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Der Fluss der Erinnerung: Roman (German Edition)

Der Fluss der Erinnerung: Roman (German Edition)

Titel: Der Fluss der Erinnerung: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: DeVa Gantt
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weil es mich gibt.«
    »Unsinn, John. Gott würde Pierre niemals etwas antun, um Sie zu strafen. Pierre war ein liebenswerter Junge, den Gott genauso geliebt hat wie Sie. Ihre Sünden sind ein Teil der Vergangenheit, aber Pierre hat damit nichts zu tun.«
    »Aber er war doch ein Teil davon!«
    Seine Stimme klang schuldbewusst. Was sollte sie einem Mann sagen, der seinem Vater die Frau genommen und gewusst hatte, dass sie ein Kind erwartete?
    »Ich hätte nie zurückkommen dürfen«, stieß er hervor. »Wenn ich mich nicht in sein Leben gedrängt hätte, wäre er verschont worden. Ich wäre besser der Bruder in der Ferne geblieben, ein Name, den man gelegentlich erwähnt, ein Name ohne Gesicht. Aber Colette hat darauf bestanden, dass ich nach Charmantes komme. Und als ich ihn gesehen hatte, diesen wunderbaren Jungen, konnte ich mich nicht mehr abwenden und gehen. Ich konnte es einfach nicht. Ich dachte, dass die Trennung leichter würde, wenn ich genügend Erinnerungen mitnehmen könnte. Aber ich wollte ihm doch nicht wehtun!«
    Er sank auf eine der Bänke und barg das Gesicht in den Händen.
    »Das weiß ich«, tröstete ihn Charmaine und setzte sich neben ihn.
    »Ich habe ihn nicht verdient! Er war viel zu gut, um einen Vater wie mich zu haben.«
    »Das ist nicht wahr!«
    »O doch, es ist wahr! Wenn ich ein guter Vater wäre, hätte ich ihn dann allein gelassen?«
    »Sie konnten doch nicht wissen, dass er sein Zimmer verlassen würde.«
    »Wirklich nicht? Am Abend zuvor war er wild entschlossen gewesen, nach Virginia zu rudern. Er wollte nicht, dass ich wegfuhr, wollte mitkommen. Und was habe ich getan? Ich habe › nein ‹ gesagt und ihm das Herz gebrochen. Ich habe den Schmerz in seinem Gesicht gesehen … wie er mit den Tränen kämpfte. Und dann? Weil ich ihn nicht weinen sehen konnte, habe ich ihm auch noch mein eigenes Elend aufgeladen und gedroht, ihn ohne Abschied zu verlassen. Gott möge mir verzeihen.« Er schluchzte. »Das war die größte meiner Sünden! Ist es wirklich so verwunderlich, dass er beim Aufwachen dachte, ich sei längst fort, und mir folgen wollte?«
    »Aber wie hätten Sie das vorher wissen können?«
    »Ich konnte es nicht wissen, das ist richtig. Aber ich hätte es verhindern können! Ich hätte ihm nur sagen müssen, was er hören wollte. Ich hätte ihn entweder mitnehmen oder hierbleiben sollen! Mein Vater hatte recht«, zischte er. »Ich war nicht mutig genug, um einzufordern, was mir gehört! Ich habe ihn verlassen – nicht nur ein Mal, sondern zwei Mal. Dabei habe ich meinen Vater die ganze Zeit über aus ebendiesem Grund gehasst. Wie scheinheilig ich doch bin! Sicher lacht er über mich.«
    »Er lacht ganz bestimmt nicht«, widersprach Charmaine. »Das weiß ich.«
    »O Gott, Charmaine, ich habe ihn so geliebt!« Wieder schluchzte er. »Ich schwöre es. Ich wollte ihn nicht von hier wegholen, um ihm und seinen Schwestern den Schmerz zu ersparen. Ich konnte die drei doch nicht auseinanderreißen oder die Mädchen glauben lassen, dass er mir wichtiger sei. Ich wusste, dass er mich dafür hassen würde. Aber ich war ihm schon zu nahe, um länger hierbleiben zu können. Ich wollte gehen, bevor ich diese Lüge nicht mehr hätte leben können.«
    Charmaine trocknete ihre Tränen und legte eine Hand auf seine Schulter. »Es nützt niemandem, wenn Sie sich so quälen.«
    Er schwieg eine ganze Zeit und barg den Kopf auf seinen Armen. »Warum hat Gott nicht mich zu sich geholt? Dann hätte ich niemandem Schmerzen zufügen müssen.«
    »Sagen Sie doch so etwas nicht!«
    »Aber genau das habe ich getan. Vor allem Colette – ich habe sie mehr geliebt, als ich jemals einen Menschen geliebt habe. Sie gehörte niemals wirklich mir, und doch habe ich sie genommen und verletzt …«
    »John, bitte! Die Vergangenheit ist nicht zu ändern, aber Sie haben noch die ganze Zukunft vor sich.«
    »Welche Zukunft? Meine Zukunft wird immer von meinen Sünden überschattet sein.«
    »Ihre Sünden sind längst vergeben«, widersprach sie energisch. »Es gibt sie nicht mehr. Aber wenn Sie sie trotzdem beschwören, werden sie Sie zerstören. Denken Sie lieber an Ihre Liebe zu Pierre und beten Sie für ihn.« Sie räusperte sich. »Beten Sie, dass er seine Mutter im Himmel gefunden hat.«
    »Im Himmel! Wenn ich an das Paradies glauben könnte, würde mich das vielleicht trösten.«
    »Es existiert, John, und ich weiß, dass sie dort sind und zusammen für Sie beten.«
    Er schien ihre Worte sorgfältig

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