Der fremde Pharao
Miene.
»Meine Ratgeber dürfen ihre Meinung kundtun, weil ich ihre Klugheit schätze«, blaffte er, »aber in Ägypten bin allein ich allweise. Die endgültige Entscheidung hat bei mir gelegen.« Er entriss dem Diener seinen Fuß und beugte sich vor. »Bildest du dir etwa ein, dass ich Angst vor dir habe, Kamose Tao, dass ich bei der kleinsten Drohung von dir zu Sutech eile und um Überleben flehe? Ganz im Gegenteil. Du und deine Familie, ihr lebt in einer Welt überholter Träume und vergangenen Ruhms, in der die Setius noch immer Feinde sind und ihr noch immer Könige seid.«
Er streckte eine Hand aus, und ein Diener trat mit einem Salbkrug zu ihm, ließ einen Tropfen auf die königliche Hand fallen und entfernte sich wieder. Apophis rieb sich damit die Hände ein und fuhr sich über den Hals, und schon erfüllte der berauschende Duft von Lotosblüten den Raum. »Ich bin hier geboren«, sagte Apophis bedächtig. »Mein Vater, mein Großvater und seiner vor ihm, alle waren in Ägypten Götter. Ich hätte Aahmes-nofretaris’ Sohn, das Kind deines so genannten königlichen Bruders, umbringen lassen können, aber ich muss nicht töten. Ganz Ägypten verehrt mich, Kamose, denn ich bin ein Gott. Du mit deinen Wahnvorstellungen und deiner Armut kannst mir fast Leid tun.« Er schloss die Augen und atmete so tief ein, wie es auch Kamose gern getan hätte. Der Blumenduft war zauberhaft sinnlich. »Meine Vorväter haben euch einen herausragenden Platz im alten Ägypten zugestanden und mit deiner Familie Verträge geschlossen, statt sie auszurotten. Auch ich ehre die Vergangenheit und gebe dir eins auf die Finger, statt dir das Herz zu durchbohren.« Die königlichen Augen wurden jählings groß und fixierten Kamose mit kaltem Blick. »Du wirst Waset nie wieder sehen, das verspreche ich dir. Aber ich verspreche dir auch, dass Tani alle Achtung und allen Luxus erhält, die ihr aufgrund ihrer Stellung als Prinzessin zustehen, und deine Schwester darf nicht in den Adel einheiraten, aber ich werde weise für sie wählen, sodass sie keinen Mangel leiden muss. Herold!« Die Tür ging auf und Yku-didi trat unter Verbeugungen ein. »Führe den General herein.« Ein kahlköpfiger, kräftig gebauter Mann trat ein und verbeugte sich. »Das hier ist General Dudu«, sagte Apophis zu Kamose. »Er wird mit fünfzig seiner Soldaten hier bleiben, wenn ich und mein Gefolge morgen aufbrechen. Er wird deinen Besitz für die Übernahme schätzen und mir wöchentlich einen Bericht über dich schicken, bis die vier Monate um sind. Dann wird sein Vertreter Ahmose nach Kusch begleiten, und Dudu bringt dich und die anderen nach Norden. Du bist entlassen. Wir werden uns nie mehr sehen.«
Mit zusammengebissenen Zähnen machte Kamose seinen Fußfall, erhob sich und ging rückwärts aus dem Raum. Ich hätte wissen müssen, dass er einen Wachhund zurücklässt, sagte er sich wütend, als man ihm die Tür vor der Nase zuschlug. Apophis hat Recht. Ich bin ein armer Narr, und meine Träume sind Schäume, doch noch sind es keine Alpträume. Noch nicht.
Während er aufgebracht den Flur entlangschritt, stieß er fast mit Uni zusammen. Der Haushofmeister hatte den Arm voll gestärkter Wäsche, und ein Diener trabte hinter ihm her. Uni verbeugte sich, und Kamose packte ihn beim Arm und blickte sich um. »Schick einen Läufer nach Wawat«, flüsterte er Uni ins Ohr. »Lass Hor-Aha und die anderen Hauptleute zurückholen. Der König bricht morgen auf.« Uni nickte und trat beiseite, Kamose ging weiter.
Im Garten scharten sich die frisch gebadeten Höflinge und warteten auf den Beginn des abendlichen Festes. Kamose blickte über ihre Köpfe zum Himmel hoch. Re säumte den Horizont, sein rotes Reich wurde flacher und länger, während Nut ihn verschlucken wollte. Res Blut tränkte das Gras und fiel in langen Streifen auf die Hausmauern. Die plaudernden, hin und her schlendernden Menschen leuchteten in dem warmen, bronzefarbenen Licht. Kamose bahnte sich einen Weg zu der Stelle, wo zwei Zelte in der Abendbrise flatterten, und bemerkte kaum, wie die Menge zurückwich und sich teilte, um ihm Platz zu machen. Vor Tanis Zelt rief er leise nach ihr und bekam Antwort. Der Wachposten, der neben der Öffnung stand, nickte knapp. Er trat ein.
Tani hockte zusammengesunken auf Polstern, rings um sie waren die Spielsteine eines Brettspiels verstreut. Mehrere Hemdkleider lagen auf der Pritsche ausgebreitet, auf der sie geschlafen hatte. Eine Kruke und ein Becher standen auf
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