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Der fünfte Elefant

Der fünfte Elefant

Titel: Der fünfte Elefant Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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bewegen. Er kam tatsächlich gegen die Strömung voran, aber er konnte nicht schneller rudern, als die Wölfe liefen. Und sich zwei Werwölfen zum Kampf zu stellen, die am Ufer warteten, und wohl kaum überrascht werden konnten… Das kam gewiss nicht in Frage.
    Wenn er jetzt sofort den Wasserfall hinter sich brachte, erreichte er dessen Ende vielleicht vor Wolf und den anderen.
    Der Satz klang nicht gut, nicht einmal in Gedanken.
    Er ließ die Ruder los und zog das Vertäuungsseil zu sich heran. Wenn ich zwei Schlaufen knüpfe, dachte er, könnte ich mir die Axt am Rücken festbinden…
    Er stellte sich vor, was mit einem Mann geschah, der in den Hexenkessel eines Wasserfalls geriet und dabei einen scharfen Metallgegenstand am Leib trug…
    GUTEN MORGEN.
    Mumm blinzelte. Eine große, in einen dunklen Umhang gehüllte Gestalt saß plötzlich im Boot.
    »Bist du der Tod?«
    ES LIEGT AN DER SENSE, NICHT WAHR? DEN LEUTEN FÄLLT IMMER DIE SENSE AUF.
    »Sterbe ich?«
    VIELLEICHT.
    »
Vielleicht
? Du erscheinst, wenn jemand
vielleicht
stirbt?«
    JA. DAS IST JETZT GANZ NEU. WEGEN DES UNSICHERHEITSPRINZIPS.
    »Was ist das denn?«
    ICH BIN NICHT SICHER.
    »Ein sehr nützlicher Hinweis.«
    ICH GLAUBE, ES BEDEUTET, DASS JEMAND VIELLEICHT ODER VIELLEICHT AUCH NICHT STIRBT. NATÜRLICH BRINGT ES MEINEN TERMINKALENDER VÖLLIG DURCHEINANDER, ABER ICH VERSUCHE, MODERN ZU SEIN.
    Das dumpfe Donnern klang jetzt weniger dumpf. Mumm streckte sich im Boot aus und schloss die Hände um die Kanten.
    Ich spreche mit dem Tod, dachte er. Um mich abzulenken.
    »Habe ich dich nicht letzten Monat gesehen, als ich Größer-als-der-kleine-Dave Dave über die Pfirsichblütenstraße verfolgte und dabei vom Sims fiel?«
    DAS STIMMT.
    »Aber ich landete auf dem Karren. Ich kam nicht ums Leben.«
    DU HÄTTEST STERBEN KÖNNEN.
    »Aber ich dachte, für jeden von uns gibt es eine Sanduhr, die Auskunft über den genauen Zeitpunkt des Todes gibt.«
    Das Donnern gewann nun eine fast physische Qualität. Mumm schloss die Hände noch fester um die beiden Kanten.
    O JA, bestätigte der Tod. DU HAST VÖLLIG RECHT.
    »Dann müsstest du doch wissen, ob ich jetzt sterbe oder nicht.«
    OH, DU WIRST STERBEN. DARAN KANN ÜBERHAUPT KEIN ZWEIFEL BESTEHEN.
    »Aber eben hast du gesagt…«
    JA, ES IST EIN BISSCHEN SCHWER ZU VERSTEHEN. OFFENBAR GIBT ES DA ETWAS, DAS MAN HOSE DER ZEIT NENNT, WAS MIR SEHR SELTSAM ERSCHEINT, DENN DIE ZEIT BRAUCHT DOCH EIGENTLICH GAR KEINE…
    Das Boot kippte.
    Mumm spürte, wie Wasser mit einem ohrenbetäubenden Lärm auf ihn einschlug, und es folgte ein markerschütterndes Dröhnen, als das Boot unten auf den Teich prallte. Er kehrte zu dem zurück, was unter den gegebenen Umständen als Oberfläche galt, wurde von der Strömung erfasst und gegen einen Felsen geschleudert. Eine halbe Sekunde später rollte er herum und fühlte sich von weiß schäumendem Wasser mitgerissen.
    Er schlug wild mit den Armen um sich, bekam einen anderen Felsen zu fassen und zog sich in einen Bereich relativer Ruhe. Als er dort versuchte, wieder zu Atem zu kommen, sah er einen grauen Schemen von Stein zu Stein springen. Und dann bekam Mumm eine weitere Dosis Entsetzen ab, als der Wolf knurrend neben ihm landete.
    Verzweifelt klammerte er sich fest, als das Geschöpf danach trachtete, ihn zu beißen. Eine Pfote rutschte auf dem glitschigen Stein aus, und die plötzlichen Schwierigkeiten bewirkten eine automatische Reaktion: Der Werwolf schickte sich an, die Gestalt zu wechseln…
    Der Wolf schien zu schrumpfen, während an der gleichen Stelle ein Mensch größer zu werden versuchte. In einem kurzen schrecklichen Augenblick durchdrangen sich die beiden Gestalten.
    Dann folgten ein oder zwei Sekunden jener Verwirrung, die Mumm schon einmal bemerkt hatte.
    Die Zeit genügte für ihn, den Kopf des Mannes mit der ganzen Kraft, die er aufbringen konnte, gegen den Stein zu schmettern. Mumm glaubte, ein Knacken zu hören.
    Dann glitt er in die Strömung zurück und ließ sich von ihr forttragen, beschränkte seine Bemühungen darauf, an der Oberfläche zu bleiben. Er bemerkte Blut im Wasser. Nie zuvor hatte er jemanden mit bloßen Händen getötet. Um ganz ehrlich zu sein: Nie zuvor hatte er
absichtlich
jemanden umgebracht. Gelegentlich
war
jemand gestorben, denn wenn Leute übers Dach rollen und versuchen, sich gegenseitig zu erdrosseln, entscheidet allein der Zufall, wer beim Aufprall auf den Boden oben liegt. Doch das war etwas
anderes –
mit dieser festen Überzeugung

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