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Der fröhliche Frauenhasser: Dr. Siri ermittelt (German Edition)

Der fröhliche Frauenhasser: Dr. Siri ermittelt (German Edition)

Titel: Der fröhliche Frauenhasser: Dr. Siri ermittelt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Cotterill
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wurde mir klar, wie viel ihm die freitäglichen Mahlzeiten bedeutet haben mussten. Er klopfte jede Woche um Punkt halb sechs an die Tür.«
    »Aber in den letzten beiden Wochen hat er nicht mehr dort geklopft«, sagte Siri. »Meinen Sie, ihm ist etwas zugestoßen?«
    »Er ist mein Sohn. Ich mache mir tagtäglich Sorgen um ihn. Früher habe ich immer wieder versucht, ihn dazu zu überreden, doch nach Hause zu kommen, aber vor einiger Zeit habe ich es aufgegeben, wie ich leider gestehen muss. Er ist jetzt ein Kind der Straße, mit all ihren Risiken und Ge fahren.«
    »Und seine Gedichte?«
    »Mal brachte er sie hier vorbei. Mal legte er sie vor die Tür des alten Hauses. Ich glaube, es ist der Schauplatz des ersten Rätsels.«
    »Rätsel?«
    »Ja, Herr. Er hat es mit den Klassikern, mein Sohn. Ohne die Tragödie wäre er wahrscheinlich Gelehrter geworden, Universitätsdozent. Davon bin ich fest überzeugt. Natürlich hätte die Zugehörigkeit zu unserer Kaste das nicht zugelassen, aber im Grunde meines Herzens weiß ich, dass er das Zeug dazu hatte. In seinen Oden schreibt er von sich als Prinz. Um den Palast der 111 Augen zu finden, muss der Gemeine drei Rätsel lösen. Im ersten Rätsel geht es um die Spitze unter dem Rock der alten Französin. Mit der alten Französin könnte die Villa aus der Kolonialzeit gemeint sein.«
    »Haben Sie alle drei Rätsel?«
    »Die Lösung des ersten führt zum zweiten und so weiter und so fort.«
    »Haben Sie der alten Französin unter den Rock geschaut?«
    »Leider fehlt mir der Sinn meines Sohnes für die Literatur oder der Ihre für die Wissenschaft. Ich bin nur ein kleiner Koch.«
    »Darüber sprechen wir später. Haben Sie das vollständige Rätsel irgendwo?«
    »Es liegt oben in meinem Zimmer.«
    »Hätten Sie eventuell Zeit, es mir zu übersetzen?«
    »Es wäre mir ein Vergnügen, Herr.«

5

    SCHWARZE SPITZE UND
EIN HAUCH VON ROSA
    Als Siri in die Pathologie zurückkam, warteten drei Nachrichten auf ihn. Dummerweise lag ihr Wartezimmer zwischen den Ohren von Herrn Geung. Da Dtui eine Schwestern schulung im neuen Gesundheitsministerium besuchte, waren dem Sektionsassistenten die Nachrichten mündlich übermittelt worden. Es war ein hartes Stück Arbeit, sie ihm wieder zu entlocken. Wie es schien, hatten sich ein kleiner und zwei größere Männer nach Dr. Siri erkundigt. Der Doktor wusste genau, um wen es sich handelte, und war froh, dass ihn die drei nicht angetroffen hatten. Doch er wusste auch, dass er etwas gegen die Nervensägen vom Wohnungsamt unternehmen musste. Die zweite Nachricht stammte von Inspektor Phosy, der ihn offenbar anrufen wollte. Leider war die genaue Uhrzeit in dem Durcheinander verloren gegangen, das der vergebliche Versuch, drei Informationen gleichzeitig zu verarbeiten, in Herrn Geungs Oberstübchen angerichtet hatte. Die dritte Nachricht war unmöglich zu entschlüsseln.
    »Eine … Sie w… war nicht sie. Aber die andere S… Sie hat … hat gezogen.«
    Siri wusste, dass die Aufnahmekapazität seines Freundes erschöpft war, und drang nicht weiter in ihn. Er ließ Geung im Schneideraum zurück und ging ins Büro, um nachzusehen, ob Dtui ihm vielleicht einen Zettel hinterlassen hatte. Kaum hatte er sein Zimmer betreten, blieb er schlagartig stehen. Auf seinem Schreibtisch wanden sich ein Dutzend Würmer, die keinerlei Anstalten machten, Reißaus zu nehmen, als sie ihn erblickten. Ihn überkam das gleiche ominöse Gefühl des Grauens, der gleiche vage Geruch feuchter Erde stieg ihm in die Nase, und wieder sagte ihm eine innere Stimme, dass ihm nicht mehr viel Zeit blieb. Da hörte er Schritte hinter sich.
    »Dr. Siri?«
    Wäre sie nicht so straff gewesen, wäre er vor Schreck aus seiner Haut gefahren. Er drehte sich um und sah den Kliniksekretär in der Tür stehen.
    »Ja?«
    »Doktor? Alles in Ordnung?«
    »Ja.«
    »Sie werden schon wieder am Telefon verlangt.«
    Diesmal war Phosy noch in der Leitung, als der Leichenbeschauer in der Verwaltung ankam. Siri fragte sich, was für einen Berg von Formularen er würde abtragen müssen, damit er einen Telefonanschluss in die Pathologie gelegt bekam. Diese Lauferei wurde ihm allmählich zu viel. Seit einiger Zeit hatte er Probleme mit der Lunge. Er keuchte ein oder zwei Mal in die Sprechmuschel.
    »Siri?«
    »Phosy?«
    »Gibt’s was Neues?«
    »Jede Menge. Ich muss nur erst … zu Atem kommen. Schießen Sie los.«
    »Das Foto hat nichts erbracht. Dafür habe ich eine Weberin ausfindig gemacht, die das Band

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