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Der fremde Sohn (German Edition)

Der fremde Sohn (German Edition)

Titel: Der fremde Sohn (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sam Hayes
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sein«, erwiderte Dayna. »Aber vielleicht haben sie sich auch einfach angeschaut, und es war passiert. Sie wissen schon, auf dem Ball, als sich ihre Blicke trafen und so. Manchmal kann man eben nicht dagegen an.« Dayna dachte daran, wie sie Max angestarrt hatte, als er neu an ihrer Schule war. Er hatte sie wohl nicht sofort bemerkt, aber ihr war er gleich aufgefallen. Sie hatte schreckliches Mitleid mit Romeo und Julia. Und plötzlich hatte sie auch Mitleid mit sich selbst und Max. Verliebt zu sein war einfach unmöglich.
    »Ich würde gern glauben, dass das wahr ist, Dayna. Und was euch Faulpelze angeht …« Mr Lockhart knallte sein Buch auf den Tisch, doch niemand blickte auf. »Ihr könnt euch am Wochenende schon mal Gedanken über eure Aufsätze machen. Am Ende des Schuljahres sind die Arbeiten fällig. Es geht um zwei Aspekte, erstens die Zeitstruktur des Stückes: Hat die Beschleunigung der Ereignisse einen Einfluss auf die Glaubhaftigkeit der Liebe zwischen Romeo und Julia? Und zweitens möchte ich, dass ihr euch überlegt, wie schicksalhaft die Beziehung der beiden jungen Leute war.«
    Dayna drehte sich auf ihrem Stuhl um und suchte lächelnd Max’ Blick, doch er erwiderte ihr Lächeln nicht. Also wandte sie sich wieder nach vorn und runzelte nachdenklich die Stirn. Was war nur mit ihm los?
    In der Mensa ging sie auf ihn zu. »Hallo!«
    Max trommelte mit den Fingern auf sein Tablett und wartete darauf, dass sich die Frau an der Essensausgabe ihm zuwandte, damit er bestellen konnte. Er kehrte Dayna den Rücken zu und tat, als interessiere er sich für den matschigen Inhalt der Stahlgefäße. »Pastete«, sagte er, »und Pommes mit Soße.«
    Dayna wollte Max die Hand auf die Schulter legen in der Hoffnung, durch die Berührung einen Kontakt herzustellen.
    »Au!« Ein heftiger Stoß in den Rücken brachte Dayna aus dem Gleichgewicht, so dass sie ihr Tablett fallen ließ. Das Saftpäckchen platzte auf, und der Inhalt ergoss sich auf ihre Füße.
    »Mach Platz, Emo-Schlampe!«
    Dayna war überrumpelt, doch eigentlich war es kein ungewöhnlicher Vorfall. Sie rechnete damit, dass Max für sie eintreten oder ihr zumindest helfen würde, die Bescherung aufzuwischen. Aber er tat nichts dergleichen, sondern rückte unbeirrt in der Schlange vor, um sein Essen entgegenzunehmen. Dann ging er weiter zur Kasse. Das Mädchen, das Dayna angerempelt hatte, nahm deren Platz in der Schlange ein und blickte feixend auf sie hinunter, während sie das Besteck aus dem Behälter nahm. Ein Junge aus derselben Jahrgangsstufe trat auf das Mädchen zu und küsste sie auf den Hals.
    »He, Maxie-Baby!«, rief er mit hoher Stimme, offenbar um Dayna nachzuäffen. Die erstarrte und wagte kaum zu atmen. Max versteifte sich, drehte sich jedoch nicht um. Einige der umstehenden Schüler kicherten.
    »He, Blödmann, ich rede mit dir.« Als der Junge ihm ein Brötchen an den Kopf warf, fuhr Max herum. »Hast du deine Schnalle immer noch nicht im Griff, Mann? Weißt du nicht, was alle sagen?«
    Max und Dayna standen reglos inmitten des Lärms der Mensa, wie eingefroren, der Zeit entrückt.
    Wovon redete er da?
    Im nächsten Moment explodierte Max. Er nahm sein Tablett und schleuderte es durch die Luft. Speisen, Besteck und eine Coladose flogen umher und trafen die anderen Schüler. Die Pastete landete nicht weit von Dayna auf dem Boden. Max stieß sie mit dem Fuß in ihre Richtung, dann stürmte er hinaus.

Dienstag, 28. April 2009

    C arrie hatte zwei Tassen Tee aufgebrüht.
    »Vorsicht, Stufe«, warnte sie Brody, als sie die Küche verließen. Sie gingen zurück ins Wohnzimmer. »Das Feuer brennt noch«, bemerkte Carrie, als sei es das Einzige, worauf es ankam.
    Als sie wieder Platz nahmen, setzte sich Carrie neben Brody. Sie reichte ihm seinen Tee.
    »Letzten Herbst hat Max sein Handy in meiner Wohnung vergessen«, sagte Brody unvermittelt.
    Carrie dachte an die elende Behausung, in der Brody lebte. Sie hatte bisher nicht den Mut aufgebracht, ihn darauf anzusprechen. Es war ja nicht so, als hätte er sich nichts Besseres leisten können. Der Gestank, der über der ganzen Siedlung lag, war ihr noch lebhaft in Erinnerung. Rasch verdrängte sie diese Gedanken.
    »Er war vergesslich«, erwiderte Carrie. Wie oft hatte sie ihren Fahrer zu Beginn des Schuljahres ein zweites Mal nach Denningham schicken müssen, damit er Max Bücher oder Sportsachen brachte, die er vergessen hatte. Ob er an der neuen Schule auch so zerstreut gewesen war, wusste sie

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