Der fremde Sohn (German Edition)
berührte.
Dieses.
Er zog es heraus und prüfte mit dem Daumen die Schneide. Sie war verdammt scharf.
Mit der Hüfte schob er die Schublade zu, ohne den Blick von der fünfzehn Zentimeter langen Klinge aus blinkendem Edelstahl zu wenden. Schon jetzt fühlte er sich besser, sicherer.
Max steckte das Messer in das Reißverschlussfach der braunen Ledertasche, schwang sie sich über die Schulter und eilte aus dem Haus.
Freitag, 24. und Samstag, 25. April 2009
D ennis ließ die beiden Jungen wieder ins Vernehmungszimmer bringen. Da saßen die jämmerlichen kleinen Stinker nun am Tisch, stießen sich gegenseitig mit den Füßen an und knurrten mit betont tiefer Stimme.
»Ist euch noch was Interessantes eingefallen?« Masters schaute auf die Uhr. Es war 23.40 Uhr, und seine Schicht wäre eigentlich schon vor drei Stunden zu Ende gewesen. Er konnte sich nicht einmal mehr erinnern, ob er seit der vorigen Schicht überhaupt schon zu Hause gewesen war. »Zum Beispiel wer Max Quinell erstochen hat?«
Die Jungen zuckten mit den Schultern.
»Aber ihr wart doch dort, stimmt’s?«
»Nee.«
»Und wenn ich euch sagen würde, dass euch jemand dort gesehen hat?« Dennis wollte mehr über Warren Lane herausfinden, und die beiden konnten ihm einen Grund liefern, sich den Burschen vorzuknöpfen.
Wieder zuckten sie die Achseln, aber vorher wechselten sie einen raschen Blick. Masters beobachtete genau die stumme Kommunikation der beiden.
»Dann lügt er eben«, erwiderte Driscoll mürrisch.
»Und wenn derjenige bereit wäre, es vor Gericht zu beschwören?«
»Egal«, sagte Samms, durch die Dreistigkeit seines Kumpels ermutigt. »Wir ha’m keinem was getan.«
»Und wenn es Warren wäre?«, wandte sich Dennis an Owen.
Der Junge wurde blass und senkte den Blick. »Wenn der so was sagt, dann ist er ein verdammter Lügner. Warren weiß gar nix.«
Dennis blickte zu Jess, die gerade hereingekommen war. Vielleicht lohnte es sich, diese Spur weiterzuverfolgen, aber das konnte warten. Wahrscheinlich vergeudeten sie mit den beiden nur ihre Zeit.
»Gehört ihr einer Bande an?«, fragte Masters, während Jess ihm einen Kaffee reichte.
»Mann, das tut doch jeder.« Diesmal sprach Owen Driscoll. »Weil, wenn nicht …« Er fuhr sich mit dem Zeigefinger quer über die Kehle. »Wär’ nicht gut für einen.«
Masters nickte bedächtig. »Und hat die Bande auch einen Namen?«
Wieder zuckten die Jungen nur mit den Schultern.
»Je eher ihr damit herausrückt, desto eher kommt ihr hier raus.«
»Wir haben auch Rechte.« Samms stieß mit den Füßen gegen das Tischbein und knibbelte an der abblätternden Farbe.
»Meinst du?« Masters wandte sich an Jess: »Noch mal eine Stunde in der Zelle, Detective.« Er erhob sich.
»Warten Sie …« Driscolls Stimme überschlug sich fast. » Blade Runnerz . Mit Z hinten. Aber wir tun keinem was, okay?« Der Junge stand auf.
Dennis schnitt eine Grimasse in Jess’ Richtung, dann drehte er sich schwungvoll um. »Setz dich wieder hin!« Er stellte seine Tasse so energisch ab, dass der Kaffee überschwappte, und nahm neben dem Jungen Platz. » Blade Runnerz also«, wiederholte er. »Und ihr tragt Messer bei euch, richtig?«
Die beiden starrten ihn nur an. Das war so gut wie ein Ja. Selbstverständlich hatte man sie bei ihrer Ankunft durchsucht, jedoch nichts gefunden. Bevor sie hergebracht wurden, hatten sie auch genügend Zeit gehabt, ihre Waffen zu Hause zu verstecken oder anderweitig loszuwerden. Dennis dachte an die Aktion »Waffen gegen Straffreiheit«, die er im vergangenen Jahr angeregt hatte. Dabei waren auf den Polizeirevieren in der Nähe eintausenddreihundert Messer verschiedenster Art abgegeben worden. Er erinnerte sich, wie er mit einem Besenstiel in dem großen Container herumgestochert hatte. Er war randvoll mit tödlichen Waffen, von denen einige wahrscheinlich schon Menschen verletzt hatten.
»Warum? Warum tragt ihr Messer?« Natürlich kannte er die Antwort, aber er wollte es von ihnen hören.
Samms und Driscoll blickten erst einander und dann Masters an. »Weil, wenn nich, is’ man tot«, sagte Driscoll. »So is’ das eben.«
Obwohl es schon spät war, wollte Dennis unbedingt noch Carrie anrufen. Er konnte es immer noch nicht fassen, dass ihr Sohn tot war. Er hatte den Jungen ja nie persönlich kennengelernt und den Vater heute zum ersten Mal gesehen.
Als das Telefon klingelte, fuhr er zusammen. Die Detectives, die die Aufzeichnungen der Überwachungskameras in der Nähe
Weitere Kostenlose Bücher