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Der freundliche Mr Crippen | Roman

Der freundliche Mr Crippen | Roman

Titel: Der freundliche Mr Crippen | Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Boyne
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Wenn er jedoch Crippen entkommen ließ, wenn der Kerl es unbehelligt nach Kanada schaffte, würde man seine Fähigkeiten infrage stellen.
    »Da sind wir, Sir«, sagte PC Delaney kurz darauf und brachte den Wagen schlitternd zum Stehen. »Ich habe Ihnen doch gesagt, dass wir es schaffen.«
    »In allerletzter Minute«, sagte Dew, öffnete die Tür und stieg aus, während das Nebelhorn der
Laurentic
verkündete, dass sie zum Ablegen bereit war und alle an Bord, die keine Passagiere waren, das Schiff sofort zu verlassen hatten. Dew nahm die
Laurentic
in ihrer ganzen Größe in den Blick und fühlte sich von ihren Ausmaßen gleichermaßen beeindruckt und eingeschüchtert. Sie war fast sechzig Meter lang, über zwanzig Meter breit, und ihr Name stand in riesigen schwarzen Lettern seitlich auf dem Rumpf. Dew schluckte nervös. Er hatte den Atlantik noch nie überquert und war nicht unbedingt ein Liebhaber der Seefahrt. Wie Tom DuMarqué auf der
Montrose
fühlte er sich nur sicher, wenn er mit beiden Füßen fest auf der Erde stand. Mit einem widerwillig hingemurmelten »Danke« zu PC Delaney, weil er nicht unhöflich erscheinen wollte, griff er nach seiner Tasche und ging hinüber zum Schiff.
    An der Gangway stand eine Traube Menschen, der er nur einen kurzen Blick schenkte, während er darauf zueilte. Als er jedoch nur noch drei, vier Meter entfernt war, drehte sich einer der Männer um, sah ihn, deutete mit dem Finger auf ihn und ließ ein Brüllen hören, das Dew zusammenfahren ließ. Er drehte sich um, ob vielleicht jemand Bekanntes hinter ihm war. »Da kommt er!«, rief der Mann. »Das ist er!«
    Darauf lief der ganze Trupp, es waren etwa fünfzehn Männer, auf ihn zu. Notizbücher und Stifte gezückt, überschütteten sie ihn mit einer Unzahl Fragen, und drei Fotografen blendeten ihn mit ihren Blitzlampen. Dew bekam kaum mit, was sie riefen, so überrascht war er von diesem plötzlichen Ansturm.
    »Inspector, ist es wahr, dass Sie auf dem Weg sind, Dr. Crippen zu verhaften …?«
    »Hat er seine Frau wirklich zerstückelt …?«
    »Glauben Sie, Sie können die
Montrose
einholen …?«
    »Zu wem will er da …?«
    »Wollen Sie ihn hängen sehen …?«
    »Wer ist die Frau bei ihm …?«
    »Haben Sie den Kopf schon gefunden …?«
    »Gentlemen, Gentlemen!«, rief Dew und hob überrascht und verärgert die Hände. »Einer nach dem anderen, bitte. Einer nach dem anderen.« Er drehte sich um und blitzte PC Delaney an, der ihm zum Schiff gefolgt war. »Reporter«, zischte er. »Wer hat die Geschichte an die Presse gegeben?«
    »Niemand hat gesagt, dass es geheim bleiben soll«, sagte der Constable mit unbeteiligter Miene. »Tut mir leid.«
    »Das wird es Ihnen tatsächlich, wenn da was schiefgeht.« Damit wandte er sich erneut der versammelten Presse zu und lächelte. »Nur ein, zwei Fragen«, sagte er. »Ich muss an Bord.«
    »Inspector Dew«, sagte jetzt einer und trat wie ein Sprecher vor die anderen hin. »Können Sie uns sagen, warum Sie an Bord der
Laurentic
gehen? Stimmt es, dass Sie den Frauenmörder Dr. Crippen jagen?«
    Dew fuhr sich mit der Zunge über die Lippen und dachte nach. Für die Passagiere an Bord der
Montrose
gab es im Grunde keine Möglichkeit zu erfahren, was an Land vor sich ging, und solange Kapitän Kendall den Mund hielt, konnten sie auch nicht wissen, dass er sich an die Verfolgung machte. Vielleicht ließ es Scotland Yard sogar in einem guten Licht dastehen, dass er bereit war, um die halbe Welt zu reisen, um diesen Mann zu verhaften.
    »Uns ist zur Kenntnis gebracht worden«, sagte er, »dass ein Mann und eine Frau an Bord der
Montrose
nach Kanada unterwegs sind, die der Beschreibung nach Dr. Hawley Harvey Crippen und Miss Ethel LeNeve sein könnten, die wir beide im Zusammenhang mit dem Mord an Cora Crippen vernehmen wollen. Meine Aufgabe besteht darin, sie zu ergreifen, bevor sie ihr Ziel erreichen, und zurück nach England zu bringen, um dafür zu sorgen, dass der Gerechtigkeit Genüge getan wird.«
    »Sir, das andere Schiff ist bereits seit drei Tagen unterwegs. Glauben Sie wirklich, Sie können …«
    »Das ist alles, Gentlemen, fürchte ich«, sagte er und ging die Gangway hinauf, da sich der Seemann an ihrem oberen Ende daranmachte, den Zugang zu schließen. »Ich werde Scotland Yard per Telegraf über den Verlauf informieren, wenden Sie sich also dorthin, wenn Sie die Geschichte verfolgen wollen.«
    Sie riefen ihm noch weitere Fragen hinterher, während er aus ihrem Blick

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