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Der fremde Sohn (German Edition)

Der fremde Sohn (German Edition)

Titel: Der fremde Sohn (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sam Hayes
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sie ihn zurückrief. Als sie sich meldete, erkannte er ihre monotone Stimme kaum wieder »Hat dich der Detective auch angerufen?« Keine Antwort. »Hast du schon gehört, dass es tatsächlich das Messer war, mit dem Max getötet wurde?«
    Noch immer kein Wort. Endlich fragte sie mit erstickter Stimme: »Kannst du vorbeikommen, Brody?« Sie weinte.
    »Sicher.« Brody überlegte kurz, wie schnell Fiona ihn nach Hampstead bringen konnte. »Ich kann in ungefähr einer halben Stunde bei dir –«
    »Nicht in London, Brody. Ich schicke dir meinen Fahrer, er bringt dich zum Flughafen.«
    Brody verkehrte häufig auf Flughäfen, schließlich reiste er zu Konferenzen in aller Welt. Dann war stets Fiona bei ihm, ersetzte ihm das Augenlicht, kümmerte sich um ihn und regelte minutiös seinen Tagesablauf. Diesmal jedoch ließ er sich von Carries Piloten Clive an dem Wagen in Empfang nehmen, der ihn zu Hause abgeholt hatte. Clive führte ihn durch die Sicherheitskontrolle am London City Airport zu Carries Hubschrauber, der bereits auf dem Rollfeld wartete. Es war ein überraschend angenehmes Gefühl, einmal allein unterwegs zu sein.
    »Wird wohl ein ruhiger Flug werden, Sir«, bemerkte der Pilot.
    Brody war es gleichgültig, ob sie einen ruhigen Flug hatten oder ob der Hubschrauber abstürzte und in tausend Stücke zerschellte. Er schnallte sich an. Aus dem Funkgerät drangen Stimmen, ein unverständliches Hin und Her von Fachausdrücken, die zwischen dem Piloten und dem Tower gewechselt wurden, und eine Viertelstunde später befanden sie sich in der Luft.
    Während des Fluges dachte Brody über das kurze Leben seines Sohnes nach. Ihm wurde übel, jedoch nicht vom Fliegen. War denn weder Carrie noch ihm klar gewesen, was sie taten? Max, der zu Beginn des Schuljahres per Hubschrauber nach Denningham gebracht wurde … Max, wie er zwischen den graffitiverschmierten Mauern der Westmount-Siedlung Ball spielte … Max, der die Wochenenden in Carries luxuriösem Landhaus verbrachte … Max, der auf dem schmuddeligen Sofa in der Wohnung seines Vaters schlief … Max auf einem Internat, das dreißigtausend Pfund im Jahr kostete … Max als Schulschwänzer an einer der berüchtigtsten Schulen Londons …
    Was hatten sie ihrem Sohn nur angetan?
    Ein Wagen brachte Brody zu Carries Landsitz Charlbury. Er hatte kein Gepäck bei sich und keine Ahnung, wann er nach London zurückkehren würde. Er wusste nur, dass ihn nichts daran hindern konnte, dem Hilferuf seiner Exfrau zu folgen. Fiona hatte es für keine gute Idee gehalten, dass er allein fuhr – »nicht in deinem Zustand«, hatte sie gesagt. Aber er wollte unbedingt mit Carrie allein sein, damit sie irgendwie miteinander ins Reine kommen konnten. Denn er war überzeugt, dass das auch ihr Wunsch war.
    Carrie lag auf dem Fußboden. Sie hatte ihr gesamtes Personal nach Hause geschickt mit der Anweisung, sie wolle nicht gestört werden. Mit einer Kaschmirdecke auf den Beinen lag sie reglos neben dem kalten, leeren Kamin und dachte daran, wie Max sich immer Holzscheite aus dem Korb geholt hatte, um damit auf dem Perserteppich ein Haus zu bauen. Würden diese schmerzhaften Erinnerungsfetzen sie für den Rest ihres Lebens verfolgen? Würde sie jedes Mal, wenn sie um eine Ecke bog oder eine Tür öffnete, Max dort stehen sehen, mit hochgezogenen Augenbrauen, auf den Lippen die stumme Frage: Warum?
    Sie hatte darauf bestanden, dass Leah in London blieb und die Freitagsshow mit Dayna als Studiogast vorbereitete. »Du kannst ja nicht mehr klar denken«, hatte ihre Freundin nur gesagt, bevor Carrie auflegte. Niemand wollte, dass sie dieses Interview mit Dayna Ray führte, doch sie alle verstanden ja auch nicht, dass Carrie gar keine andere Wahl hatte – dass sie es einfach tun musste .
    Der Klang der antiken Türglocke hallte durchs Haus. Die Hunde bellten, doch es waren weder Schritte noch Stimmen zu hören, die den Gast willkommen hießen. Also rappelte sich Carrie mühsam vom Boden auf und ging, dicht gefolgt von den Hunden, durch die Halle, wo auf dem Eichenholztisch noch die morgendliche Post lag. Carrie schloss die schwere alte Haustür auf und öffnete.
    Da stand Brody in voller Lebensgröße und hinter ihm der Fahrer, der geduldig auf weitere Anweisungen wartete. »Danke, Tony. Sie können sich den Rest des Tages freinehmen.« Carrie kniff automatisch die Lippen zusammen, was unter normalen Umständen ein Lächeln bedeutet hätte, und nickte, dann richtete sie ihre Aufmerksamkeit

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