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Der Fluss der Erinnerung: Roman (German Edition)

Der Fluss der Erinnerung: Roman (German Edition)

Titel: Der Fluss der Erinnerung: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: DeVa Gantt
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angebliche Unschuld nur ein Vorwand, um John zur Hochzeit zu bewegen. Getreu dem Motto, dass ihren Körper nur derjenige bekam, der ihr einen Ring an den Finger steckte und ein größeres Guthaben auf der Bank besaß. Ganz offensichtlich tat diese fast verarmte Familie alles, um ihre jammervolle Situation zu verbessern.
    Was John anging, so hatte Frederic nichts dagegen, wenn der junge Mann seinen Spaß hatte. Andererseits hielt er ihn noch für viel zu jung und zu undiszipliniert für eine Ehe. Im Gegensatz zu seinem fleißigen Bruder war John auch als Student kein Vorbild gewesen. Seine Musikstudien waren die Ausnahme, aber sonst fehlte es ihm an Geduld, um lange Vorträge anzuhören oder gar Examen abzulegen. Frederic hatte immer wieder Briefe von der Universität erhalten, die Johns Lustlosigkeit und häufige Abwesenheiten vom Unterricht beklagten. Es gab nur noch wenige Lehrer, die ihn überhaupt in ihren Vorlesungen duldeten, da er ihre Behauptungen mit Vorliebe in Zweifel zog und sie vor den anderen Studenten zu blamieren suchte, damit diese ihren Spaß hatten. Obwohl die Sorbonne nur ungern auf das Geld der Duvoisins verzichtete, kamen die Professoren überein, John mit entsprechenden Noten bestehen zu lassen und auf seine geschätzte Anwesenheit während des nächsten Semesters zu verzichten. Da die Universität John nicht hatte zähmen können, setzte sein Vater für die Zukunft auf harte Arbeit und praktische Erfahrungen, bevor an eine Hochzeit zu denken war.
    Als Frederic eines Tages zufällig hörte, wie Colette ihrer Freundin erzählte, dass die Spielchen mit John we sentlich mühsamer waren, als Stallknechte auf dem Heuboden zu küssen, hatte er endgültig genug. Er wollte nicht zusehen, wie sie ihre Gunst irgendeinem Dahergelaufenen schenkte und vor dem naiven John die Jungfrau spielte! Nein. Es war an der Zeit, dass Colette mit einem wirklichen Mann Bekanntschaft machte, der ihre Spielchen durchschaute und ihr den Kopf zurechtrückte. Falls sie es wirklich auf das Geld abgesehen hatte, würde außerdem verhindert, dass sein Sohn auf eine Geschäftemacherin hereinfiel … und sei sie auch noch so schön. Natürlich würde John wüten und toben, aber das kannte Frederic bereits. Es gab eine Menge anderer Frauen, die er erobern konnte. Mit der Zeit würde sich seine Empörung legen, und womöglich würde er eines Tages seinem Vater sogar Beifall zollen.
    Unvermittelt tauchten Bilder vor Frederic auf … Bilder der Nacht, die Colettes Schicksal besiegelte …
    Nach einem anstrengenden Tag auf den Zuckerrohrfeldern war er müde nach Hause gekommen. Bis auf einige Lichter in der Halle war das Haus dunkel. Er nahm an, dass alle im Bett waren, und ging in die Küche, um etwas zu trinken. Als er das Esszimmer durchquerte, hörte er Gekicher und Geflüster aus dem Garten. Er trat ein Stück näher, bis er Colette und ihre Freundin in angeregter Unterhaltung erblickte. Sie sprachen zwar Französisch, aber Frederic konnte die Sprache gut genug, um dem Geplänkel zu folgen.
    »Ich behaupte trotzdem, dass Paul sehr viel besser aussieht«, sagte Pascale, »nur ist er leider nicht der reiche Bruder.«
    Frederic mühte sich, die Antwort zu verstehen, aber Colette sprach zu undeutlich.
    »Der Vater ist aber auch nicht zu verachten. Es wäre doch die reinste Verschwendung, ihn deiner Mutter zu überlassen. Ob ich einmal mein Glück versuche?«
    »Psst! Sei still!«, zischte Colette und rückte enger zu Pascale. »Jemand könnte dich hören!«
    »Ich schlage vor, dass du dich an ihn heranmachst. Ich glaube, er findet dich attraktiv!«
    »Hör auf damit, Pascale!«, warnte Colette. »Allerdings würde ich gern das Küssen mit ihm üben«, fügte sie mit schamlosem Lachen hinzu.
    »Klingt nicht übel.« Pascale kicherte. »Ich bin sicher, dass er das bestens kann. Und ein bisschen Training täte dir vor der Hochzeitsnacht sicher gut.« Sie kicherten immer lauter.
    »Du bist einfach furchtbar, Pascale!« Unwillig schnalzte Colette mit der Zunge.
    »Wir sollten allmählich zu Bett gehen«, schlug Pascale vor. »Kommst du mit?«
    »Ich will erst noch etwas trinken. An diese Hitze werde ich mich nie gewöhnen. Geh du schon vor, Pascale. Wir sehen uns morgen. Gute Nacht.«
    Colette ging in die Küche, doch im nächsten Augenblick blieb sie wie angewurzelt stehen, als sie Frederic am Tisch stehen sah, wo er sich ein Glas Wasser einschenkte.
    »Wie ich höre, sind Sie durstig, Mademoiselle Delacroix?«
    Sie nickte und errötete

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