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Der Fotograf

Der Fotograf

Titel: Der Fotograf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Katzenbach
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zurückzuschwimmen. Oder, wenn sie schon meinen, sie müssten was tun, dann sollten sie parallel zum Strand schwimmen. So’ne Strömung ist meist nur zwanzig, dreißig Meter breit. Aber nein, die Leute strampeln wie verrückt. Sie verausgaben sich, sind erschöpft – aus und vorbei! Ich hab den Papierkram am Hals, und die Jungs von der Küstenwache müssen nach der Leiche suchen. Passiert am South Beach ein-, zweimal pro Jahr.«
    »In dem Artikel steht nur South Beach.«
    Holt las weiter. »Da wird erwähnt, die Familie hätte in West Tisbury gewohnt, aber er verrät nicht, wo.«
    »Ich weiß. Ich dachte, Sie erinnern sich vielleicht.«
    Er schüttelte den Kopf. Er sah auf die Zeitung.
    »Sagen Sie, was hat das mit einem Besuch bei Freunden zu tun?«
    Mercedes Barren lachte. »Also, Chief, das ist wirklich eine lange Geschichte, aber ich will versuchen, es kurz zu machen. Meine Freunde haben das Haus gemietet, und dort sind sie auf diese alte Zeitung gestoßen. Sie wussten, dass ich zu Besuch raufkommen wollte, und dachten, das könnte mich interessieren, also haben sie sie mir nach Miami runtergeschickt, zusammen mit einer Wegbeschreibung. Das Blöde ist nun, ich hab den Zettel mit der Wegbeschreibung und der Telefonnummer verlegt und die Zeitung behalten. Und jetzt versuche ich, sie zu finden.«
    »Hmmh.«
    »Möchte wetten, dass Sie es hier draußen im Sommer mit einer Menge Verrückter zu tun bekommen.«
    »Hmmh.«
    »Na ja, dann packen Sie mich am besten in Ihren Ordner ›Ferientrottel‹ und helfen mir, dieses Haus zu finden.«
    Holt brach in ein Grinsen aus.
    »Würde ein ganzes Regal füllen, nicht nur einen Ordner.«
    Er sah sich den Bericht noch einmal an. »Wir könnten vermutlich bei den Maklern ein bisschen rumtelefonieren und gucken, ob einer von denen die Hütte vermietet hat. Aber das kann dauern. Haben Sie es schon bei der
Gazette
versucht?«
    »Ja, aber die haben schon Feierabend.«
    Holt überlegte einen Moment.
    »Also, ich hätte da eine Idee. Wär zumindest einen Versuch wert.«
    Er griff nach dem Funkgerät und sagte: »Leitstelle, hier spricht Eins-Alpha-Eins, bitte kommen.«
    »Hallo, Holt«, begrüßte ihn Lizzy Barry. »Du müsstest doch längst zu Hause sein. Da wird dein Essen kalt.«
    »Leitstelle, ich hab hier eine Frau, die ihre Freunde sucht. Ist ’ne lange Geschichte, jedenfalls wohnen die in demselben Haus wie ein Kerl namens Allen in dem Sommer, als er ertrunken ist. Vor zwanzig Jahren. Erinnerst du dich an den Fall? Over.«
    Einen Moment lang knisterte es im Funkgerät.
    »Klar kann ich mich erinnern, Holt. Der ist am Abend noch mal schwimmen gegangen. Das war in dem Sommer, wo wir die Hitzewelle hatten, als es das eine Mal über vierzig Grad ging, weißt du noch? Ich weiß es so genau, weil an dem Tag mein Hund gestorben ist. Hitzschlag. War’n braver alter Hund, Holt, weißt du noch?«
    Holt erinnerte sich nicht mehr. »Sicher, sicher, ein Setter, nicht wahr?«
    »Nein, ein Golden Retriever.«
    »Ach so.« Holt wartete darauf, dass die Stimme weiterredete, doch am anderen Ende blieb es still. »Also, Leitzentrale … Lizzie, kannst du dich noch entsinnen, wo der Mann, der ertrunken ist, gewohnt hat? Over.«
    »Glaub schon. Ich bin mir nicht ganz sicher, aber ich meine, er wohnte am Great Pond in Tisbury. Am Finger Point. Könnte mich allerdings auch irren.«
    »Danke, Lizzie, roger!«
    »Gern geschehen, Holt. Over and out.«
    Holt hängte das Mikrophon ein. »Na, wie finden Sie das?«, wandte er sich an Detective Barren. »Die alte Lizzie ist wie eine Enzyklopädie. Sie kann sich so ziemlich an alles erinnern, was hier in der Gegend mal passiert ist. Zumindest alles, was irgendwie aufregend ist. Hören Sie, es wird wohl trotzdem nicht leicht für Sie, bei Nacht da runterzufinden. Siesollten sich für heute ein Hotel suchen und morgen früh hinfahren.«
    »Klingt vernünftig. Könnten Sie es mir trotzdem kurz auf der Karte zeigen?«
    Holt zuckte die Achseln. Er trat an die Wand und zeigte ihr die tiefsandige Einfahrt, nach der sich der holprige Feldweg erstreckte. Er wies sie auf die Weggabelung hin und erklärte ihr, welcher Pfad zum Finger Point hinunterführte. Er konnte sich nicht erinnern, wann er selbst das letzte Mal dort gewesen war. Vermutlich in den ganzen zwanzig Jahren seit dem Badeunfall kein einziges Mal. Er schüttelte den Kopf.
    »Denken Sie dran, da gibt es keine Lampen. Sieht alles gleich aus. Man kann sich ziemlich leicht verirren. Warten Sie bis morgen

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