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Der fremde Gast - Link, C: Der fremde Gast

Der fremde Gast - Link, C: Der fremde Gast

Titel: Der fremde Gast - Link, C: Der fremde Gast Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
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auf, nahm den leeren Wäschekorb hoch. Zum ersten Mal sah sie ihn an, und wieder erschrak er vor der Leere in ihren Augen.

    »Rebecca«, sagte er leise.
    Ihr Mund verzog sich in einem Ausdruck von Ärger und Resignation. »Lass es mich auf meine Weise bewältigen«, sagte sie, »und bewältige du es auf deine.«
    »Aber du bewältigst es doch überhaupt nicht!«, sagte er heftig, um im nächsten Moment zu begreifen, dass er sie mit seinen Worten und Ausbrüchen nicht erreichte. Es war so sinnlos. Wie er sich das eigentlich auch schon vorher gedacht hatte. Felix’ Tod hatte sie für ihn und für jeden anderen Menschen unerreichbar gemacht, und alles, was bei seinem Besuch in Le Brusc vermutlich herauskommen würde, war, dass ihrer beider Freundschaft – jedenfalls die kläglichen Reste davon – auch noch kaputtging.
    »Essen wir nun heute Abend zusammen?«, fragte er. Sie zögerte, nickte aber schließlich. Sie wollte höflich sein, zeigte aber nicht das mindeste Anzeichen von Freude.
    Er wandte sich zum Gehen, aber dann fiel ihm noch etwas ein. »Der junge Mann«, sagte er, »scheint ein erfahrener Segler zu sein. Er war begeistert von der Libelle . Er würde gern einmal mit seiner Frau zusammen segeln. Könntest du dir vorstellen, das zu erlauben?«
    Ohne zu wissen, warum, hätte er eher mit einer Absage gerechnet. Aber zu seiner Überraschung zuckte sie nur mit den Schultern.
    »Warum nicht«, sagte sie.
    3
    Noch immer, wenn sie mittags zum Briefkasten ging, wurde sie von der Angst ergriffen, er könnte sich wieder gemeldet haben. Genau genommen, wusste sie natürlich nicht, ob es
sich überhaupt um einen Er handelte, aber sie hatte von Anfang an und ohne zu zögern die Möglichkeit ausgeschlossen, eine Frau könnte ihr die hässlichen Briefe schreiben. Es war nicht so, dass es in den Briefen von Schilderungen exzessiver Gewalt gewimmelt hätte. Aber sie waren von einer perfiden Bedrohlichkeit, die grauenhafte Angst erzeugte. Im Übrigen war schon mehrfach der Begriff Todesstrafe gefallen. Vielleicht war es dieses sadistische Spielen mit der Furcht, was sie einer Frau nicht zutraute, obwohl sie sich manchmal fragte, ob sie damit an einem Rollenbild festhielt, das längst überholt war und vielleicht ohnehin nie existiert hatte.
    Egal eigentlich, dachte Clara, während sie den Gartenweg entlanglief und das Herzklopfen verfluchte, das sich unweigerlich wieder eingestellt hatte; egal, wer diese Gemeinheiten fabriziert hatte. Sie waren widerlich und furchtbar, aber seit zwei Wochen gab es keine Briefe mehr, und ich sollte mich deshalb jetzt nicht aufregen.
    Trotzdem zitterte ihre Hand, als sie den Briefkasten aufschloss. Es waren eine Zeitschrift und einige Briefe angekommen, und früher hätte sie sich gefreut und überlegt, wer wohl geschrieben haben mochte. Jetzt war sie so voller Nervosität, dass sie außer Furcht und Beklemmung nichts empfinden konnte. Sie hätte es vorgezogen, wenn der Briefkasten leer gewesen wäre.
    Das ist doch wirklich absurd, dachte sie.
    Beim Durchblättern erkannte sie, dass kein Brief von ihm dabei war. Die Drucktypen seines Computers kannte sie inzwischen, sie hätte ihn sofort herausgefiltert. Kein wohlbekannter Aufkleber auf einem Umschlag mit ihrem Namen. Frau Clara Weyler . Und dann die Adresse.
    Die Telefonrechnung war gekommen, ein Brief ihrer Schwester aus dem Mallorca-Urlaub, eine Aufforderung zur
Teilnahme an einem Preisausschreiben und eine Ansichtskarte von den Malediven.
    Wer ist denn gerade auf den Malediven?, fragte sie sich, während sie erleichtert registrierte, dass ihr Herzschlag in den normalen Rhythmus zurückfand und ihre weichen Beine an Stabilität gewannen.
    Sie ging zum Haus zurück, überflog dabei die Karte.
    Agneta. Sie erinnerte sich an Agneta. Ihre einstige Kollegin, vor vielen Jahren. Eine nette, blonde, sehr natürliche Schwedin. Agneta hatte einen ziemlich wohlhabenden Mann geheiratet – er war im Vorstand einer großen Warenhauskette, wenn Clara das richtig im Gedächtnis hatte –, und daher waren Fernreisen wahrscheinlich keine Seltenheit für sie. Sie lebte natürlich im Münchener Nobelviertel Grünwald und jettete vermutlich ständig in der Welt herum.
    »Es ist herrlich«, schrieb sie, »Sonne ohne Ende, tiefblaues Meer, tiefblauer Himmel, heller, warmer Sand. Ich lerne tauchen! Habe dabei das Gefühl, allem entfliehen zu können. Ich war ziemlich mit den Nerven fertig, hatte unschöne Erlebnisse in der letzten Zeit. Erzähle ich dir alles,

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