Der Fremde vom anderen Stern
Planeten für die Einhaltung der sarnianischen Gesetze zu sorgen.
Gegen die Sarnianer mußten sie relativ selten einschreiten, denn der leidenschaftslose, von Logik geprägte Durchschnittsbürger kam gar nicht erst auf die Idee, gegen die Gesetze zu verstoßen. Es erschien ihm im höchsten Grad unlogisch, und daher fehlte ihm die Motivation dafür.
Natürlich gab es Ausnahmen - bedauernswerte Menschen, deren biomentale Systeme gestört waren und die daher eine Gefahr für andere darstellten. Aber sie wurden sofort aus der Gesellschaft entfernt, und wenn die Behandlung mit bewußtsverändernden Drogen keinen Erfolg zeigte, deportierte man sie zum Mond Australiana, wo sie den Rest ihres Lebens verbringen mußten.
Julianna hatte der Strafkolonie vor einiger Zeit einen Besuch abgestattet, um den Lebensstil der Bewohner zu studieren. Bei ihrer Rückkehr hatte sie zu Starbucks großem Erstaunen betont, wie sehr sie die Deportierten dafür bewunderte, daß jeder eine Aufgabe übernommen hatte, die seinen individuellen Fähigkeiten entsprach. Sie seien - so seine Schwester - bemerkenswert glücklich, obwohl man sie aus der Zivilisation vertrieben hatte.
Damals hatte Starbuck Juliannas Beobachtungen keine weitere Aufmerksamkeit geschenkt, aber heute fragte er sich, ob seine äußerlich so beherrschte Schwester nicht ähnlich wie er manchmal unter den Zwängen der Gesellschaft litt. Ein seltsamer Gedanke, gewiß, aber in letzter Zeit schien er öfter rebellische Gedanken zu haben.
Er kam jedoch nicht mehr dazu, zu überlegen, ob er seine Schwester nicht falsch beurteilt hatte, denn sie hatten Charitys Haus erreicht, und sie hielt an.
Mit eisiger Miene stieg sie aus, knallte die Fahrertür hinter sich zu und ging zur Hintertür, die in die Küche führte. Starbuck folgte ihr schweigend.
In der Küche zog sie ihre Jacke aus und hängte sie über einen Stuhl. Starbuck folgte ihr mit dem Blick, als sie zur Spüle ging und den TeekesseI mit Wasser füllte.
„Gibt es keinen Kaffee?" fragte er betont beiläufig, um seine Enttäuschung zu verbergen. Er hatte sich schon richtig an das schwarze, leicht bitter schmeckende Getränk gewöhnt.
„Wenn ich in meinem jetzigen Zustand auch nur ein Milligramm Koffein zu mir nehme, bringe ich es fertig, mit diesen Messern nach dir zu werfen." Sie deutete auf einen Holzblock neben dem Herd, in dem einige Küchenmesser steckten.
„Trink um Himmels willen lieber Kräutertee", meinte er und betrachtete voller Entsetzen die scharfen Klingen.
Ihre Augen sprühten vor Zorn, und es bedurfte keinerlei Telepathie, um zu wissen, was in diesem Moment in ihr vorging. „Wag es bloß nicht, mich zu bevormunden."
„Ich habe dich nicht bevormundet."
"Ach?"
Der Kater erhob sich gähnend, schmeichelte um Charitys Beine herum und bettelte um Futter. Leise fluchend füllte sie seinen Napf.
„Nein", bekräftigte Starbuck. „Aber darf ich vielleicht erfahren, warum du so wütend bist?"
„Jetzt tu bloß nicht so, als ob du das nicht ganz genau wüßtest."
„Wenn ich es wüßte, würde ich nicht fragen", erwiderte er sachlich, und als sie immer noch nicht antwortete, erkundigte er sich: „Hast du deine Periode?"
„Es ist doch seltsam", schimpfte sie erbost, „immer, wenn eine Frau wütend auf einen Mann ist - zu Recht wütend auf ihn ist - wirft die Krone der Schöpfung ihr vor, sie hätte ihre Tage. Aber nein, ich habe momentan nicht meine Periode. Außerdem geht dich das sowieso nichts an."
„Unter normalen Umständen würde ich dir zustimmen", gestand er ihr zu „Doch da du offensichtlich auf mich wütend bist, möchte ich gern wissen, woran das liegt. Und dazu muß ich erst einmal die Anzahl der möglichen Gründe für deine ungewöhnlich schlechte Laune eingrenzen."
„Da, schon wieder. Du und deine verdammte Logik!" fuhr sie ihn an.
„War es auch logisch für dich, dich in meine Arbeit einzumischen?"
Einen Moment war Starbuck von dem Feuerwerk der Gefühle abgelenkt, das ihr Blick widerspiegelte. Sie war das leidenschaftlichste, temperamentvollste Wesen, das ihm je begegnet war. „Du warst in Gefahr."
„War ich nicht. Ich hatte alles unter Kontrolle, wie oft soll ich das noch sagen?"
Aufgebracht marschierte sie auf ihn zu, blieb dicht vor ihm stehen und pochte mit dem Finger auf seine Brust. „Ich habe dir doch erzählt, daß ich in Kalifornien Mörder, Dealer und Vergewaltiger hinter Gitter gebracht habe, die um einiges gefährlicher waren als die paar Trunkenbolde in der
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