Der Frauenhaendler
klingelt, schrille Töne, die von den Wänden zurückprallen und über die Möbel, die Lampen, die Teppiche und die Bücher im Regal hüpfen.
Jetzt gibt es nur noch einen einzigen Ort, an dem ich ihn finden könnte. Ich weiß, dass er eine kleine Villa am Lago Maggiore hat, in der er, Hurenbock, der er ist, gelegentlich das Wochenende mit seiner jeweils aktuellen Lady Starnazza verbringt. Manchmal habe ich ihn auch schon selbst mit einer versorgt. Gratis et amore Dei, was dann in der Bilanz als PR-Kosten verbucht wurde.
Ich meine, mich auch an den Namen des Orts zu erinnern.
Nachdem ich die Nummer gewählt habe, unter der die Telefongesellschaft Auskünfte über die Teilnehmer erteilt, erkundige ich mich nach der Telefonnummer von Ugo Biondi in Arona. Meine Zweifel, ob ich den Ort richtig erinnere, werden schnell behoben, als eine Stimme mir die gefragte Nummer nennt.
Ich wähle wieder.
Jede Bewegung ist jetzt präzise, jeder Klang rein. Der Finger in den Löchern der Wählscheibe, das Geräusch, wenn sie sich wieder zurückdreht. Ich bin klar und entschlossen, als hätte ich Kokain geraucht.
Am anderen Ende klingelt das Telefon. Lange. Niemand kommt, um den Hörer abzunehmen. Die Stimme überrascht mich, als ich schon wieder auflegen will.
»Ja bitte?«
Er ist ein wenig außer Atem, als wäre er gerannt, um rechtzeitig zum Telefon zu gelangen.
»Ciao, Ugo. Hier ist Bravo.«
Jetzt bleibt ihm erst recht die Luft weg. An seiner Stelle würde ich genauso reagieren.
»Verdammt. Wo bist du?«
»An einem Ort.«
Er bringt es auf den Punkt.
»Du steckst bis über beide Ohren in der Scheiße.«
»Nicht mehr. Ich habe alles geklärt.«
»Wie darf man das verstehen, du hast alles geklärt?«
»Ich bin unschuldig, und ich habe Beweise. Es ist meine Absicht, mich zu stellen, und ich möchte, dass du mich begleitest. Vermutlich wirst du zu einer gewissen Berühmtheit gelangen. Die Sache ist nicht ganz einfach, aber was ist schon einfach auf dieser Welt?«
Eine Sekunde, um die Sache zu erwägen. Eine Sekunde, um zu antworten.
»Ich bin am See.«
Unwillkürlich muss ich lachen. Mein Anruf muss ihn einigermaßen überrascht und verwirrt haben, wenn er eine solche Dummheit von sich gibt.
»Das weiß ich. Schließlich habe ich dich dort angerufen.«
»Herr im Himmel, das ist mir schon klar. Ich wollte nur sagen, dass es ein bisschen dauert, bis ich wieder in Mailand bin.«
»Lass dir Zeit, schließlich ist niemand hinter dir her.«
Auf der anderen Seite herrscht erneut Schweigen. Vermutlich fragt er sich, wie es sein kann, dass ich in meiner Situation immer noch zum Scherzen aufgelegt bin. Er kann nicht ahnen, dass ich auf einen der schönsten Momente meines Lebens zusteuere.
Ich nutze das Schweigen, um fortzufahren.
»Wie viel Zeit denkst du, brauchst du ungefähr?«
»Hängt vom Verkehr ab. Eineinviertel, eineinhalb Stunden.«
»Dann sehen wir uns in eineinhalb Stunden in deiner Kanzlei.«
Ich lege auf, ohne ihm die Möglichkeit zu einer Erwiderung zu geben. Selbst wenn ich ihn beim Vögeln unterbrochen haben sollte, bin ich mir sicher, dass er seine Schöne auf halbem Weg ins Paradies liegen lässt, in seine Hose springt und sich mit der Höchstgeschwindigkeit des Wagens, den er fährt, auf den Weg nach Mailand macht.
Jetzt muss ich ein weiteres Mal auf Glück hoffen. Ich öffne ein paar Schubladen und Türen, bis ich ein Telefonbuch von Mailand finde. Auf den Tisch gestützt, suche ich die Privatnummer von Stefano Milla. Er könnte im Dienst sein, was bei all dem Ärger der jüngsten Zeit sehr wahrscheinlich ist. Einen Anruf im Kommissariat möchte ich mir aber für den äußersten Notfall vorbehalten.
Beim sechsten Klingeln meldet er sich mit verschlafener Stimme. Vermutlich hatte er die ganze Nacht Dienst, und ich habe ihn geweckt. Versteht sich von selbst, dass mir das scheißegal ist.
»Hallo?«
»Ciao, Stefano. Hier ist Bravo.«
Schweigen. Ich weiß, dass er seinen Ohren nicht traut. Dann höre ich das Rascheln von Bettzeug. Offenbar hat er sich ruckartig aufgesetzt.
»Hallo?«
»Hab ich doch schon gesagt. Hier ist Bravo.«
»Dann habe ich mich wohl leider doch nicht verhört. Ich wollte nur sichergehen.«
Ich schicke meine schönste beiläufige Stimme in die Leitung.
»Wie geht’s?«
»Du bist ein Arschgesicht. Hast du eine Ahnung, wie viele Leute unterwegs sind, um dich zu suchen?«
Nichts kann ein Arschgesicht so gut erkennen wie ein anderes Arschgesicht, das muss man ihm
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