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Der fremde Sohn (German Edition)

Der fremde Sohn (German Edition)

Titel: Der fremde Sohn (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sam Hayes
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Ferien, verdammt«, fügte er hinzu und versetzte ihr einen derben Stoß, dann packte er die Müslischale und schleuderte sie quer durch die Küche.
    Die Sauerei spielte keine Rolle. Für seine Mutter waren weder die Schokomilch auf dem Fußboden noch die braunen Rinnsale an der schneeweißen Wand ein Problem, denn dafür war ja Martha da. Er fragte sich, wofür er wohl da war.
    Max lag auf seinem Bett und dachte voller Bitterkeit, dass das wohl kaum die typische Ferienbeschäftigung für einen Teenager war. Wieso hatte sie nicht einmal bemerkt, dass er seit zehn Tagen nicht zur Schule gegangen war? Zu ihren Gunsten musste man sagen, dass sie zuerst für eine Weile in Paris und Charlbury gewesen war und danach praktisch achtzehn Stunden am Tag im Studio oder bei Fernsehaufnahmen verbracht hatte. Er dagegen hatte sich – mal mit, mal ohne Brody – in der ätzenden Wohnung seines Vaters aufgehalten, hatte geraucht, Bier getrunken und sich überlegt, wie es wohl wäre, wenn er irgendwo unter solchen Umständen lebte, mit Dayna und dem … dem …
    Max wälzte sich auf den Bauch, drückte das Gesicht ins Kissen und biss in den Stoff, um den Schrei zu unterdrücken, der aus seinem tiefsten Inneren aufstieg.
    … mit dem Baby  …
    »Neiiiin …« Er wusste nicht, ob er wirklich laut geschrien hatte. Doch sonst achtete ja auch niemand darauf, was er tat, warum sollte es jetzt anders sein? Warum sollte irgendjemand von seinem Schmerz Notiz nehmen?
    Gestern hatte sie ihm gesagt, dass sie schwanger war. In der Bude, die vollgestopft war mit seinen Gewinnen, dem Unterschlupf, der nur ihm gehört hatte, bis im letzten Jahr dieses Mädchen mit der verrückten Frisur, den schlanken Fingern und dem Herzen, so groß wie eine Wassermelone, in sein Leben getreten und ein Teil davon geworden war.
    »Was?«, war zunächst alles gewesen, was er hervorbrachte. Und dann noch einmal: »Was?«
    »Ich bin schwanger«, wiederholte sie, diesmal nachdrücklicher.
    Dann hatten sie beide eine Viertelstunde lang geschwiegen und eine Zigarette nach der anderen geraucht. Erst nachher war ihm eingefallen, dass Rauchen nicht gut für sie war, wenn tatsächlich ein Kind in ihr heranwuchs.
    Er musste unwillkürlich daran denken, wie er als Kind im Bad vor dem Spiegelschrank stand und eine Tür öffnete. Der zweite große Spiegel hinter seinem Rücken vervielfachte Max’ Bild ins Unendliche. Max ohne Ende, hatte er immer gesagt. Und so fühlte er sich jetzt auch, als mache ihn das Kind in ihrem Leib unsterblich und trüge seine Gene weiter bis in alle Ewigkeit.
    »Wie konnte das passieren?«, fragte er schließlich leise und ließ sich auf den Autositz fallen. »Ist es …«
    »Ob es von dir ist, wolltest du fragen.«
    Dayna war nicht dumm. Er konnte nicht fassen, wie dünn sie aussah für ein Mädchen, das ein Kind in sich trug. Ob sie genügend aß?
    Max zuckte nur die Achseln.
    »Es ist von dir«, erklärte sie. Dann lief sie rot an, starrte zu Boden und scharrte mit den Füßen in den trockenen Blättern, die der Wind unter der Tür hindurchgeweht hatte. Für Max war sie das Inbild schlechten Gewissens.
    »Es hat Gerede gegeben«, sagte er schließlich. Er konnte einfach nicht verstehen, wie aus ihrer … Beziehung  … so ein Hass entstehen konnte. Dabei hasste er sie eigentlich gar nicht, wenn er ehrlich war. Was er hasste, war die Situation, in die Dayna sie beide gebracht hatte. Er sah zu, wie das trockene Laub unter ihren Füßen zerbröselte. »Über mich. Schlimmes Gerede. Sachen, die eigentlich niemand hätte wissen können.«
    Dayna holte mit dem Fuß aus und trat mit voller Wucht gegen einen Karton voller Backformen. Immer wieder trat sie zu, bis der Karton ein Loch hatte und das Metall schepperte. »Was willst du überhaupt mit dem ganzen Scheiß?«
    Max lachte. »Den werden wir doch brauchen, oder?« In diesem Augenblick dachte er zum ersten Mal daran, mit Dayna zusammenzuziehen. In eine kleine Wohnung wie die von seinem Vater, wahrscheinlich sogar in derselben Siedlung mit den lärmenden Nachbarn und den Jugendbanden, die jede Nacht randalierten. Würde er seine Tochter oder seinen Sohn dann draußen spielen lassen? Was würde seine Mutter dazu sagen? Wahrscheinlich würde sie nichts mehr mit ihm zu tun haben wollen. Als er Denningham verließ, hatte es sie fast umgebracht. Wenn er in seinem Alter Vater wurde, würde es ihr den Rest geben.
    Er hatte sich zu ihrem schlimmsten Alptraum entwickelt, stand auf einer Stufe mit den

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