Der Fremde aus dem Meer
besäße ihn. Dann hatte er seine Furcht als grundlos verworfen. Die beiläufige Bemerkung, dass er seine Erbschaft kenne, hatte er so verstanden, dass er über den alten Streit zwischen den Familien Bescheid wusste. Mehr nicht.
Er ließ sich auf das Bett fallen, und seine Schultern sackten unter der Last seiner schweren Fehler der Vergangenheit zusammen. Mein Gott, er konnte es schon in den Schlagzeilen der Zeitungen lesen. Dies würde schlimmer sein als alles, was Sloane je getan hatte.
Sloane. Er verließ das Schlafzimmer, rannte beinahe den breiten Gang hinunter und riss die Tür auf. Sein Blick ging sofort zu ihrem Bett, und sie drehte sich leise unter den Decken, als wolle sie ihn beruhigen, dass alles in Ordnung sei. Tief aufseufzend kehrte er in sein Schlafzimmer zurück, schlüpfte hinein und schloss die Tür hinter sich.
Er fragte sich noch immer, wie sie so lautlos hatten eindringen können. Alle, bis auf zwei Zugänge, waren verschlossen. Während er sich von der Tür löste, entschied er sich dafür, einen Drink zu nehmen. Er ging auf die eingebaute Bar zu. Plötzlich blieb er wie angewurzelt stehen. Sein Blick konzentrierte sich auf die leere Mitte des Teppichs. Langsam trat er näher, und sein Herzschlag beschleunigte sich mit jedem Schritt. Mein Gott! Der Brief! Er schnappte ihn vom Boden und befühlte ihn beinahe ehrfürchtig. Das Rothmere-Siegel, das Annora angebracht hatte, war noch intakt.
Warum hatte man ihn aber dann ausgefragt, ihm gedroht, wenn man ihm am Ende doch den Brief hinterließ? Er hatte das Gefühl, als sei er ein Häftling in der Todeszelle, dem eine Begnadigung zuteil geworden war. Sofort ging er zu dem leeren Kamin und zündete ein Streichholz an. Er las den Brief nicht noch einmal. Jedes Wort war in sein Gedächtnis eingebrannt. Er atmete tief ein, bevor er das zweihundert Jahre alte Papier über die Flamme hielt und beobachtete, wie es Feuer fing und aufloderte.
Lächelnd warf er es dann in den Kamin.
Ramsey zog Penny durch die Falltür in die Scheune und hob sie auf die Füße. Dann verschloss er den Tunnel.
»Meinst du, dass er es herauskriegen wird?«
Er bedeutete ihr, still zu sein, und verteilte Heu über der Stelle. Dann nahm er ihre Hand und ging mit ihr über das Grundstück bis zu der mit stählernen Spitzen bewehrten Mauer. Er hievte sie hoch, ließ sie auf seine Schultern steigen, und als sie drüben war, folgte er ihr. Sie streiften die geborgten Tauchermasken ab und verschwanden in dem Waldstück. Sie umgingen die Autos der Reporter, die schon jetzt ihr Territorium für das morgige Ereignis besetzt hielten. Aufregung packte sie, als sie über umgestürzte Bäume stieg und sich unter herabhängenden Ästen durchduckte. Sie unterdrückte den starken Drang, laut loszulachen.
Als sie außer Sicht- und Hörweite waren, sagte sie: »Ich habe dir doch gesagt, dass er verzweifelt genug sein würde, uns die Wahrheit zu sagen.«
Er legte den Arm um ihre Schultern, zog sie dicht an sich und küsste sie auf die Schläfen. »Es ist wirklich erstaunlich: So ein großes Gehirn in einem so schönen Kopf.«
Für diese Bemerkung stupste sie ihm den Ellbogen in die Seite. Dann schloss sie das Auto auf. »Wie bist du darauf gekommen, dass Phalon hinter dem Brief und nicht hinter den Diamanten her war?«
Ram sah erst nach links und rechts, bevor er sich in den Sitz fallen ließ. »Er ist wahrscheinlich wie wahnsinnig hinter beidem her. Doch in meinem ersten Gespräch mit ihm erwähnte ich sein Erbe, und er...«
»... verlor die Fassung?«
Er schenkte ihr ein Lächeln und schnallte seinen Gurt an. »Ja. Und als du den Brief gefunden hast, habe ich mich daran erinnert, wie ich Tess einen ähnlichen Brief auf der Seawitch ausgehändigt habe. Er war in dem Beutel mit Diamanten. Wie er einen solchen Kreis durch die Zeit beschreiben konnte, weiß ich nicht.« Sie ließ den Motor an und wartete auf sein Zeichen, loszufahren. Morgens um vier Uhr war die Nebenstraße menschenleer. »Vielleicht hat ja Elizabeth den Brief Tess geben wollen, während sie Phillips Gefangene war und hat ihn ihr in dem Chaos zugesteckt.« Es war die einzige Erklärung, die er finden konnte. »Duncan sagte, er habe ihn zusammen mit den Diamanten gefunden. Doch es war ja alles in einer vergoldeten Kiste enthalten, zusammen mit dem Rest des Blackwellvermögens, das Elizabeth zurückgab.«
»Aber, wenn er in dem Beutel war, wer hat ihn dort hineingetan?«
»Vielleicht kannte ja auch Sloane die
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