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Der Frauenjäger

Der Frauenjäger

Titel: Der Frauenjäger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Hammesfahr
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endlichinformiert hat. Wenn du es bei Scheidweber probieren willst, tu das. Du kriegst entweder ihre Assistentin oder den Nachfolger von Andreas an die Strippe. Die schotten Ulla regelrecht ab. Und ich schätze, die Art von Beistand ist ihr lieber, als wenn eine von uns bei ihr auftaucht. Für uns ist sie seit Jahren die Bedauernswerte, die einen Berg nach dem anderen bewältigen muss. Bei Scheidweber ist sie die Frau, die einen sagenhaften Aufstieg hingelegt hat.»
     
    Wahrscheinlich sah Annette es richtig. Das hieß aber noch lange nicht, dass sie Marlene ebenso treffsicher beurteilte.
Die kommt schon, ich muss sie nur lange genug bequatschen.
Diesmal nicht! Marlene war beleidigt. Und Werner hatte frühmorgens nicht sagen können, ob er es schaffte, sie anzurufen, um mitzuteilen, ob und wann er nach Hause käme. Aber wenn er es schaffte und sie nicht daheim wäre   …
    Ein Handy besaß sie nicht. Wann hätte sie das benutzen sollen? Während einer Fahrt zum Einkaufscenter oder zum Sportplatz? Weitere Strecken legte sie nur zurück, wenn sie ihren Sohn zu einem auswärtigen Fußballspiel kutschierte. Dann hatte sie meist fünf oder sechs Jungs mit Handy im Van. Wenn sie ihre Tochter mit Freundinnen zur nächsten S-Bahn -Station fuhr, waren es drei Mädchen, die notfalls einen Pannendienst anrufen konnten – zumindest auf der Hinfahrt. Ein eigenes Handy wäre Geldverschwendung gewesen.
    «Ich kann heute Abend trotzdem nicht», behauptete sie und erlaubte sich einen Hinweis auf den Stachel, mit dem Annette sie verletzt hatte. «Und drei Chinesen, die ich ersatzweise herschicken könnte, habe ich leider nicht.»
    Annette stutzte. «Bist du deswegen etwa eingeschnappt? Wenn du einen auf Mimose machen willst, sag beim nächsten Mal rechtzeitig Bescheid, dann lege ich jedes Wort auf die Goldwaage.»
    «Ich bin nicht eingeschnappt», erklärte Marlene und log gleich weiter: «Ich habe nur Leonard versprochen, ihn zum Training zu fahren. Das fängt um sechs an. Diese Lesung kommt einfach zu plötzlich.»
    «Ja, ich weiß», räumte Annette nun leicht zerknirscht ein. «Aber was hätte ich denn machen sollen? Ich hab ja versucht, die Merz auf nächste Woche zu drücken. Darauf ließ sie sich nicht ein. Entweder heute oder gar nicht. Bis nächste Woche hätte sie vielleicht keine Courage mehr, meinte sie. Ich musste zugreifen, Marlene. Kannst du Leonard nicht bitten, mit dem Rad zu fahren?»
    Da er das ohnehin vorhatte, musste sie ihn nicht bitten. «Ich kann’s versuchen», sagte sie – nicht mehr gar so abgeneigt. Ihre Neugier war erwacht. Courage? Wieso brauchte man Mut, um aus einem Buch vorzulesen, das man selbst geschrieben hatte?
    Sie dachte an Salman Rushdies
Satanische Verse
. Hatte «die Merz» etwas Vergleichbares zu Papier gebracht? Oder war es ihr erstes Buch, und sie hatte schlichtweg Horror vor dem Publikum?
    Annette legte ihr eine Hand auf den Arm und bat: «Lass mich nicht hängen, Marlene. Es wird bestimmt toll. Stell dir vor, sie bringt das Band mit. Die Mädchen holen gerade die Anlage. Christoph wird mir den Kopf abreißen, aber das nehme ich in Kauf. Ich überlege nur, ob wir auch ein Mikrophon brauchen.»
    «Das glaube ich nicht», sagte Marlene. So groß war die Bücherstube nicht, und bisher war es immer ohne Mikro gegangen. Aber es wurde immer interessanter. Mit einem Band musste ein Tonband gemeint sein. Und wenn Annette sogar einen Krach mit ihrem Geizhals riskierte, um es abzuspielen, musste darauf etwas Besonderes zu hören sein.
    Annette war mit ihren Gedanken bereits wieder bei zweiDutzend leeren Klappstühlen. Von ihrer Kundschaft hatte sie keine festen Zusagen bekommen. Mit Ulla und Matthias rechnete sie nicht, hatte Matthias nicht mal Bescheid gesagt. Christoph hatte einen unaufschiebbaren Kundenbesuch vorgeschoben.
    «Ist mir lieber, wenn er nicht dabei ist», sagte sie. «Das ist nun wirklich kein Thema für seine Witze.»
    Karola hatte fest zugesagt, wollte beide Töchter mitbringen und auch Stefanies Freund abholen. Aber dass der junge Inder sich überreden ließ, bezweifelte Annette. «Wahrscheinlich sind wir ein reiner Frauenclub. Macht nichts. Hauptsache, ich sitze hier nicht allein mit der Merz und Karola. Sonst reden wir am Ende nur über Andreas. Hat sie dir schon erzählt, dass er   …»
    Mitten im Satz brach Annette ab, schlug sich mit der flachen Hand an die Stirn und schnappte wieder das schnurlose Telefon. «Gläser! Hab ich völlig vergessen. Ich dachte, ich reiche

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