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Der Frühling - Hyddenworld ; 1

Der Frühling - Hyddenworld ; 1

Titel: Der Frühling - Hyddenworld ; 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klett-Cotta Verlag
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zähe, aber gutmütige Volk hütete eifersüchtig seine Kultur, die ihre Vorfahren, Kaufleute aus Arabien, mitgebracht und dann im Lauf der Jahrhunderte in der gesamten abendländischen Welt und darüber hinaus verbreitet hatten, überall dort, wo mit Geschäften Geld zu verdienen war.
    Die Kultur der Bilgener ist berühmt für ihre vielfältige Musik, die für andere Ohren fremdartig und erhaben klingt, und geprägt von farbenprächtigen Trachten aus Seide und Satin. Eine Kultur, erfüllt von Düften, die Geist und Körper verführen, in der alles mit tiefgründigen und wunderbaren Philosophien verwoben ist, mit ungewöhnlichen Theorien, vergessenen Wissenschaften, schwer fassbarer Poesie. Aber auch eine Kultur, die sich durch Kampfkünste schützt, die das Geistige über das Körperliche stellen, im Geheimen gepflegt werden und durch ihren Listenreichtum für jeden Gegner eine tödliche Gefahr darstellen.
    Leider haben andere Volksgruppen die Bilgener immer gefürchtet und verachtet, sodass sie in vielen Gegenden von Hyddenwelt – einschließlich der Viertel Deritend und Digbeth von Old Brum – in Gettos gezwungen und bisweilen auch gewaltsam unterdrückt wurden.
    Aufgrund dieser Voreingenommenheit blieb ihre Zahl gering und ihre wirtschaftliche Lage stets prekär, da sie von einer ganz bestimmten Tätigkeit abhing, die keine andere Volksgruppe übernehmenkonnte oder wollte: der Kontrolle über das Wasser und seiner sicheren Abführung, ob es sauber war oder schmutzig, ob es angenehm roch oder so übel wie der Unrat, den es beförderte.
    So kam es, dass die Bewohner von Old und New Brum immer einigen wenigen Bilgenern gestattet hatten, als Wasservolk unter ihnen zu leben und Abwasserkanäle zu reinigen, Rohre und Abflüsse auszubessern, Schleusen zu warten, Wasserstände zu regulieren und als »Philosophen«, wie sie genannt wurden – oder Wetterpropheten, was sie eigentlich waren –, Springfluten und Sommerdürren vorauszusagen.
    Dann, vor mehreren Jahrzehnten, spülte einer der großen Gezeitenwirbel der Geschichte eine Welle entwurzelter Bilgener, die nach weltweit erfolgten Angriffen auf ihre Kultur, ihren vermeintlichen Reichtum und ihr Leben auf der Flucht waren, an die Küste des freiheitsliebenden Englalond.
    Dies geschah, nachdem die Flutwelle der Fyrd über das Land gerollt war, und die Ironie dabei war, dass Brum zu den wenigen Orten gehörte, wo jeder Flüchtling dauerhaftes Asyl fand, insbesondere Old Brum.
    Die Einwanderungswelle der Bilgener zu Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts mag in vielen Fällen von mitleiderregender Armut und tragischen Einzelschicksalen begleitet gewesen sein, doch auf lange Sicht hätte der Zeitpunkt nicht besser gewählt sein können.
    Den Bächen und Flüssen der Stadt, insbesondere dem River Rea, waren viele Kanäle hinzugefügt worden, und eine steigende Zahl unterirdischer Rohrleitungen wurde benötigt, um die Stadt und ihre Fabriken mit sauberem Wasser zu versorgen und von dem schmutzigen wieder zu befreien.
    Die alten Künste der Bilgener wurden in Brum gebraucht wie in kaum einer anderen Stadt, vor allem da die Niederschläge mit dem Fortschreiten des Jahrhunderts immer unberechenbarer wurden und häufig sintflutartig ausfielen. Waren die Bilgener in Old Brum zunächst eine kleine, verachtete Minderheit, so wurden sie bald zu einer unentbehrlichen Bevölkerungsgruppe, die in Deritend sogar die Mehrheit bildete.
    Durch ihr Wissen, ihre Reinlichkeit und ihre anspruchsvolle Kultur sorgten sie, wenn auch weitgehend unbemerkt von den reichenHydden in New Brum und ihren Herren, den Fyrd, für die Wiederbelebung eines Brumer Stadtteils, der lange dahingesiecht hatte.
    Aus Dankbarkeit für ihre Rettung und um die Stadt für ihre Familien sicherer und gesünder zu machen, beseitigen sie die Missstände im Wasserwesen, die von gleichgültigen Menschen verschuldet worden waren und von den wenigen Bilgenern, die bereits hier lebten, bislang nicht hatten behoben werden können.
    Sie machten die Stadt wieder sicher, begrenzten Überschwemmungen auf ein Mindestmaß und machten sich ein gutes Leben, ohne dass jemand davon Notiz nahm – was ihnen lieb war.
    Gleichzeitig erwachte unter den Einwanderern der Wunsch, das großartige Erbe von Old Brum, das in den Jahren des Niedergangs nahezu zerstört worden war, zu bewahren. So wurden Vertreter derselben Volksgruppe, die in Old Brum so lange verachtet worden war, zu seinen Bewahrern und Kennern, die ihre Zeit und ihr Geld nicht in

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