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Der Frauenjäger

Der Frauenjäger

Titel: Der Frauenjäger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Hammesfahr
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Weiber in die Wüste, wenn er ihrer überdrüssig ist. Beachte die Wortwahl. Genau so hat er es ausgedrückt. Da dachte ich mir, lass ihn mal lieber alleine Urlaub machen, ehe du irgendwo zwischen Sanddünen verschüttgehst.»
     
    Mit einem langen Seufzer schob Karola ihre leere Suppentasse von sich und machte sich daran, die Krümel ihres Brötchens mit einer Fingerspitze vom Tisch aufzunehmen und in die Tasse zu bröseln. «Wie oft habe ich nachts im Bett gelegen und mich gefragt, wen er diesmal aufgegabelt hat und wer sie vermisst, wenn sie nicht wiederauftaucht. Solange keine Leiche gefunden wird, sieht die Polizei doch keinen Handlungsbedarf.»
    «Willst du damit andeuten, er hätte Anhalterinnen   …» Getötet, umgebracht, ermordet, keiner dieser Ausdrücke wollteMarlene über die Lippen. Sie ärgerte sich, dass sie Andy, den Jäger, erwähnt hatte. Karola wäre nicht Karola gewesen, hätte sie das nicht aufgegriffen und schön schaurig ausgeschmückt.
    Aber doch nicht dieser Robert-Redford-Verschnitt mit dem gutmütigen Grinsen, dem Dackelblick und dem zugegebenermaßen etwas abfällig klingenden «Lenchen». Sie sah ihn vor sich, wie sie ihn zuletzt gesehen hatte: bei der Einweihungsparty der Bücherstube, als er zu Annette sagte: «Du hast es richtig gemacht, Nette. Auch wenn es eine Menge Stress, viele schlaflose Nächte und noch einige Diskussionen mit Chris nach sich ziehen sollte, man muss an sich glauben und tun, wozu man sich berufen fühlt. Sonst merkt man irgendwann nicht mehr, dass man überhaupt noch lebt.»
    Statt ihre halbe Frage zu beantworten, zerbröselte Karola noch einen Krümel über der leeren Suppentasse und sagte: «Es war verdammt nochmal nicht so, wie ihr es gesehen habt. Karola hockt wie eine Glucke auf den Eiern, und der Gockel ist abgemeldet. Nur deshalb vögelt der Ärmste fremde Weiber.»
    Es wurde peinlich. Was sie damals gedacht hatten, hatte Karola treffsicher formuliert. Und sie hatten es nicht nur gedacht, sie waren davon überzeugt gewesen. Weil Karola damals doch immer wieder gesagt hatte: «Er kommt schon irgendwann zur Vernunft.» So sprach man doch nicht über einen Mörder, die kamen so schnell nicht zur Vernunft, Serienmörder bestimmt nicht. Und auf Serienmörder lief es bei all den
Abenteuern
hinaus.
    «Stefanie war zwei Monate alt», fuhr Karola fort. «Da bekam sie nachts hohes Fieber. Er war unterwegs. Meine Schwiegermutter mochte ich nicht wecken. Die regte sich immer fürchterlich auf, wenn sie mitbekam, dass Andreas noch spät vom Hof fuhr. Ich glaube, sie ahnte etwas. Ich wollte mir gerade ein Taxi rufen und mit Stefanie zum Krankenhaus nach Birkesdorf fahren, als er zurückkam. Und ich dachte, das Geld fürsTaxi kann ich sparen, so dicke hatten wir es ja damals nicht. Es schien ihm nicht recht zu sein, mich in den Jeep zu lassen. Aber er sah, dass es dem Kind wirklich nicht gutging, und ließ mich einsteigen. Im Fußraum vor dem Beifahrersitz lag ein hellblauer Büstenhalter. Den sehe ich heute noch vor mir. Es waren Röschen draufgestickt, rosafarben. Und ein dunkelrotes – dachte ich im ersten Moment. Ich hob den BH auf und sagte: ‹Dein Abenteuer hat was vergessen.› Er riss mir das Teil aus der Hand, dabei merkte ich, dass die dunkelrote Stelle keine aufgestickte Rose, sondern ein feuchter Fleck war. Und er schnauzte mich an: ‹Die braucht den nicht mehr. Und du hast nichts gesehen. Hab ich mich klar genug ausgedrückt?› Ich habe nur genickt. Was hättest du an meiner Stelle getan?»
    Marlene zuckte mit den Achseln, wusste beim besten Willen nicht, was sie von dieser Geschichte halten sollte. Blut auf einem Büstenhalter! Frisches Blut, wenn der Fleck noch feucht gewesen war. Vielleicht nur eine blutende Nase, was harmlos gewesen wäre, obwohl eine Nase meist blutete, wenn man geschlagen wurde. Dachte man sich so etwas aus, um einer Horrorgeschichte die richtige Farbe zu verpassen, wenn man zwanzig Jahre lang mit einem Mann zusammengelebt und zwei Kinder von ihm bekommen hatte?
    Wenn man Karola hieß, war es vermutlich eine Kleinigkeit, ein Tröpfchen frisches Blut auf einen BH zu zaubern, der möglicherweise wirklich im Jeep gelegen hatte. Karola hatte ja auch, ohne mit einer Wimper zu zucken, so tun können, als säße die Freundin von Heidrun Merz bei ihr im Studio.
    Karola nickte versonnen, nahm ihre Gulaschdosen und erkundigte sich: «Musst du los, oder hast du noch Zeit?»
    Zeit hatte Marlene noch mehr als genug. Daheim warteten nur der

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