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Der fremde Sohn (German Edition)

Der fremde Sohn (German Edition)

Titel: Der fremde Sohn (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sam Hayes
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Chaos«, entgegnete er mit seltsamer Ruhe. »Es ist ein verdammter Alptraum, und ich kann nichts dagegen tun. Sie wissen ja, Jess, wir hatten den kleinen Scheißkerl schon, und sie haben ihn wieder laufen lassen.«
    »Ich glaube nicht, dass es Warren Lane war, der Max erstochen hat«, gab sie zurück.
    Dennis warf ihr einen raschen Seitenblick zu. Hatte sie den Verstand verloren? Vielleicht war ihr ja dieses Parfum zu Kopf gestiegen. »Machen Sie sich doch nicht lächerlich«, hörte er sich sagen. »Wir brauchen einfach eine Festnahme.« Er wusste selbst, wie das klang, aber es kümmerte ihn nicht.
    »Diese Frau hat mich vorhin angerufen.«
    »Welche Frau?« Es war dumm von ihr, Informationen zurückzuhalten. Wahrscheinlich war sie immer noch sauer wegen dieser Beförderung, und das nach all den Jahren.
    »Die Showproduzentin.«
    »Leah? Und was wollte sie?« Entglitt ihm denn alles? Leah rief doch sonst immer ihn an.
    »Frauensache, wissen Sie«, antwortete Jess und verzog das Gesicht zu einer komischen Grimasse aus schüchternem Lächeln, funkelnden Augen und einer hochgezogenen Augenbraue. Lachend fügte sie mit einer Kleinmädchenstimme hinzu: »Sie ist einfach süß.«
    »Meine Güte, Jess.«
    »Sie möchte, dass ich mir Dayna mal vornehme. Ich soll das Mädchen überreden, morgen in der Show aufzutreten.« Jess war wieder ernst, der Augenblick der Heiterkeit vorbei. Dennis war beinahe froh darüber.
    »Halten Sie das für klug?«
    »Warum nicht? Carrie will den Fall ins Fernsehen bringen. Ich meine, das ist doch verständlich, oder?«
    Weil wir versagt haben, dachte Dennis, sprach es jedoch nicht aus. Das war gar nicht nötig. »Ehrlich gesagt glaube ich kaum, dass sie in der Verfassung ist …« Er brach ab. Von allen Menschen, die er jemals kennengelernt hatte, war Carrie Kent die Einzige, die eine Liveshow durchziehen, das Mitgefühl der gesamten Nation gewinnen und die Telefone der Hotline zum Glühen bringen konnte, und das alles eine Woche nachdem ihr Sohn erstochen worden war.
    »Warum fahren wir nicht gleich bei dem Mädchen vorbei, damit ich kurz mit ihr reden kann?« Jess warf einen Blick auf die Uhr. »Wir hätten gerade noch Zeit dafür.«
    Dennis nickte und warf Jess die Reste des faden Wurstbrötchens vor die Füße. An der nächsten Ampel machte er kehrt und brauste zu Dayna Rays Haus, damit Jess dort ihre neuentdeckte weibliche Überzeugungskraft entfalten konnte.

März 2009

    C arrie saß an ihrem heimischen Schreibtisch und arbeitete. Sie hatte eine turbulente Woche hinter sich. In ihrer aktuellen Folge sollte es um eine alleinerziehende Mutter von sieben Kindern unter zehn Jahren gehen. Sie hatten bei ihr zu Hause bereits eine Sequenz abgedreht, und in der Liveshow sollte die achtköpfige Familie mit den diversen Vätern auftreten. Diese Folge der Show sollte ohne Beteiligung der Polizei stattfinden, und es sollte nicht um Verbrechen im engeren Sinne gehen. Da großes öffentliches Interesse an dem Thema bestand, hatten Carrie und Leah beschlossen, diese Woche über die Art von Sozialhilfebetrug zu reden, bei der Frauen nur des finanziellen Vorteils wegen Kinder bekamen. Profitable Mutterschaft sollte der Titel lauten.
    Das Telefon klingelte. Es war Leah, die ihr unumwunden mitteilte, dass die Show geplatzt sei. Offensichtlich hatte die Frau Wind davon bekommen, um was es ging – hatte der Rechercheur zu viel verraten? –, und weigerte sich aufzutreten. Carrie hasste es, wenn sie eine Wiederholung senden mussten und sich die Zuschauer beschwerten. Aber was blieb ihnen anderes übrig? Ohne Gäste keine Show. Sie hatten zwar einen Ersatzgast, doch Leah konnte ihn nicht erreichen.
    Nachdem sich Carrie wieder einigermaßen beruhigt hatte, erhob sie sich schwungvoll vom Schreibtisch und stürmte in die Küche, um sich einen Kaffee zu holen. Da sie wusste, dass Max zu Hause war – was neuerdings selten der Fall war –, wollte sie sich ein bisschen mit ihrem Sohn unterhalten. Max saß am Küchentresen. Als sie ihn erblickte, spürte sie sofort, dass irgendetwas nicht in Ordnung war.
    »Kannst du dir so was Blödes vorstellen? Da springt die Frau in allerletzter Sekunde ab.« Sie bemerkte, wie Max’ Schultern sich verkrampften, als er sich noch ein wenig tiefer über seine Müslischale beugte. Aß der Junge denn nie etwas anderes als Schokoflocken? »Ich suche nach einem Ersatz. Möchtest du nicht in der Show auftreten?« Es sollte nur ein Scherz sein, ein wenig unbeschwertes Geplauder an

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