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Der Fotograf

Der Fotograf

Titel: Der Fotograf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Katzenbach
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uns?
    Rechts von ihm regte sich der Pfleger Simon. Er streckte die Glieder und stand auf.
    Jeffers hörte, wie die Männer mit den Stühlen rückten, und fühlte sich an eine Grundschulklasse kurz vor der Pausenglocke erinnert.
    »Gut«, meinte Martin Jeffers. »Das war’s für heute.«
     
    Martin Jeffers sah den Männern nach, die allein oder in Grüppchen den Tagesraum verließen. Er hörte das Lachen durch den Flur. Als er allein war, sammelte er seine Papiere ein, machte ein paar Einträge in sein Notizbuch und schlenderte noch eine Weile durchs Zimmer, um die Sonne im Rücken zu genießen. Es war still, und er kam zu dem Schluss, dass die Sitzung ein Erfolg gewesen war: Keine Handgreiflichkeiten, kein unversöhnlicher Streit, auch wenn es nicht schaden konnte, Miller und Meriwether im Auge zu behalten. Es war ein wenig Fortschritt zu verzeichnen. Vielleicht konnten sie Weingartens Geschichte weiter vertiefen. Er beschloss, in der nächsten Sitzung das Thema Eifersucht anzuschneiden, und zog die Tür hinter sich zu.
    Der Anstaltsflur war menschenleer, und er lief zügig am Eingang vorbei zu einer der Stationen. Er blickte durch die Glasscheibe in der Tür und hatte dasselbe lethargische Bild wie jeden Tag vor Augen. Ein paar Leute, die schwatzend herumstanden, und andere, die Selbstgespräche führten. Einige lasen, andere spielten Schach oder Dame. In einer Anstalt dreht sich so viel darum, einfach nur Zeit totzuschlagen. Die Patienten werden wahre Meister darin, bestimmte Tätigkeiten in die Länge zu ziehen, so dass die Mahlzeiten und andere Höhepunkte ewig dauern konnten. Zeit wurde in voller Absicht vergeudet, und das war für Menschen, für die sie alle Dringlichkeit verloren hatte, gar nicht mal unvernünftig.
    Als er sein Büro erreichte, entdeckte er an seiner Tür eine Notiz: UMGEHEND IN DR. HARRISONS BÜRO ANRUFEN!Dr. Harrison leitete die Heilanstalt. Jeffers betrachtete die Notiz und fragte sich, worum es wohl ging. Er schloss auf und legte die Papiere ab. Er drehte sich um und starrte für einen Augenblick auf das Bücherregal aus Stahl, das sich unter der Last von Papieren, Akten und Lehrbüchern bog. An der Wand hing ein Kalender mit Gemälden von Vermont. Das erinnerte ihn plötzlich an eine gute Zeit: Da haben wir viel Spaß gehabt, dachte er. Angeln und Zelten. Er dachte an die Forelle, die Doug gefangen und wieder ins Wasser geworfen hatte, nur um den Spott ihres Vaters zu ernten: »Wenn du sie erst mal berührst, wischst du etwas von dem Schleim weg, den sie am Körper haben, und dann erkälten sie sich und sterben. Du kannst eine Forelle nicht einfach wieder ins Wasser werfen.« Und dann hatte ihr Vater weitergelacht und mit dem Finger auf seinen Bruder gezeigt. Martin Jeffers überlegte, ob es wohl stimmte. Er hatte es nie überprüft. Es machte ihn richtig verlegen, wenn er daran dachte, wie er durchs Leben gegangen war und von dem Moment an geglaubt hatte, dass man eine Forelle nicht ins Wasser zurückwerfen konnte, ohne sie damit zu töten. Dr. Harrison ist Angler, dachte er, verdammt, ich werde ihn fragen.
    Er nahm den Hörer ab und wählte den Anschluss des Verwaltungsdirektors. Die Sekretärin meldete sich.
    »Hallo, Martha. Marty Jeffers. Ich habe Ihren Zettel gefunden. Was hat der Chef auf dem Herzen?«
    »Ach, Dr. Jeffers«, sagte die Sekretärin, »Genaues weiß ich auch nicht, aber hier ist eine Kripobeamtin. Extra von Florida heraufgekommen, aus Miami, sagt sie, und sie möchte mit Ihnen sprechen …«
    Die Sekretärin zögerte, und Jeffers dachte an Palmen und Strände. »Ich war noch nie in Miami«, meinte er. »Wollte immer mal hin.«
    »Ach, Doktor«, fuhr die Sekretärin fort, »sie sagt, es gehe um einen Mordfall.«
    Jeffers fragte sich einen Moment, ob die Forelle vielleicht, nachdem sie angefasst worden war, wusste, dass sie sterben würde; ob sie vielleicht wegschwamm, um sich einen warmen Strudel hinter ein paar Felsen zu suchen, um sich dort ihrer Umgebung zum Trotz zu Tode zu frieren.
    »Bin gleich da«, erklärte er.

5. KAPITEL
Eine einzigartige Jagd
     
8.
    Das Wort hallte in ihr nach:
Alkoholrückstände
.
    Zuerst fragte sie sich, ob ihre Wangen von den Tränen, die ihr heruntergelaufen waren, Narben davongetragen hatten; gleichzeitig fühlte sich ihr Herz an, als hätte es ihr jemand im Leib verdreht und verzerrt. Sie sah in den Spiegel und erwartete fast, da, wo sich ihr Kummer Bahn gebrochen hatte, bleibende rote Spuren auf ihrer Haut zu sehen. Es waren

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