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Der fröhliche Frauenhasser: Dr. Siri ermittelt (German Edition)

Der fröhliche Frauenhasser: Dr. Siri ermittelt (German Edition)

Titel: Der fröhliche Frauenhasser: Dr. Siri ermittelt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Cotterill
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Namen Happy Dine war vorüber, und der Besitzer und die Kellnerin saßen vor dem Eingang und beobachteten das Treiben auf der Straße. Um elf hatten sie den Gehsteig mit Wasser aus einer Gießkanne besprengt, was den Staub etwa eine halbe Stunde lang erfolgreich davon abgehalten hatte, auf die blechernen Essenstabletts zu fliegen. Um zwölf und um eins hatten sie die Prozedur wiederholt. Jetzt war es Viertel nach eins, und ihre Bemühungen hatten keinerlei sichtbare Spuren hinterlassen. Das Wasser war verdunstet, kaum dass es den Boden berührt hatte. Was zumindest teilweise erklärte, weshalb zu Mittag exakt fünf Gäste erschienen waren, von denen sich einer auch noch sein Getränk selbst mitgebracht hatte. Alle waren sich einig, dass es mit dem Happy Dine seit dem Regimewechsel ziemlich steil bergab gegangen war.
    Ein Motorrad fuhr vorbei, bremste und wendete. Es wir belte einen kleinen Sandsturm auf. Die Kellnerin zog ihr T-Shirt hoch, um ihre Nase zu bedecken und entblößte dabei ihren Bauch. Der Besitzer blickte betrübt auf sein ehemals weißes Hemd. Dr. Siri trat aus der Staubwolke hervor und warf einen undeutlichen Schatten auf die beiden. Er erklärte ihnen rasch, er habe schon gegessen, und vermochte ihren allzu voreiligen Enthusiasmus auf diese Weise etwas zu bremsen.
    »Ich hätte gern mit Ihrem Koch gesprochen«, sagte er.
    »Hier gibt’s keinen Koch«, sagte der Besitzer. Er stammte aus dem Süden Indiens und hatte die Wirren des Jahres ’75 halbwegs heil überstanden. Sein Akzent war so stark, dass man damit ohne Weiteres einen Laster hätte stemmen kön nen. Siri fragte sich, ob das, was er da sprach, überhaupt Laotisch war.
    »Der Vater des Verrückten, der durch die Straßen zieht?«, hakte er nach.
    »Mein Koch steht für eine andere Stellung nicht zur Verfügung. Er ist vertraglich gebunden«, sagte der Besitzer.
    Siri starrte ihn fassungslos an.
    »Er ist draußen hinterm Haus, Onkel«, sagte die Kellnerin. Der junge Mann warf ihr einen wütenden Blick zu, den sie geflissentlich ignorierte.
    »Draußen hinterm Haus« war in diesem Fall durchaus wörtlich zu nehmen.
    Die Küche befand sich hinter dem Restaurant, in einem kleinen, mit einer fettfleckigen grünen Plane überdachten Hof. An einem Querbalken hing eine Reihe bemerkenswerter Ventilatoren. Irgendjemand war auf die glorreiche Idee gekommen, die Schutzgitter zu entfernen und lange Plastikbänder an den Rotorblättern zu befestigen, um Insekten vom Essen fernzuhalten und dem Koch gleichzeitig etwas Kühlung zu verschaffen. Auf Grund des Gewichts der Bänder drehten sich die Schaufeln jetzt jedoch so langsam, dass sie wenig mehr taten, als die heiße Luft und die Fliegen durcheinanderzurühren wie die Zutaten eines Eintopfs. Ein dicker Mann in einem marineblauen Unterhemd und langer schwarzer Hose stand am anderen Ende des Hofes und spülte in einem Eimer Geschirr.
    »Verzeihung«, sagte Siri.
    Der Mann warf einen erschrockenen Blick über die Schulter. Er hatte ein wulstiges, schokoladenbraunes Gesicht mit einer Nase, die aussah, als wollte sie jeden Moment platzen. Er ließ die Teller in das offenbar seifenfreie Wasser fallen, wischte sich an seinem Hemd die Hände ab und kam auf Siri zugeeilt. Beim Gehen hielt er den Kopf gesenkt, damit er den Besucher nicht überragte. Breit lächelnd wiegte er seinen mächtigen Schädel, legte die Handflächen aneinander und vollführte eine reichlich wackelige Version des nop . Siri befürchtete schon, er könnte vor ihm auf die Knie fallen.
    »Ja, Herr? Ja, Herr?«, sagte er, sichtlich erfreut über Siris Besuch. Der schwer aus der Form geratene Inder war Anfang fünfzig, und Siri bezweifelte, dass es in all den Jahren auch nur eines gegeben hatte, in dem er nicht geschurigelt oder herumkommandiert worden war. Er vermittelte den Eindruck eines Mannes, dessen Vorstellung vom Nirwana sich in der Hoffnung erschöpfte, dass die Rohrstöcke dort nicht ganz so lang und die Peitschen aus Pferdehaar gefertigt waren.
    »Sprechen Sie Laotisch?«, fragte Siri.
    Der Mann nickte mehrmals hintereinander. »Jawohl, Herr. Was kann ich für Sie tun?«
    »Mir wäre schon geholfen, wenn Sie mit dem Gezappel aufhören würden. Davon wird man ja seekrank.«
    »Sehr wohl, Herr.«
    Siri zog zwei Badezimmerhocker heran und bedeutete dem Mann, sich zu setzen. Doch kaum hatte Siri sich niedergelassen, sank der Inder zu Boden wie ein Sack weichgekochter Nudeln. Da das sein vertrautes Terrain zu sein schien, ließ der

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