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Der fünfte Attentäter: Thriller (German Edition)

Der fünfte Attentäter: Thriller (German Edition)

Titel: Der fünfte Attentäter: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brad Meltzer
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steckte Wallaces elfjährige Tochter Vanessa ihren Kopf aus dem SUV und sah sich instinktiv um. Ihr Fahrzeug hatte am Straßenrand gehalten, direkt an der Memorial Bridge, auf der Seite von D. C. Zu ihrer Überraschung jedoch wartete keine Menschenmenge auf sie, niemand jubelte, keine Handy-Blitzlichter flammten auf. Es war derselbe Trick, den sie für Obamas überraschenden Weihnachtsbesuch im Irak benutzt hatten und dafür, Präsident Bush zum Probedinner seiner Tochter vor ihrer Hochzeit zu schmuggeln. Es gab keine Fahrzeugkolonne. Stattdessen hatten sie den Präsidenten in Jeans und Lederjacke gesteckt, die er sonst niemals trug, ihm eine unauffällige schwarze Baseballcap aufgesetzt und ihn in ein SUV verfrachtet, dem niemand einen zweiten Blick gönnen würde.
    Weiter links von ihnen parkte ein Krankenwagen auf dem Gras unter einem Baum, und dahinter standen zwei schwarze Vans. Der Secret Service hatte ein paar Agenten vorausgeschickt, aber sie alle waren so weit entfernt, dass Vater und Tochter etwas hatten, das sie sonst normalerweise nie bekamen: Frieden und Ruhe.
    »Es sind nur wir beide«, hatte Wallace versprochen, und genau darum ging es auch.
    Der Präsident war fest entschlossen, diesen Tag nicht zu versäumen. Er hatte schon so viele verpasst. Natürlich nicht die ganz wichtigen. Nessies Geburtstage, ihr Abschluss an der Grundschule, sogar das Klaviervorspielen, all diese Termine konnte er in seinem Kalender leicht blocken. Aber die kleinen, alltäglichen Dinge, wie zum Beispiel der Ausflug in der fünften Klasse oder das Softballspiel, bei der man ihr eine Chance gab und sie zwei Schläger der gegnerischen Mannschaft aus dem Spiel warf ! Das waren die Tage, die er niemals wieder zurückbekommen würde.
    Als Wallace sein Amt antrat, hatte er die Geschichten gehört, wie zum Beispiel die Secret-Service-Agenten auf der Andrews-Luftwaffenbasis Chelsea Clinton das Fahren beigebracht hatten. Wallace hatte geschworen, er würde es besser machen. Aber wie er schon im ersten Jahr gelernt hatte, wenn man der Präsident sein wollte, dann mussten manchmal Ausflüge der fünften Klasse ohne ihn stattfinden.
    Aber nicht immer.
    »Also, bist du aufgeregt?« Der Präsident hätte sich am liebsten getreten, weil er klang wie ein überbesorgter Vater.
    Nessie antwortete nicht, sondern warf ihm stattdessen diesen vorpubertären Tochter-Blick zu, vor dem einen auch der Secret Service nicht beschützen konnte. Doch als Wallace sich umdrehte, um ihr aus dem SUV zu helfen, nahm sie die Hand ihres Vaters und hielt sie fest.
    In wenigen Minuten würde Nessie unkontrolliert schluchzen, während ein Secret-Service-Agent sie an seine Brust gedrückt wegtrug. Aber als sie jetzt Hand in Hand mit ihrem Vater ging, ihre dünnen Finger mit seinen verschränkt, konnte der Tag der Präsidenten unmöglich schöner sein.
    »Sir, Miss Nessie, hier entlang bitte.« A. J. führte sie auf den schmalen Pfad, der über die offene, schneebedeckte Wiese hinter dem Lincoln Memorial verlief.
    »Der Blick von hier ist nicht so gut wie von vorne, nicht wahr?«, erkundigte sich Wallace.
    »Mir gefällt es hier hinten besser.« Seine Tochter blickte auf diegewaltigen symmetrischen Säulen, die die Rückseite des Memorials säumten. »Es ist ruhiger, so als würde das alles uns gehören.«
    Der Präsident brummte wortlos und drückte so die Freude aus, allein mit seiner Tochter zu sein. Jedenfalls so alleine, wie ein Präsident es sein kann. Ein leger gekleideter Secret-Service-Agent und ein ähnlich gekleideter militärischer Adjutant, beide mit neutralen Baseball-Caps, gingen mindestens zwanzig Schritte vor ihnen, so dass sie nicht wie Leibwächter aussahen. Und hinter ihnen folgte A. J. in ähnlichem Abstand. Zwei ganze Minuten lang waren Vater und Tochter nur zwei Touristen im Schnee, die die Hauptstadt der Nation erkundeten. Als sie sich der Rückseite des Monuments näherten, flüsterte A. J. etwas in sein Handmikro. Der Präsident warf ihm einen Blick über die Schulter zu. A. J. nickte kurz.
    Wallace wusste, was das bedeutete. Palmiotti hatte das Fleisch in die Bärenfalle gelegt, und sie war endlich zugeschnappt. Sie hatten alles, was sie brauchten, in Camp David. Schon bald würden sie auch den Rest haben: Beecher, Nico, Marshall. Der Präsident wusste nicht genau, wie oder warum das so war, aber er wusste, dass sie alle miteinander zusammenhingen. Und jetzt würde man sie, einen nach dem anderen, erledigen, ganz gleich, wie sehr sie auch

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