor hinter sich, als Felicia endlich am oberen Ende der Treppe auftauchte.
    »Sie haben geläutet, Sir?« Sie wunderte sich, dass er ihr entgegengelaufen war.
    »Hol Travis.«
    »Aber er ist in der Messe, Sir, wie alle …«
    »Hol ihn, verdammt noch mal, und zwar sofort! Er soll im Wald nachsehen – gleich hinter dem Haus! Am See stimmt etwas nicht!«
    »Sir?«
    »Beeil dich, Mädchen!«, brüllte er so laut, dass sie die Treppe hinuntersauste. »Wenn Paul da ist, dann sag ihm dasselbe! Sie sollen beim See nachsehen!«
    Die Kirchgänger versammelten sich im Vorraum und sprachen leise miteinander. Keiner wusste, warum man die Messe abgebrochen hatte und Paul und Travis so eilig zum See gehen mussten.
    »Ich verlange eine Antwort«, sagte Agatha, ohne auf Father

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