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Der Fotograf

Der Fotograf

Titel: Der Fotograf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Katzenbach
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Karnickel, während ich malochen und den Scheißlohnscheck nach Hause bringen durfte, damit wir wenigstens was zu beißen hatten. Also hab ich ihnen einen Tritt in den Hintern verpasst. Und dann wollte die Schlampe nicht mit mir ausgehen! Verflucht, sie hat es verdient.«
    »Also fühlten Sie sich auf einmal frei.«
    »Klar! Ja. Frei. Es stand mir frei zu tun, was ich verdammt noch mal wollte.«
    Jeffers sah sich wieder im Raum um.
    »War es bei Ihnen allen so, dass irgendetwas Sie befreit hat?«
    Er sah, wie einige Köpfe langsam nickten.
    »Erzählen Sie mir davon.«
    Er sah, wie sie zögerten.
    Knight sagte: »Das ist bei jedem anders.«
    Weingarten fügte hinzu: »Es kann ’ne große Sache sein, oder auch eine kleine …«
    Knight bekräftigte: »Bei jedem ist es anders.«
    Martin Jeffers holte tief Luft. Dann ist alles aus. Trotzdem fragte er: »Nehmen wir mal an, da ist mehr. Mehr als das, was Sie getan haben, nehmen wir mal an, Sie würden noch einen Schritt weitergehen.«
    Die Männer schienen unter der Andeutung zusammenzuzucken.
    »Es gibt nur noch einen weiteren Schritt«, meinte Pope. »Sie wissen, welchen.«
    »Und wieso haben Sie es nicht getan?«
    »Vielleicht haben es ja ein paar von uns getan«, warf Meriwether ein. »Ich nicht, ich meine, das ist kein Geständnis oder so. Aber der eine oder andere von uns hat es getan.«
    »Was müsste passieren, dass Sie das Gefühl hätten, Sie dürften es tun?«
    Die Männer antworteten nicht.
    Jeffers wartete. Auch er sagte nichts.
    »Wozu wollen Sie das wissen?«, fragte Meriwether.
    Er zögerte und überlegte sich gut, was er antwortete.
    »Ich muss jemanden finden«, erklärte Jeffers.
    »Jemanden wie uns?«, wollte Bryan wissen.
    »Jemanden wie Sie.«
    »Jemanden, der noch schlimmer ist als wir?« Das war Senderling.
    Jeffers zuckte die Achseln.
    »Jemanden, den Sie gut kennen?«, hakte Senderling nach.
    »Ja, jemanden, den ich gut kenne.«
    »Und Sie glauben, er steckt irgendwo, und Sie können rausfinden, wo, ja?«, fragte Parker.
    »So ungefähr.«
    »Jemand, der Ihnen richtig nahesteht?« Senderling blieb beharrlich.
    Jeffers durchbohrte ihn mit seinem Blick und antwortete nicht.
    »Sie meinen, wir können Ihnen helfen?«, fragte Weingarten.
    »Ja«, bestätigte Jeffers.
    Weingarten lachte. »Hol mich der Teufel, wenn Sie nicht recht behalten sollen.«
    »Dieser Jemand«, stocherte Parker weiter, »der ist in diesem Moment drauf und dran, es wieder zu tun?«
    »Ja.«
    »Und Sie müssen ihn finden, um ihn daran zu hindern?«
    »Ja.«
    »Sonst …«
    »Richtig«, bekräftigte Jeffers, »sonst …«
    »Es ist v-v-v-verdammt wichtig, ja?«, warf Wasserman ein.
    »Ja.«
    Miller prustete los. »O Mann, Doc, ich kann Ihnen sagen, das ändert einiges.«
    »Ja, das tut es«, nickte Jeffers. Er starrte Miller streng an, so dass er augenblicklich verstummte.
    »Also, dann müssen Sie uns schon ein bisschen mehr verraten.«
    Jeffers zögerte.
    »Ich glaube«, begann er bedächtig, »er sucht gerade die Orte seiner Verbrechen auf.«
    Wieder lachte Miller los, aber nicht so bösartig wie zuvor.
    »Der Täter kehrt an den Ort des Verbrechens zurück?«
    »Das vermute ich.«
    Miller grinste. »Vielleicht ist es ja ein Klischee, aber so dumm ist das gar nicht. Verbrechen werden zu Erinnerungen, wissen Sie. Und wer ergeht sich nicht gerne in angenehmen Erinnerungen?«
    »Angenehm?«, fragte Jeffers nach.
    Die Männer in der Gruppe lachten und schnaubten verächtlich.
    »Haben Sie hier denn gar nichts gelernt?«, fragte Miller. Die Frage kam in triefend sarkastischem Ton. Jeffers ignorierte sie, und Miller fuhr fort: »Für Leute wie uns ist alles verkehrt herum! Wir lieben, was wir hassen. Wir hassen, was wir lieben. Schmerz ist Vergnügen. Liebe heißt Verletzen. Alles ist genau das Gegenteil, auf den Kopf gestellt, falsch herum. Begreifen Sie das denn nicht? Himmel!«
    Und plötzlich
hatte
er es begriffen.
    »Also«, forderte Miller ihn auf, und die Männer ringsum nickten zustimmend, »kramen Sie nach der so ziemlich schlimmsten Erinnerung, die sich denken lässt. Und es ist die beste.«
    Jeffers holte tief Luft, als ihn die Gedanken und Vorstellungen bedrängten und wie Gewitterwolken in seinem Kopf zusammenbrauten.Als er den Blick hob, sah er, wie der grauhaarige, tätowierte Pope, randvoll mit Wut, Hass und unversöhnlicher Abneigung gegen die Welt, den Mund öffnete und ihn mit leiser, schrecklicher Stimme anwies:
    »Suchen Sie nach einem Tod oder einer Trennung.

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