Der Fluss der Erinnerung: Roman (German Edition)
ihnen aufgemalt.«
Paul runzelte die Brauen. »Sag jetzt nicht, dass sich unsere Vorräte auf dem Schiff mit den fehlenden Papieren befanden!«
»Fehlende Frachtpapiere? Um die Papiere kümmere ich mich nicht.«
»Das ist richtig – du zeichnest höchstens Bilder darauf!«
John lachte leise. »Aber, Paulie, das war doch nur ein Scherz!«
» Ein Scherz? Nennst du das so?«
»Wo ist denn nur dein Humor geblieben? Warum beschwerst du dich eigentlich, da du die Ladung ja erhalten hast?«
»Weil ich«, stieß Paul zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor, »die Ladung umgehend an dich zurückgeschickt habe, lieber Bruder!«
»An mich? Und warum, in Gottes Namen?«
»Du hast dieses Durcheinander verschuldet. Ich bezahle meine Männer nicht, um im Bauch des Schiffes herumzuwühlen und die Fässer aufzubrechen, um Inventarlisten anzulegen und herauszufinden, was uns gehört.«
»Wovon redest du?«
»Das Schiff ist ordnungsgemäß hier eingelaufen, und zwar von Liverpool aus mit einer Ladung, die für Richmond bestimmt war. Dein unfähiger Kapitän hat unsere Vorräte angeblich auf deinen Befehl hin im hintersten Teil des Frachtraums verstaut, sodass unsere Fässer beim Laden in Liverpool unter der neuen Fracht begraben wurden.«
»Ich gebe keine Anweisungen, wie die Fracht zu laden ist«, entgegnete John. »Das ist Stuarts Aufgabe, und der weiß, was er tut. Das Durcheinander muss also in England entstanden sein.«
Diese Entgegnung war deutlich. Vermutlich hatte man den Kapitän unter Druck gesetzt, möglichst bald den Anker zu lichten und den Hafen zu verlassen. Also hatte er versäumt, die Ladung seines Schiffes umzuschichten und die englischen Güter übereilt an Bord genommen.
»Die britischen Papiere waren in Ordnung«, fuhr John fort, »und die Fässer für die Inseln waren mit dem Wappen der Duvoisins markiert. Und dir war es nicht möglich, die Fässer für die Inseln anhand der Markierungen von der übrigen Fracht zu trennen?« Er lachte lauthals. »Stattdessen schickst du die ganze Ladung zurück!«
»Ich finde das nicht komisch, John!«
»Ich schon!« John wischte sich die Tränen aus den Augen. »Sag, Paulie, hast du vielleicht deine Hose mit einem Rock vertauscht, bevor du diesen Entschluss gefasst hast?«
Paul sah düster drein. »Lach nur, solange du willst! Als das Schiff mit der Ladung zurückkam, hast du dich wohl kaum über den Verlust gefreut, oder etwa doch?«
»Welchen Verlust? Zu dieser Zeit war ich nicht in Virginia, sondern in New York.«
»Guter Gott!« Paul explodierte. »Ist dir klar, was das bedeutet?«
John schmunzelte. »Entweder befinden sich die Fässer wieder im Lagerhaus und verlieren täglich an Wert. Was mich jedoch nicht trifft, da ich sie ohnehin nicht berechnet habe. Oder Stuart hat angenommen, dass du die Vorräte nicht brauchst, und Fässer samt Inhalt inzwischen versteigert. Das beschert uns Einnahmen, mit denen wir nicht gerechnet haben. An deiner Stelle würde ich beten, dass die Sachen noch im Lagerhaus sind. Sicher ist das keineswegs.«
»Verdammt, John, deine großartige Idee mit den neuen Schiffsrouten funktioniert einfach nicht! Ich verlange, dass du die Sache in Ordnung bringst, bevor der Tag vorüber ist!«
»Und wie soll ich das deiner Meinung nach machen?«
»Schreibe an Edward Richecourt und veranlasse, dass er umgehend eine neue Ladung auf den Weg bringt. Und zwar ohne Umweg über New York, Baltimore oder Europa. Das Schiff soll auf direktem Weg von Richmond nach Charmantes segeln, und zwar innerhalb der nächsten vier Wochen und mit korrekten Frachtpapieren. Außerdem erwarte ich, dass eines der Schiffe von nun an wenigstens ein Mal monatlich zwischen Charmantes und Richmond pendelt.«
»Ausgerechnet Edward Richecourt? Dieser unfä hige Mensch hat doch keine Ahnung, wie man so etwas macht. Lass mich das auf meine Art erledigen. Wenn ich allerdings eines meiner Schiffe von der normalen Route abziehen muss, so werde ich dem Inselkonto sämtliche Kosten in Rechnung stellen. Wenn du verlangst, dass ein Schiff halb leer zwischen den Inseln und Richmond pendelt und jeweils Steine als Ballast laden muss, so solltest du eines deiner neuen Schiffe dafür einsetzen. Auf diese Weise würde das Familienunternehmen auch von deiner Großzügigkeit profitieren.«
»Tu einfach, was ich von dir verlange, John. Für die Bezahlung werde ich schon sorgen.«
John stand auf, doch Paul hielt ihn zurück. »Das war noch nicht alles.«
»Nein? Was hast du denn
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