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Der Fotograf

Der Fotograf

Titel: Der Fotograf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Katzenbach
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drittes Mal zu.
    »Doch, bestimmt«, wimmerte sie.
    Ein vierter Schlag traf ihr Gesicht.
    Dann in rascher Folge ein fünfter, sechster und siebter, bis der Mann die Schläge mit beiden Händen auf sie niederprasseln ließ, wie um das Feuer ihrer Hysterie zu schüren. In den Sekundenbruchteilen zwischen den Schlägen versuchte sie, das Wort »bitte« herauszuschluchzen, doch irgendwann gab sie auf unter dem Fausthagel, der aus dem Dunkel auf sie niederging, sie hob nur noch flehentlich die gefesselten Hände und ließ ihre Tränen für sie sprechen. Er hörte erst auf, als er vor Anstrengung keuchte.
    Er setzte sich auf den Bettrand und holte Luft, während sie still wimmerte.
    Nach einigen Sekunden hörte sie durch die Schmerzen und die Tränen hindurch wie aus weiter Ferne: »Du enttäuschst mich.«
    Sie fühlte seine Hände an ihrer Hose. Plötzlich zog er sie herunter und entblößte sie wie zuvor.
    »Hörst du mir zu?«, fragte er.
    »Ja, ja«, beteuerte sie, schlug die Augen auf und sah ihn an. Sie registrierte, dass er den Revolver in der Hand hielt.
    »Du bist ein zu großes Problem«, stellte er in festem, nüchternem Ton klar. »Ich hatte Hoffnungen in dich gesetzt. Aberich sehe, dass du nicht lernst. Also werde ich dich einfach nur vögeln und töten. Das hätte ich von Anfang an tun sollen!«
    Die Worte durchbrachen mit solcher Wucht ihre Todesangst, dass sie den inneren Rückzug aufgab und sich der Gegenwart stellte. »Bitte, nein, nein, nein, nein, nein, ich mach alles, geben Sie mir eine Chance, sagen Sie mir nur, was Sie wollen, was Sie brauchen, ich tu’s, alles, bitte, bitte, egal was, alles, bitte, nein, nein, nein, bitte, bitte, geben Sie mir noch eine Chance, ich werde Sie nicht enttäuschen, ich tu’s, was auch immer, Sie müssen es nur sagen, bitte, mir war nicht klar, bitte, alles, alles, alles …«
    Er stand neben dem Bett und zielte mit der Pistole auf sie.
    »O Gott, bitte, bitte«, schluchzte sie.
    Sie wollte an etwas anderes denken, den letzten Moment ihres Lebens woanders verbringen, doch sie sah nur den fürchterlichen Lauf des Revolvers. Sie stöhnte, während die Sekunden vergingen.
    »Alles?«, fragte er schließlich.
    »O ja, ja, ja, bitte, alles …«
    »Na schön. Wir werden sehen.«
    Für Sekunden verschwand er. Dann kehrte er wieder zurück. Er hatte den Elektroschocker in der Hand.
    »Tu dir selbst weh«, befahl er. Er zeigte auf ihr Geschlecht. »Genau da.«
    In diesem Moment schienen ihr plötzlich all die anderen Schmerzen, die sie schon erlitten hatte, unbedeutend. Die Panik nahm völlig von ihr Besitz. Sie merkte, wie sich ihre Kehle zuschnürte, als bräche all das, was er ihr angetan hatte, auf einmal über sie herein. Doch mitten in diesem Chaos der Gefühle fand sie einen einzigen klaren Gedanken: Zögere nicht, schärfte sie sich ein.
    Sie drückte den Elektroschocker in sich hinein und versuchteim selben Moment, sich gegen den Schmerz zu panzern, der in ihr losbrechen würde.
    Doch er blieb aus.
    Sie sah verwirrt auf.
    »Ausgeschaltet«, meinte der Mann.
    Er nahm ihr den Elektroschocker aus der Hand.
    »Eine Begnadigung«, sagte er und lachte. »Vom Zaren.«
    Sie brach – wie ihr schien, zum hundertsten Mal in den letzten Minuten – in Tränen aus.
    »Es gibt Hoffnung für dich.«
    Er wartete einen Moment.
    »Das meine ich wörtlich.«
    Er trat in den Schatten zurück und ließ sie ungestört weinen.
     
    Anne Hamptons erster Gedanke, als ihre Tränen versiegten, war, dass sich etwas geändert hatte. Sie war sich nicht sicher, was genau, doch sie fühlte sich wie ein Bergsteiger, der auf dem Gletschereis ausgerutscht und im freien Fall in eine Felsspalte gestürzt war, bis er plötzlich den Ruck des Sicherheitsseils spürte. Sie kam sich vor wie ein Jojo, kurz vor dem Punkt, an dem es zur Ruhe kommt – immer noch in Gefahr, doch für den Moment in Sicherheit. Zum ersten Mal gab sie der Hoffnung nach, dass sie durch Gehorsam eine Überlebenschance hatte. Sie versuchte, sich in Gedanken ihr Bild vor Augen zu führen, konnte es aber nicht. Sie entsann sich, dass sie einmal Träume und Ambitionen gehegt hatte, doch sie wusste nicht mehr, welche. Immerhin konnte sie sich mit dem Gedanken trösten, dass es ihr später vielleicht wieder einfallen würde, und beschloss zugleich, alles zu tun, was von ihr verlangt wurde, um am Leben zu bleiben. Sie blickte auf und sah, dass der Mann ihr ins Gesicht starrte. Er nickte, als wollte er ihr signalisieren, dass sie richtig

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