Der Frühling kommt! Zwölf schwule Erotikgeschichten. (German Edition)
ihm. Er fühlte in seiner linken Hosentasche nach, ob das Geld noch da war, das er aus seinem Geheimfach im Schreibtisch genommen hatte. Keiner wusste, dass er in die Kreisstadt wollte. Patrick war klar, dass sein Vater es nicht mochte, wenn er sein Geld auf dem Jahrmarkt ausgab. Dabei war es doch sein eigenes Geld, im Familienbetrieb mühsam verdient, er konnte damit machen, was er wollte. Und inzwischen war Patrick schon achtzehn! Trotzdem ging er – wie jedes Jahr – heimlich zum Frühlingsfest in die Stadt.
Er kam gerade rechtzeitig an die Haltestelle. Der Bus hier auf dem Land fuhr nur alle zwei oder drei Stunden und nachts gar nicht mehr. Ein paar andere Leute aus dem Dorf stiegen ebenfalls ein, die bestimmt auch zum Frühlingsfest wollten. Aber Patrick machte sich keine Sorgen darum. Seitdem seine Mutter mit einem jüngeren Mann auf und davon gegangen war, redete Patricks Vater ohnehin kaum noch mit den Leuten im Dorf.
Zufrieden seufzend ließ Patrick sich in den Sitz fallen. Er sah sein Spiegelbild schemenhaft in der Scheibe. Nachdenklich betrachtete er sich selbst: schwarzhaarig, schmal, wohl ziemlich hübsch. Er wirkte jünger als er war. Sah er aus wie andere junge Männer? Oder sah man es ihm an, dass er anders war? Sein Vater hatte keine Ahnung von Patricks Sehnsüchten. Niemand im Dorf wusste es. Vorsichtig zog er ein kleines Foto aus seiner rechten Hosentasche. Es war ein ausgeschnittenes Bild von einem wunderschönen, nackten Mann. Patrick trug es immer bei sich, und wenn niemand ihn beobachtete, küsste Patrick das Bild. Nachts lag es unter seinem Kopfkissen.
Zwanzig Minuten später stieg er aus. Der Festplatz lag gleich außerhalb der alten Stadtmauer, direkt am Südtor. Dieser Jahrmarkt bot etwas Besonderes, und das war der Grund, weshalb Patrick jedes Jahr herkam: Es gab eine Wahl, eine Mister-Wahl oder wie man das nennen sollte. Es fand auch eine Wahl zur »Miss Frühlingsfest« statt, aber die interessierte Patrick nicht. Er ging immer zur Ausscheidung für »Mr. Frühlingsfest«.
Patrick schlüpfte in das Festzelt und quetschte sich auf eine Holzbank in der Nähe der Bühne. Es hatte bereits angefangen, und das Zelt war rammelvoll. Meistens saßen Frauen auf den Bänken. Die ersten Kerle stolzierten über den Laufsteg. Sie trugen dunkle Anzüge oder Smokings. Es war sozusagen die Aufwärmphase. Patrick musterte sie kritisch. Obwohl er noch nie einen Mann oder Jungen näher kennengelernt hatte, wusste er genau, was er wollte – wenn es möglich gewesen wäre! Leider würde er sich nie trauen, einen von diesen Typen anzusprechen. Vielleicht sahen sie nicht alle super aus, wenn man sie von Nahem sah. Aber in so geballter Menge wirkten die schönsten Männer der dörflichen Umgebung doch ganz schön aufregend.
Fünfzehn Kandidaten gab es. Jetzt fand der zweite Durchgang statt. Die tollen Kerle kamen in knapper Badehose auf den Catwalk. Patrick spürte, wie die Erregung langsam in ihm aufstieg. Fünfzehn fast nackte Männer! Er betrachtete das Spiel der Muskeln unter der glänzenden Haut. Die Gesichter fand er nicht besonders, aber die Körper entschädigten für alles andere. Der glatte, elastische Stoff der Badehosen spannte sich über fünfzehn Schwanzpaketen. Patrick wurde es heiß unter seiner dicken Jacke. Wenn sie doch die Badehosen einfach mal ausziehen würden …
An der Seite der Bühne saß die Jury. Sie bestand aus drei Frauen und drei Männern. Sie wählten einen der Typen ziemlich rasch zum Sieger. Patrick wäre anderer Meinung gewesen. Er hatte den Eindruck, dass die Leute von der Jury alles bloß schnell hinter sich bringen wollten. Aber es gab ja noch die Publikumswahl – die Stärke des Beifalls entschied. Bei dem blonden Kandidaten mit der Nummer neun, der nicht so übertrieben starke Muskeln hatte, klatschte Patrick am lautesten. Aber er wurde überstimmt. Die Frauen wählten einen Super-Bodybuildingtypen mit Sonny-Boy-Gesicht zum Publikumssieger. Patrick klatschte nicht. Er saß noch da und träumte vor sich hin, während die Kandidaten schon verschwunden waren und die übrigen Zuschauer langsam das Zelt verließen.
»Die Nummer neun gefiel dir wohl besser?«, hörte Patrick hinter seinem Rücken eine wohlklingende Stimme. Er drehte sich um.
Da saß ein Bundeswehrsoldat direkt hinter ihm und lächelte ihm zu. Er trug die hellgraue Uniform des Heeres mit rotem Barett. An den Schulterklappen konnte Patrick sehen, dass es sich um einen ziemlich hohen Offizier handelte.
Weitere Kostenlose Bücher