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Der fremde Pharao

Der fremde Pharao

Titel: Der fremde Pharao Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pauline Gedge
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betrat.
    Hier blieb Kamose stehen, und da kam auch schon ein Tempeldiener mit einer Schüssel, die mit Wasser aus dem heiligen See gefüllt war, und mit einem Tuch. Als Kamose die Sandalen ausgezogen und Füße, Hände und Gesicht gewaschen und dazu die Reinigungsgebete gemurmelt hatte, wartete Amunmose bereits neben der verschlossenen Tür des Allerheiligsten. Kamose beantwortete seine Verbeugung, indem er ihm die Hand auf die Schulter legte, und dann betraten sie zusammen den heiligen Ort.
    Hier war es dunkel und erfrischend kühl. Amun thronte matt glänzend, das gütige Gesicht lächelte unentwegt, ein Lächeln, dachte Kamose, das triumphierend und verschwörerisch wirkte. Du bist ein herrlicher Gott, sprach Kamose im Geist zu ihm. Du verdienst es, dass man dir ganz Ägypten in die geöffneten Hände legt, und so soll es sein. Ich verspreche es. Er trat näher und fiel auf die Knie, küsste die glatten goldenen Füße und umklammerte die stämmigen Fesseln. Dann legte er die Wange auf Amuns Spann, schloss die Augen und fing an zu beten, dankte ihm für die Traumbotschaft, die so offensichtlich war und die doch alle übersehen hatten, sogar Seqenenre, der mit seinen Männern in die Wüste marschiert und geschlagen worden war. Die Chance war gering, aber besser als gar keine, und der Gott höchstpersönlich hatte sie ihm gegeben, darum war die Sache nicht aussichtslos. Liebe zu dieser Gottheit, dem Beschützer Wasets, dem Einzigen, dessen Augen die Wüste erhellten und der den erhabenen Blick auf seinen Sohn gerichtet hatte, erfüllte Kamose und die dem entsprechende Verachtung für den wilden, ungestümen Sutech und seinen königlichen Speichellecker. Wir werden gewinnen, sagte er zu dem Gott. Du und ich.
    Endlich erhob er sich. Amunmose hatte daneben gestanden und still zugesehen. Kamose trat zu ihm. »Ich weiß, wie ich Apophis schlagen kann«, sagte er ohne weitere Vorrede, »aber das erfordert umfangreiche Planungen und viel Gold. Amun hat mir im Traum gezeigt wie, Amunmose, aber ich brauche deine Hilfe. Schick Priester zu jedem Amun-Schrein in den Nomarchen und weiter im Norden, von denen du weißt. Lass alle Gaben an Gold, Silber, Geschmeide, alles herbringen, damit wir Getreide-und Gemüsehändler bezahlen können. Aber heimlich, und dann lagere alles hier im Tempel.« Amunmose nickte zustimmend. »Der Vertreter des Königs folgt mir überallhin«, fuhr Kamose fort, »das hier ist der einzige Ort, den er nicht betreten darf. Mit deiner Erlaubnis möchte ich das Allerheiligste dazu benutzen, mit dir als Zwischenträger Botschaften zu verschicken und zu empfangen. Es dauert auch nicht lange«, sagte er, als er Amunmoses Zögern bemerkte, »und es beinhaltet keine Gotteslästerung, das verspreche ich dir. In ungefähr einer Woche habe ich das Problem General Dudu gelöst. In der Zwischenzeit gehen Nachrichten an dich, nicht an mich, und ich komme deswegen zweimal am Tag in den Tempel.« Er hielt inne, überlegte. »Ich habe schon nach Hora-Aha geschickt. Ein Priester soll draußen in der Wüste ein Zelt aufschlagen und ihn abfangen, falls er, was aber unwahrscheinlich ist, kommt, ehe ich Dudu losgeworden bin. Du kannst ihn hier unterbringen. Morgen schicke ich dir Uni. Sag ihm, dass er jedes Boot in der Umgebung auflisten soll – Fischerboote, Einer, Barken, einfach alles, dazu alle Bootsbauer in Waset.«
    Amunmose lächelte. »Mehr nicht, Fürst?«
    Kamose erwiderte das Lächeln mit einem Grinsen, denn er hatte den sarkastischen Unterton seines Freundes sehr wohl gehört. »Fürs Erste ja. Sorge dafür, dass Uni die Information hierher bringt und nicht versucht, sie mir direkt zu geben. Hab Dank, Amunmose.«
    Der Hohe Priester neigte den Kopf. »Ich freue mich, dass Amun dir eine Vision geschenkt hat. Er hat, glaube ich, viel mit dieser Stadt vor. Und wer weiß? Eines Tages ist Waset vielleicht die wichtigste und heiligste Stadt in ganz Ägypten!«
    Kamose lachte, und der frohe Laut hallte von der hohen Steindecke wider. »Ja, wer weiß?«, sagte er und dachte an die Ansammlung von Lehmhäusern, den lärmenden Markt und den verschlafenen Anleger. »Ich muss wieder zu meinem Aufpasser.« Er machte seinen Fußfall vor dem Gott und umarmte Amunmose, ehe er in den gleißenden Sonnenschein trat. Er musste sich beherrschen, damit er nicht das Lied sang, das ihm auf den Lippen lag.
    Eine Woche später diktierte General Dudu dem Schreiber, den er mitgebracht hatte, seinen Bericht an Apophis. Kamose war bei seiner

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