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Der Fromme Dieb

Der Fromme Dieb

Titel: Der Fromme Dieb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellis Peters
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nahm Abschied von ihr, noch immer unsicher, ob es recht gewesen war, das Geschenk anzunehmen, das ihn so kostbar dünkte. An der Tür schaute er noch einmal zurück, ihr energisches Kopfschütteln aber veranlaßte ihn, möglichst rasch hinauszutreten, als sei er gescholten worden.
    Im Hof wartete der Pferdeknecht mit den Ponys. Es war schon finster, aber mondklar mit nur wenigen Wolken, die über den Himmel jagten. An der Fähre war der Wasserspiegel des Flusses weit höher als bei ihrem Hinritt. Von irgendwoher stromaufwärts war Hochwasser unterwegs.
    Stolz lieferte er seine Schätze nach Abschluß der Komplet bei Subprior Herluin ab. Alle Klosterbewohner und die meisten Gäste waren beim Öffnen des abgetragenen Lederbeutels zugegen und begutachteten den Inhalt, den Tutilo freudig vor ihnen ausbreitete. Donatas Gaben wurden mit den Spenden der Bürger von Shrewsbury in der Holztruhe untergebracht, die zusammen mit der Ladung Bauholz nach Ramsey transportiert werden sollte, während Herluin und Tutilo weiter nach Worcester und vielleicht auch nach Evesham und Pershore reisen würden, um dort weitere Hilfe zu erbitten.
    Herluin verschloß die Schatztruhe mit dem Schlüssel und stellte sie auf den Altar der Marienkapelle, wo sie bleiben sollte, bis es an der Zeit wäre, sie Nicol, seinem vertrauenswürdigsten Diener, für den Heimweg anzuvertrauen. Zwei Tage noch, und sie würden aufbrechen. Die Abtei wollte für die Beförderung einen großen Wagen und die Stadt die Zugpferde dafür zur Verfügung stellen. Pferde aus dem Klosterstall sollten Herluin und Tutilo auf ihrer Weiterreise tragen. Shrewsbury hatte seinem Schwesterhaus große Wohltaten erwiesen, und Donatas Gold war die Krönung derselben. Viele Augen sahen zu, wie die Truhe verschlossen und auf dem Altar niedergestellt wurde, wo die Ehrfurcht vor dem Herrn sie vor Entweihung bewahren sollte. Gott besitzt eine mächtige Bindekraft.
    Beim Verlassen der Kirche verweilte Cadfael einen Augenblick, um in die Luft zu schnuppern und den Himmel zu prüfen, in dem schwere, regenträchtige Wolken hingen, durch die gelegentlich der Mond schimmerte, um sogleich wieder zu verschwinden. Auf dem Weg zu seiner Werkstatt bemerkte er, daß der Bach einen weiteren Teil seines Erbsenfeldes überspült hatte.
    Von Matutin an regnete es die ganze Nacht wie aus Kübeln.
    Früh am nächsten Morgen, zur Stunde der Prim, kam Hugh Beringar, König Stephens Sheriff von Shorpshire, aus der Stadt herbeigeeilt, um die erste Warnung vor drohendem Unheil zu verbreiten. Er schickte seine Offiziere aus, um die Nachricht in der Abteivorstadt ausrufen zu lassen, während er sie Abt Radulfus persönlich überbrachte. »Laut gestriger Botschaft ist der Severn unterhalb der Stadt auf Höhe der Flußverbreiterung schon über die Ufer getreten, und in Wales regnet es noch immer heftig. Flußaufwärts, bei Montford, stehen die Wiesen unter Wasser, und mit den Hauptmassen wird erst noch zu rechnen sein, und zwar sehr bald. Deshalb schlage ich vor, alles Wertvolle in Sicherheit zu bringen.« In Hochwasserzeiten war die Stadt mit Ausnahme der Fischerhütten und Handwerkerschuppen am Flußufer und der Gärten unterhalb der Stadtmauer mehr oder weniger sicher. Die Abteivorstadt indes könnte schon sehr bald unter Wasser stehen, und Teile des Klosters wurden gleich von mehreren Seiten bedroht, vom Fluß selbst, vom sich zurückstauenden Meole-Bach und vom Mühlteich, der vom Druck beider anschwoll.
    »Ich würde Euch gern Hilfe schicken, aber wir müssen zuerst einige Flußanrainer hinauf in die Stadt schaffen.«
    »Wir verfügen über genügend Kräfte«, erwiderte der Abt, »und können die Auslagerung allein bewältigen. Aber habt dennoch Dank für die Warnung. Glaubt Ihr, die Flut kann gefährlich werden?«
    »Das ist noch ungewiß, aber Euch bleibt genug Zeit, die notwendigen Vorkehrungen zu treffen. Wenn Ihr das Bauholz von Longner heute abend aufladen wollt, so laßt den Wagen lieber beim Pferdemarkt. Der Untergrund dort ist ausreichend befestigt, und Ihr könnt durch die Friedhofstore in die Ställe und Scheunen gelangen.«
    »Am besten wäre es vielleicht«, erwiderte Radulfus, »wenn Herluins Leute ihre Ladung schon morgen auf den Weg bringen könnten.«
    Er erhob sich, um alles für die anstehende Arbeit vorzubereiten, und Hugh machte sich auf den Weg zum Torhaus, ohne bei Bruder Cadfael vorbeizuschauen, was höchst außergewöhnlich war. Doch der Zufall wollte es, daß dieser gerade in großer

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