Der Friedhofswächter
es wohl kein idealeres Werwolf Wetter geben konnte. Der Mond, die Nacht, die Bestie!
Diese drei Dinge gehörten zusammen. Das hohe Gras war saftig und feucht. Manchmal auch schlangenhaft, denn Ed hatte das Gefühl, als wollte es sich um seine Füße wickeln und am Weiterlaufen hindern. Als er stoppte, rutschte ihm das rechte Standbein weg. Sehr schnell hatte er sich gefangen und jagte weiter. Der Rover hob sich als kantiger Schatten vom Untergrund ab.
Einen raschen Blick warf Ed am äußeren Rand des Zauns entlang. Leider sah er nichts von Tidy. Möglicherweise hatte es ihn noch auf dem Totenacker erwischt.
Der Werwolf hielt sich ebenfalls zurück. Kein Knurren oder Hecheln zeigte an, daß er sich in der Nähe aufhielt. Gut für Ed, der auf die rechte Seite zulief und die Fahrertür aufriß.
Er kletterte nicht hinein, er schleuderte sich vor. Dabei fiel er auf den feuchtwarmen Kunststoffsitz, schwang und zog die Beine nach und tastete nach dem Zündschlüssel.
Mit der anderen Hand knallte er die Tür zu. Als sie mit einem lauten Geräusch ins Schloß fiel, ärgerte er sich. Wenn die Bestie bisher noch nichts von ihm gehört hatte, jetzt bestimmt.
Seine Hände zitterten, so daß er beim erstenmal das Zündschloß verfehlte. Der zweite Versuch gelang, und der Wagen sprang auch sofort an. Eine Sekunde ließ sich der Mörder Zeit. Die brauchte er einfach, um durchzuatmen.
Jetzt kam er weg, jetzt…
Den Schatten nahm er aus dem rechten Augenwinkel wahr. Hinter der Scheibe schnellte er hoch, und es war die Fratze des Werwolfs, die plötzlich durch das Fenster starrte.
»Neeeinnn!« brüllte Ed, während er gleichzeitig seine Waffe hervorholte und schneller als die Bestie war, denn sie rutschte ab, bevor sie die Tür aufreißen konnte.
Als sie wieder hochkam, befand sich die Mündung der Waffe nur eine Fingerlänge von der Scheibe entfernt.
Ed schoß!
Er schrie dabei, die Scheibe bekam ein Muster und ein Loch. Sie zerkrümelte nicht, aber er konnte auch nicht hindurchschauen, weil sie jetzt wie Milchglas aussah.
Nur einen Schatten sah er abtauchen. Der Werwolf war verschwunden. Er hatte ihn erwischt. Die Chance war wieder da.
Nur hatte Ed in der Ffektik leider den Motor abgewürgt. Er mußte noch einmal starten.
Die Waffe hatte er auf seinen Schoß geworfen. Und er sprach mit dem Wagen, wie mit einem kleinen Kind. »Komm schon, verdammt, komm schon!« Der Motor sprang an.
Kuppeln, Gang einlegen, auf das Gaspedal drücken, er tat es automatisch. Quer durch das Gelände wollte er den Wagen prügeln, um irgendwo wieder auf die Straße zu kommen. Dort konnte er dann aufdrehen.
Eisern mußte er das Lenkrad halten. Seine Gedanken beschäftigten sich bereits mit der Zukunft. Natürlich würde er niemandem von diesem Vorfall erzählen, und sein Kumpel konnte sowieso nichts mehr sagen. Er war bestimmt tot.
Sie hatten mit niemandem über ihren Job gesprochen. Alles war im verborgenen geschehen. Auch wollte er die Stadt verlassen. Am besten konnte man in London untertauchen.
Er schaute in den Rückspiegel. Hinter ihm tanzte das dunkle Gelände. Eine Symphonie aus Schatten, Bäumen und Büschen, aber keinen Werwolf.
Oder war doch einer hinter ihm her?
Am Ende des Wagens bewegte sich ein Schatten.
Die Hecktür!
Tidy und er hatten sie doch geschlossen. Die mußte er jetzt aufgerissen haben.
Die kalte Würgehand war unsichtbar, aber sie drückte seine Kehle zusammen. Erstarrte in den Innenspiegel. Die Angst manifestierte sich, sie bekam ein fellbedecktes Gesicht mit zwei kalten Augen und einem gähnenden Maul, wobei in der Stirn noch das Bleigeschoß steckte, das Ed verfeuert hatte.
Ein plattes Loch war dort zu sehen, ein kleiner Trichter, als hätte ihn jemand mit dem Daumen in die Knochenmasse gedrückt. Was sollte er tun?
Ed mußte sich innerhalb von Sekunden entscheiden. Die Bestie konnte jeden Augenblick zuschlagen.
Er riß den Wagen in eine Linkskurve. Beide Vorderräder jagten über einen kleinen Buckel, gerieten dann in eine Querrinne, und wieder einmal wurde das Fahrzeug durchgeschüttelt. So sehr, daß selbst der Werwolf kippte und die Tür am Heck zukrachte.
Aber auch die Waffe rutschte Ed von den Knien, fiel zu Boden und schlidderte weiter zwischen die Pedale. Im Moment für Ed unerreichbar. Dennoch bückte er sich. Er wollte sie nehmen, über seine Schulter feuern und so versuchen, den Unhold zu treffen.
Ed lenkte mit der rechten Hand. Den linken Arm streckte er aus, aber er war zu kurz.
Der Mann
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