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Der Frauenjäger

Der Frauenjäger

Titel: Der Frauenjäger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Hammesfahr
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Opfer gefallen war, vors Mikrophon zu bekommen war eine ganze andere. Mit so etwas konnte Karola nicht jeden Tag dienen –bisher noch nie. Vom Kopfschütteln der Autorin ließ sie sich nicht abschrecken.
    Annette erkundigte sich im Flüsterton bei Marlene, was der widerliche Bulle noch von ihr gewollt habe. Die Antwort wartete sie wie so oft nicht ab, fügte mit einem Wink auf Karola an: «Wenn sie sich einbildet, dass sie sich hier auf meine Kosten die Wampe vollschlagen und in einem Aufwasch ihren Nachwuchs satt machen kann, hat sie sich geschnitten.»
    «Habt ihr Krach, oder was ist los?», fragte Marlene ebenso leise.
    Bei Ullas Geburtstagsfeier letzten Samstag hatte Annette auch eine lästerliche Bemerkung fallenlassen, auf die Marlene sich keinen Reim machen konnte. Dass Annette sich nach all den Jahren dermaßen über Karolas Art aufregte, war ungewöhnlich und musste einen besonderen Grund haben.
    Annette winkte ab. «Erzähl ich dir ein andermal, wenn wir unter uns sind.»
    Der Kellner unterbrach Karolas Bemühungen, als er die Speisekarten wieder einsammelte und die Bestellungen entgegennahm. Heidrun Merz wollte nur einen kleinen, gemischten Salat zu ihrem Mineralwasser. «Wenn ich aus
Monas Tagebuch
gelesen habe, ist mein Magen jedes Mal wie zugeschnürt», erklärte sie. «Aber nach dem Sekt esse ich lieber einen Happen. Ich muss ja noch fahren.»
    «Bleiben Sie nicht über Nacht?», erkundigte Karola sich mit einem Hauch von Enttäuschung in der Stimme.
    «Das lohnt nicht», sagte Heidrun Merz.
    Sie wohnte in Düsseldorf-Meerbusch – zusammen mit ihrem Schwager, wie sie nun freimütig zugab. Einen Hehl aus ihrer Beziehung zu Josch Thalmann machte sie nicht. Obwohl sie niemandem in der Runde Rechenschaft schuldig war, sagte sie: «Es hat sich so ergeben. Wir haben es nicht darauf angelegt. Aber nachdem wir einsehen mussten, dass Mona nie zurückkommt   …Wir waren beide allein und sind uns eben nähergekommen.»
    «Das ist menschlich und verständlich», befand Karola.
    Heidrun Merz nickte versonnen. «Josch wollte nicht in der Stadtwohnung bleiben, wo alles an Mona erinnerte. Ich wollte auch nicht mitten in Düsseldorf leben. Also haben wir uns etwas anderes gesucht. Aber derzeit denke ich über einen Umzug nach. Köln wäre für mich aus beruflichen Gründen praktischer. Für Josch macht es kaum einen Unterschied.»
    «Was machen Sie denn beruflich?», wollte Karola wissen.
    «Fernsehen», sagte Heidrun Merz.
    Annette verschluckte sich vor Schadenfreude beinahe an ihrem Orangensaft und ließ die Auskunft genüsslich über die Zunge fließen: «Frau Merz ist Redakteurin von
Wo bist du?
».
    Karola war mehr als verblüfft. Die Sendung über Vermisstenfälle war ihr ein Begriff, auch wenn die nur im Regionalprogramm ausgestrahlt wurde. Doch von der Tatsache, dass Heidrun Merz mit einer Fernsehsendung entschieden mehr hätte erreichen können als sie mit lokalem Rundfunk, ließ Karola sich ebenso wenig beeindrucken wie vom anhaltenden Kopfschütteln der Autorin.
    Und Heidrun Merz musste einräumen, dass übergeordnete Redakteure und die Sendeleitung es nicht gerne sahen, wenn ein Mitglied der Crew Eigenwerbung für ein Buch machte, das von der Öffentlichkeit doch sehr kontrovers aufgenommen worden war. Abgesehen davon stand sie nicht selbst vor der Kamera. Sie recherchierte, trug Material und Fakten zusammen und entschied mit, welche Fälle vorgestellt wurden. So war sie auf die sechs ähnlich gelagerten aufmerksam geworden. Frauen wie Mona, nicht unbedingt alle depressiv, aber alle unzufrieden mit ihrer persönlichen Situation. Und alle hatten sie Affären gehabt. Deshalb nahm die Polizei ihr Verschwinden nicht ernst.
    Annette beteiligte sich lebhaft am Gespräch, wenn Karola ihrdie Chance dazu einräumte. Marlene schwieg wie immer und hörte zu. Nach und nach wurden einige ihrer Fragen beantwortet. Entweder warfen Karola und Annette etwas auf, oder Heidrun Merz fühlte sich aus eigenem Antrieb verpflichtet, Auskünfte zu geben, um die niemand ausdrücklich gebeten hatte. So auch über die Agentur Sirius.
    Mona war eben nicht gerne alleine ins Theater, ein Konzert oder eine Kunstausstellung gegangen. Wenn weder Ehemann noch Schwester es einrichten konnten mitzukommen, hatte sie sich von einer Mitarbeiterin dieser Agentur begleiten lassen. Eine durch und durch seriöse Angelegenheit. Die Agentur Sirius legte bei ihren Mitarbeiterinnen den größten Wert auf eine exzellente Allgemeinbildung und

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