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Der Fotograf

Der Fotograf

Titel: Der Fotograf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Katzenbach
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lag.
    »Die werden wir für eine Weile nicht brauchen, oder?«, meinte er. Er knüpfte die Stricke auf, die sie ans Bett gefesselt hatten. »Zieh dich aus«, befahl er.
    Sie gehorchte. Sie empfand nichts, als er ihren Körper von oben bis unten absuchte.
    »Wie wär’s, wenn du eine Dusche nehmen würdest? Du wirst dich besser fühlen«, schlug er vor.
    Sie nickte und ging zögernd Richtung Badezimmer. Als sie die Tür erreichte, wandte sie sich noch einmal zu dem Mann um, doch er saß da und studierte in dem schwachen Licht eine Landkarte.
    Heißes Wasser überspülte sie, und sie dachte an nichts anderes als das Gefühl von Seifenschaum und Wärme. Sie hatte nicht gemerkt, wie kalt ihr gewesen war. Zum ersten Mal schien sie innerlich erfrischt, leer und unbeschwert. Sie blickte zum offenen Fenster, doch alles was sie sah, war graues Licht, das langsam die Dunkelheit durchdrang.
    Es machte sie seltsam traurig, das Wasser abzudrehen, als hätte sie etwas Altes, Vertrautes weggewaschen. Sie trocknete sich schnell ab und wickelte sich ein Handtuch als Turban um den Kopf, ein anderes um die Körpermitte. Sie versuchte, sich zu beeilen, doch ihr wurde schwindelig, und sie musste sich am Türrahmen festhalten, um das Gleichgewicht zu halten. Sie sah, wie der Mann hochsah. »Pass auf«, sagte er. »Rutsch nicht aus. Es wird einige Zeit dauern, bis du wieder ganz bei Kräften bist.«
    Sie setzte sich aufs Bett.
    »Es ist schon fast Morgen«, stellte sie fest. »Wie lange bin ich schon hier?«
    »Eine Ewigkeit«, antwortete der Mann. Er stand auf und kam auf sie zu. »Nimm das«, wies er sie an. Er hielt ihr eine Pille und einen Becher Wasser hin.
    Sie wollte fragen, was es war, überlegte es sich aber anders. Sie schluckte die Pille herunter. Er erriet ihre Gedanken.
    »Nur ein Schmerzmittel. Kodein, genauer gesagt. Damit du schlafen kannst.«
    »Danke«, erwiderte sie. Sie blickte zu der Karte hinüber.
    »Wann fahren wir?«
    Er lächelte. »Heute Abend. Es ist wichtig, dass ich auch ein bisschen Ruhe bekomme.«
    »Natürlich«, meinte sie und legte sich aufs Bett.
    Er wühlte einen Moment in dem Matchbeutel, der seine Waffen enthielt, und zog ein Paar Handschellen heraus. »Die werden bequemer sein als die Stricke«, sagte er. »Setz dich auf.« Sie gehorchte. Er legte eins ihrer Handgelenke in eine Schelle und die andere um das eigene. »Leg dich hin.« Sie ließ den Kopf auf das Kissen sinken. Er streckte sich neben ihr aus.
    »Träum was Schönes«, sagte er.
    Wie ein Paar nach der Liebe suchten beide Schlaf.
     
    Anne Hampton erwachte vom Rauschen der Dusche. Sie merk te sofort, dass sie wieder an das Bettgestell gefesselt war. Sie rollte sich, so gut es ging, wie ein Embryo ein und wartete. Das Handtuch, das sie sich um den Körper geschlungen hatte, war verschwunden, und sie war nackt. Einen Moment fragte sie sich, ob der Mann sie vergewaltigen würde, sobald er herauskam, doch der Gedanke verblasste ebenso schnell, wie er gekommen war, und wich einer dumpfen Gefügigkeit.
    Sie hörte, wie die Dusche abgestellt wurde, und nach wenigen Minuten erschien der Mann und trocknete sich ab. Er war nackt.
    »Tut mir leid«, entschuldigte er sich. »Ich musste dein Handtuch nehmen. Das hier ist ein billiges Etablissement; die geizen mit der Wäsche.«
    Sie wartete.
    »Nein«, sagte er nach einer Weile. »Zeit, dass wir weiterkommen.«
    Sie nickte.
    »Gut«, meinte er.
    Sie sah zu, wie er sich Unterwäsche, Jeans und ein Sweatshirt anzog. Eher beiläufig bemerkte sie, dass er äußerst fit war. Er kämmte sich kurz das Haar, setzte sich dann auf die Bettkante und schlüpfte in Sportsocken und Laufschuhe. Sie wartete auf einen Befehl, während der Mann seine Sachen zusammensuchte. Sie sah, wie er die Betäubungspistole und den Revolver in eine kleine Reisetasche warf. Er zog einen kleinen Koffer unter dem Bett hervor, und sie erhaschte einen Blick auf das Seersucker-Jackett, das gefaltet darin lag.
    »Bin gleich wieder da.«
    Sie sah ihm hinterher. Es war Nacht. Er kehrte augenblicklich zurück, eine mittelgroße rote Reisetasche in der Hand, die mit verschiedenen Reißverschlussfächern versehen war. »Tut mir leid«, erklärte er beschwingt, »aber ich musste bei den Farben und Größen schätzen. Normalerweise bin ich in solchen Dingen allerdings ziemlich gut.« Er nahm ihr die Handschellen vollständig ab und trat zurück, um ihr zuzusehen.
    Die Tasche war voller Kleider. Es waren eine Khakihose, eine Jeans, Shorts, eine

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