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Der Frauenjäger

Der Frauenjäger

Titel: Der Frauenjäger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Hammesfahr
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finde ich abtörnend. Auf Dauer werde ich wohl aufpassen müssen, dass mein Spatz nicht zu viel Fett ansetzt. Zum Glück gibt es tolle Bücher mit leckeren Diätrezepten. Und im Gegensatz zu euch habe ich immer etwas zu lachen.»
    Dabei hatte Annette kaum bedacht, dass sie sich eines Tages nach ernsthaften Gesprächen sehnen könnte und dass ständigeDiskussionen ums Haushaltsgeld überhaupt nicht lustig waren.
    Wenn es bei Barlows Unstimmigkeiten gab, ging es immer nur um Geld, das Annette haben und Christoph nicht herausrücken wollte. Er verdiente weiß Gott nicht schlecht und investierte ein Vermögen in Wohnzimmerelektronik. Aus Stereoanlage, Fernseher und Videorekorder hatte er im Laufe der Zeit eine Multimediaanlage gemacht. Alle wichtigen Geräte waren in doppelter Ausführung vorhanden. Aber wenn Annette sich eine Jeans außer der Reihe gönnen wollte oder Kirsten Geld für einen Schulausflug brauchte, führte Christoph sich auf, als stünde er unmittelbar vor dem Offenbarungseid.
    Nur Werner hatte bisher keine negativen Eigenschaften gezeigt. Nach dreijähriger Probezeit und zwanzig Ehejahren erwartete Marlene auch keine unliebsamen Überraschungen mehr. Er war der Mann im blauen Hemd geblieben, kaufte seine Hemden nur nicht mehr bei C&A.   Aber er ließ sie auch nicht maßschneidern, man musste das Geld ja nicht zum Fenster hinauswerfen.
    Und er liebte sie auf eine Art, die sich kaum in Worte fassen ließ. Allumfassend, unerschütterlich, unerreichbar. Für ihn war sie ein Wunder. Die Frau, die zwei wundervollen Menschen, seinen Kindern, ein höchstwahrscheinlich sehr langes Leben geschenkt hatte. Natürlich hätte er ihr keine Chinesen gekauft, aber jede Erleichterung beschafft, die es zu kaufen gab, wenn sie ein Bein verloren hätte. Ihr das zum Vorwurf zu machen war wirklich gemein.
    Als Annette auffiel, dass sie ins Fettnäpfchen getreten war, wechselte sie schnell das Thema, zeigte hinter sich auf die drei DIN-A 4-Seiten an der Glasfront, die man von innen nicht lesen konnte, und erklärte: «Gestern Abend rief sie an. Ich konnte nicht mal mehr eine Anzeige in die Zeitung setzen lassen. So hatte ich mir das eigentlich nicht vorgestellt.»
    Marlene hatte nicht die geringste Ahnung, von wem Annette sprach. Sie war in Gedanken noch bei drei Chinesen und einem einbeinigen Siebzehnjährigen, der seiner Mutter nie verzeihen würde, obwohl die ihm den Autoschlüssel nicht griffbereit auf die Garderobe gelegt hatte. Sie fragte sich, ob Ulla sich bisher nicht bei ihr gemeldet hatte, weil sie genauso dachte wie Annette.
Wie willst du mich denn trösten? Du weißt doch gar nicht, was Sorgen sind, du hast zwei Vorzeigeexemplare von Jugendlichen und Werner.
    Die anderen hatten ihn doch damals nicht gewollt. Gut, Ulla hatte sich in dieser Hinsicht nie geäußert, und Karola hatte ihre Meinung ziemlich bald geändert. Blieb Annette, die Werner nicht nur als analfixiert bezeichnete. Sie hatte auch mal gesagt, nach drei Sätzen aus seinem Mund hätte sie gewusst, wes Geistes Kind er sei. Der Planer und Macher, der einer Frau nicht den Freiraum ließ, sich selbst zu finden. Marlene hatte noch nie nach sich gesucht.

Nummer neun
    Es ließen sich nicht alle spitzen Steine beseitigen, viele, vor allem größere, waren fest mit dem Untergrund verbunden. Doch was lose herumlag, wischte Marlene zur Seite, ehe sie sich ein paar Zentimeter weiterbewegte. Auf die Weise kam sie sicher, aber extrem langsam voran, sozusagen im Schneckentempo.
    Sie war durstig, mehr als das, sie fühlte sich ausgetrocknet, konnte kaum noch schlucken und gierte nach Wasser. Frisches, klares, prickelndes Wasser, das den ätzend sauren Pelz von den Schleimhäuten spülte und die heisergebrüllte Kehle frei machte. Und irgendwo in der Finsternis waren diese vertrauten Geräusche,die sie unmittelbar nach dem Aufwachen als Werner unter der Dusche gedeutet hatte.
    Vermutlich hatte sie nur wegen dieser Geräusche die Mulde verlassen, in der sie zu sich gekommen war. Ihr Instinkt musste sie in Bewegung gesetzt und angetrieben haben, lange bevor es ihr bewusstwurde.
    Jedes Mal, wenn Marianne Faithfull mit dem warmen Wind in Lucy Jordans Haar zum Ende der Ballade kam und die letzten Takte verklangen, hörte sie es, ehe die Musik erneut einsetzte. Und da es nicht die Dusche sein konnte, aber trotzdem so klang wie daheim, musste es sich um das Plätschern eines Bachs handeln.
    Zum x-ten Mal kehrte Stille ein. Und da war es wieder für drei, vier, höchstens

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